PFOA im Landkreis Altötting

Hintergrund

Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und das Gesundheitsamt Altötting haben 2018 im Landkreis Altötting Blutuntersuchungen (Human-Biomonitoring) auf Perfluoroctansäure (PFOA) sowie andere perfluorierte Verbindungen durchgeführt. Dabei wurden für PFOA höhere Werte als in anderen Regionen Bayerns festgestellt. Ursache war ein zurückliegender industriell bedingter Eintrag von PFOA in die Umwelt und eine daraus resultierende Verunreinigung des Trinkwassers in Teilen des Landkreises Altötting.

Allgemeine Informationen zu PFOA

In einem Industriebetrieb in Gendorf wurde PFOA zur Herstellung von Fluorpolymeren eingesetzt, wodurch es in Teilen des Landkreises Altötting zu einer großflächigen Kontamination der Umwelt und einer Belastung der Menschen durch kontaminiertes Trinkwasser gekommen ist.

PFOA steht für Perfluoroktansäure, eine Substanz, die zur großen Gruppe der perfluorierten Alkylsubstanzen zählt (PFAS; andere Bezeichnungen sind perfluorierte Chemikalien (PFC) oder Tenside (PFT)). Dabei handelt es sich um fluorierte organische Verbindungen, an deren Kohlenstoffgerüst die Wasserstoffatome durch Fluoratome ersetzt sind. Diese Chemikalien finden in einer Vielzahl von Industrie- und Konsumprodukten Anwendung.

Informationen der USEPA (US Environmental Protection Agency):

Antworten auf häufige Fragen

Auf unserer FAQ-Seite zu PFOA in Altötting finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen in Form von kurzen Videosequenzen:

Gesundheitliche Aspekte zu PFOA im Raum Altötting

Der HBM-I-Wert stellt einen lebenslangen Vorsorgewert und Zielwert für die Allgemeinbevölkerung jeder Altersgruppe dar. Er definiert keine Schwelle zur gesundheitlichen Gefährdung. Die Human-Biomonitoring-Kommission am Umweltbundesamt veröffentlichte für PFOA einen HBM-I-Wert von 2 µg/l Blut. Dieser Wert stellt nach Einschätzung der Kommission eine Grenze dar, ab der vermehrte Vorsorgeanstrengungen empfohlen werden, eine gesundheitliche Gefährdung ist damit nicht gleichzusetzen. Nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand sind auch die im Landkreis Altötting ermittelten erhöhten PFOA-Werte nicht mit einer Gesundheitsgefährdung gleichzusetzen. Eine Gefährdungsschwelle wird durch den sog. HBM-II-Wert beschrieben. Im März 2020 wurde von der HBM-Kommission ein HBM-II-Wert in Höhe von 5 ng PFOA/ml Blutplasma für Frauen im gebärfähigen Alter und in Höhe von 10 ng/ml für alle übrigen Bevölkerungsgruppen veröffentlicht.

Ergebnisse des Human-Biomonitorings (2018)

Das LGL führte eine Human-Biomonitoring-Studie im Landkreis Altötting durch, um die interne Belastung im Blut bei Personen zu bestimmen, die in unterschiedlicher Höhe und Dauer einer PFOA-Belastung über das Trinkwasser ausgesetzt waren.

Ergebnisse der Blutuntersuchung von Säuglingen und Kleinkindern (2018)

Eltern in den betroffenen Gemeinden des Landkreises Altötting hatten die Möglichkeit nach entsprechender ärztlicher Beratung, das Blut ihrer Kinder auf PFC analysieren zu lassen. Insgesamt wurden 47 Kinder im Alter zwischen 3 und 95 Monaten untersucht.

Muttermilchuntersuchungen im Landkreis Altötting (2018)

Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) hat die Muttermilchuntersuchungen auf perfluorierte Substanzen abgeschlossen.

Weiterführende Informationen zu gesundheitlichen Risiken

PFOA-Ersatzstoff ADONA

Das LGL hat Blutproben von Personen auf den PFOA-Ersatzstoff ADONA und weitere perfluorierte Substanzen untersucht.

Krebsrisiko

Die Krebsagentur der WHO (IARC, International Agency for the Research on Cancer) hat PFOA in Gruppe 2B eingeteilt („möglicherweise krebserregend“).

Die Daten des bayerischen Krebsregisters für die Gemeinden Burgkirchen a. d. Alz, Emmerting, Haiming, Kastl, Markt Marktl, Neuötting, Stammham sowie den Markt Tüßling ergeben derzeit keine Hinweise auf eine relevante Erhöhung des Risikos für eine Neuerkrankung an Leber-, Hoden- bzw. Nierenkrebs gegenüber dem bayerischen Durchschnitt.
Beurteilung der Krebshäufigkeit im Landkreis Altötting

Vorangegangene Untersuchungen und gesundheitliche Bewertungen

Analysen von Trinkwasser und Lebensmitteln

Bereits 2006 legte das LGL umfangreiche Untersuchungsprogramme auf, um die PFOA-Gehalte zu messen. Untersucht wurden vor allem Trinkwasser und Lebensmittel.

