PFOA-Humanbiomonitoring und Antikörper-/Impfantwort (PuMA)

Aktuelles

Ergebnisse der Antiköperuntersuchungen

Die erhöhten PFOA-Gehalte im Blut bei Teilen der Bevölkerung im Landkreis Altötting haben keine Auswirkungen auf die Corona-Immunantwort. Konkret gibt es keinen Zusammenhang zwischen der Höhe der PFOA-Gehalte im Blut und der Menge der SARS-CoV-2-Antikörper. Dies gilt auch für die ebenfalls erfolgte Diphtherie- und Tetanus-Antikörperbestimmung. Die Immunantwort gegen Diphtherie und SARS-CoV-2 hängt hingegen maßgeblich vom Alter ab: je älter eine Person, desto schwächer deren Immunantwort. Als weiteres Resultat der Blutanalyse zeigte sich, dass die Diphtherie-Impfquoten im Landkreis noch verbesserungswürdig sind.

Die Untersuchungsteilnehmerinnen und –teilnehmer wurden durch ein Befundschreiben darüber informiert, ob Einzelfall nach Rücksprache mit dem Hausarzt eine Auffrischungsimpfung empfohlen wird.

Die Antikörperbestimmung war ein Bestandteil der Wiederholung des Humanbiomonitorings (HBM) im Landkreis Altötting.

Zwischenbericht erschienen: Nachfolgeuntersuchung des Human-Biomonitorings (HBM) in Altötting

Das LGL hat den Zwischenbericht zur Wiederholung des Humanbiomonitorings im Jahr 2022 in Altötting veröffentlicht. Die PFOA-Gehalte im Blut der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sanken seit 2018 durchschnittlich um mehr als die Hälfte. Damit waren die Maßnahmen gegen die erhöhte Belastung der Bevölkerung in Altötting mit Perfluoroctansäure (PFOA) erfolgreich.

In allen betrachteten Untersuchungsgruppen zeigte sich eine deutliche Reduktion der PFOA-Konzentrationen im Blut: Beim Vergleich der Teilnehmenden aus der Allgemeinbevölkerung reduzierten sich die PFOA-Gehalte um 56,9 % (Median von 23,18 µg/l Blut im Jahr 2018 auf 10,00 µg/l Blut im Jahr 2022), bei Frauen im gebärfähigen Alter zwischen 15 und 49 Jahren sanken sie um 59,5 % (Median von 10,93 µg/l Blut im Jahr 2018 auf 4,43 µg/l Blut im Jahr 2022).

Die PFOA-Gehalte im Blut lagen 2022 nur noch bei 280 von 559 untersuchten Personen (50,1 %) aus der Allgemeinbevölkerung über dem entsprechenden HBM-II-Wert von 10 µg/l Blutplasma, 2018 war dies bei 475 Personen (85,0 %) der Fall. Bei den Frauen im gebärfähigen Alter lagen 2022 die PFOA-Gehalte im Blut in 49 Fällen (n=117, 41,9 %) über dem HBM-II-Wert von 5 µg/l Blutplasma für gebärfähige Frauen, 2018 waren es noch 95 Fälle (n=117, 81,2 %). Die Konzentrationen der weiteren untersuchten perfluorierten Substanzen bewegten sich im Bereich der allgemeinen Hintergrundbelastung ohne bekannte Expositionsquellen.

In der Allgemeinbevölkerung der einzelnen Trinkwasserversorgungsgebiete ergaben sich folgende Rückgänge der Mediane für PFOA: Altötting 45,0 % (von 8,24 μg/l auf 4,53 μg/l), Burgkirchen 54,1 % (von 23,94 μg/l auf 11,00 μg/l), Emmerting 56,9 % (von 30,50 μg/l auf 13,15 μg/l), Kastl/Markt Tüßling 57,4 % (von 24,75 μg/l auf 10,54 μg/l), Neuötting/Winhöring 58,7% (von 21,07 μg/l auf 8,70 μg/l), Inn-Salzach-Gruppe (Marktl/Haiming/Stammham/Alzgern) 41,6 % (von 15,20 μg/l auf 8,88 μg/l).

Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die ergriffenen Maßnahmen zur Sanierung der Trinkwasserversorgung wirksam waren und zu einer deutlichen Reduktion der PFOA-Gehalte im Blut der Bevölkerung geführt haben.