Untersuchung von Trinkwasser

Trinkwasser wird als wichtige Quelle für die PFOA-Aufnahme angesehen. Die Trinkwasserkommission des Bundesministeriums für Gesundheit beim Umweltbundesamt hat im Jahr 2006 eine Stellungnahme zur gesundheitlichen Bewertung von PFASC-Messwerten veröffentlicht, die mehrfach erweitert und aktualisiert wurde. Allgemeine Informationen zu PFAS in Trinkwasser finden sich hier

Im Landkreis Altötting nahmen die Trinkwasserversorger eine Umstellung der Versorgung vor, um die Gehalte an PFOA im Trinkwasser zu reduzieren. Die Untersuchungsergebnisse bestätigen, dass die Aufbereitung des Trinkwassers zu einem deutlichen Rückgang der Trinkwasserbelastungen führt.

Untersuchung von Lebensmitteln

Wegen ihrer Langlebigkeit sind PFAS seit 2011 Bestandteil des bundesweiten Lebensmittel-Monitorings. Eine Höchstmengenregelung für Rückstände von PFAS in Lebensmitteln besteht weder national noch im Rahmen der EU-Gesetzgebung, befindet sich jedoch derzeit bei der EU-Kommission in Vorbereitung. Der Beurteilung von PFAS-Rückständen ist daher eine toxikologische Risikobewertung zugrunde zu legen.
Das LGL untersucht seit 2007 Lebensmittel auf eine Reihe dieser PFAS, unter anderem PFOA, um Belastungsschwerpunkte zu erkennen.

PFC in Lebensmitteln tierischen Ursprungs

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geht in seiner Stellungahme vom 28.06.2021 von einer relevanten Aufnahme an per- und polyfluorierten Substanzen über Lebensmittel aus. Das BfR räumt jedoch gleichzeitig einen großen Unsicherheit bezüglich der Höhe dieser Aufnahme ein. Eine Höchstmengenregelung bzw. ein Grenzwert für PFAS in Lebensmitteln ist weder national noch im Rahmen der EU-Gesetzgebung erlassen worden, jedoch derzeit in Vorbereitung. Unabhängig davon untersucht das LGL bereits seit dem Jahr 2007 risikoorientiert Lebensmittelproben aus bekannten Belastungsschwerpunkten, wie z. B. der Umgebung des Industrieparks Gendorf hinsichtlich PFAS. Es hat sich gezeigt, dass die überwiegende Anzahl von Lebensmittelproben – selbst aus Landkreisen mit bekannten Belastungen - keine PFAS in derzeit nachweisbaren Mengen enthalten. Dies deckt sich mit den Ergebnissen des bundesweiten Lebensmittelmonitorings, zu dem auch das LGL im vorgesehenen Rahmen Analysendaten beiträgt. Die Ergebnisse veröffentlicht das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Belastungen mit PFAS treten in erster Linie bei Lebensmitteln tierischer Herkunft auf. Die Substanzen reichern sich insbesondere in den Innereien an. Besonders hohe Gehalte werden generell und nicht nur im Landkreis Altötting in Wildschweinleberproben gemessen. Auch Leber von anderen Nutztieren und Wild kann Gehalte aufweisen, die aber viel geringer sind als bei Wildschweinen. Hühnereier können bei einer Kontaminationen des Futters oder des Trinkwassers erfassbare PFAS-Gehalte aufweisen. Bei Kontaminationen in Gewässern nehmen die darin lebenden Fische PFAS relativ schnell auf, so dass in solchen Fällen Fischfleisch ebenfalls eine relevante Expositionsquelle für Verzehrer von Wildfisch ist.

Untersuchung von Futtermitteln

Seit dem Jahr 2007 wurden Futtermittelproben vorrangig von Standorten, die sich in näherer Umgebung bekannter PFAS-Eintragsquellen befinden, auf PFC-Kontaminationen untersucht.

Infoline für Fragen zu PFOA

Perfluorierte Chemikalien (PFC), darunter PFOA, lassen sich neben dem Raum Gendorf/Altötting an verschiedenen Standorten in Bayern nachweisen. Das LGL und das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) bieten daher eine gemeinsame Infoline für Fragen zu PFC an.
Bei Fragen zu Gesundheit, Trinkwasser und Lebensmitteln stehen Ansprechpartner des LGL unter der Rufnummer 09131 6808 – 2497 oder per E-Mail an pfc@lgl.bayern.de zur Verfügung. Bei Fragen zu Wasser, Boden, Luft, Natur erreichen Interessierte die „PFC-Infoline“ am LfU unter: 0821 9071 – 5102, oder per E-Mail an pfc-umwelt@lfu.bayern.de /www.lfu.bayern.de Die PFC-Infoline ist für Bürger, Kommunen und Behörden erreichbar jeweils Montag, Dienstag, Mittwoch und Freitag von 9 bis 12 Uhr und Donnerstag von 13 bis 16 Uhr.
Bitte beachten Sie: Fragen zur Situation vor Ort können meist nur das jeweils zuständige Landratsamt bzw. die zuständige Kommune beantworten. Medienvertreter können sich bei Fragen zum Thema weiterhin an die Pressestellen der Landesämter wenden.