Auf Grund der bisherigen Erkenntnisse besteht – auch im Falle einer Überschreitung des sogenannten HBM-II-Wertes – keine konkrete gesundheitliche Gefährdung. Ein akuter Handlungsbedarf besteht nicht, die Haupteintragsquelle – das Trinkwasser – wurde bereits erfolgreich saniert. Betroffene können sich dennoch jederzeit an die Infoline des LGL wenden, die Kontaktdaten sind hier zu finden:

PFC-Infoline

Informationen zum Ablauf der Nachfolgeuntersuchung

In die Nachfolgeuntersuchung wurden ausschließlich Personen einbezogen, die bereits im Jahr 2018 an der HBM-Untersuchung teilgenommen haben, um die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen zur Sanierung der Trinkwasserversorgung zu belegen. Bereits Mitte Mai 2022 wurden die Teilnehmer*innen der ersten HBM-Untersuchung durch das Gesundheitsamt Altötting über die Möglichkeit einer zweiten Blutuntersuchung informiert und zur Teilnahme aufgerufen. Am vereinbarten Untersuchungstag wurden für die PFOA- bzw. Antikörperbestimmung von jedem/r Teilnehmer*in drei Serumröhrchen mit je 5 ml Blut gewonnen. Zusätzlich wurden mittels Fragebogen soziodemographische Merkmale, der Gesundheitszustand, durchgemachte SARS-CoV-2-Infektionen, verabreichte Impfungen etc. erhoben.

Der Abschlussbericht wird auf der Website des LGL veröffentlicht, dieser wird auch detaillierte Ausführungen zu Antikörperuntersuchungen beinhalten.

Hintergrund – PFOA in Altötting

In einem Industriebetrieb im Landkreis Altötting wurde bis zum Jahr 2003 Perfluoroctansäure (PFOA) industriell hergestellt und bis 2008 als Hilfsstoff zur Produktion von Fluorpolymeren verwendet. Dadurch kam es in weiten Teilen des Landkreises seit den 1960er Jahren zu einer großflächigen Kontamination der Umwelt. PFOA wurde auch von der dort lebenden Bevölkerung, hauptsächlich über das Trinkwasser, aufgenommen. In einer Untersuchung durch das LGL und das zuständige Gesundheitsamt im Jahr 2018 wurde die interne Belastungssituation der Bevölkerung gegenüber PFOA untersucht (Human-Biomonitoring – HBM), wobei erhöhte PFOA-Konzentrationen im Blut der Bewohner ermittelt wurden. Vor diesem Hintergrund wurde die PuMA-Untersuchung als Folgeuntersuchung zur bereits im Jahr 2018 durchgeführten HBM-Untersuchung konzipiert.

Zur Bewertung der Konzentrationen von PFOA im Blut hat die HBM-Kommission des Umweltbundesamtes toxikologisch begründete Beurteilungswerte abgeleitet. Dabei stellen sog. HBM-I-Werte lebenslange Vorsorge- und Zielwerte für die Allgemeinbevölkerung jeder Altersgruppe dar. Die sog. HBM-II-Werte, die zum Zeitpunkt der Blutuntersuchung 2018 noch nicht vorlagen, beschreiben die Konzentration, bei deren Überschreitung eine gesundheitliche Beeinträchtigung möglich ist, aber nicht auftreten muss. Nach Festlegung des Vorsorge- bzw. Zielwertes für die lebenslange Exposition (HBM-I-Wert: 2 ng PFOA/ml Blutplasma) im Jahr 2016 hat die HBM-Kommission im März 2020 einen HBM-II-Wert in Höhe von 5 ng PFOA/ml Blutplasma für Frauen im gebärfähigen Alter und in Höhe von 10 ng/ml für alle übrigen Bevölkerungsgruppen veröffentlicht. Bei 761 von 906 Personen aus dem Landkreis Altötting war der HBM-II-Wert für PFOA in den im Jahr 2018 untersuchten Blutproben überschritten. Die HBM-II-Werte für PFOA beruhen auf einer Beurteilung des populationsbezogenen Risikos für Veränderungen von fünf ausgewählten Wirkungsindikatoren: Fertilität, Geburtsgewicht, Cholesterin-Konzentration, Diabetes mellitus Typ II und Antikörperbildung. Insbesondere bei PFOA und dem Endpunkt Antikörperbildung sieht die HBM-Kommission die Datenlage als nicht ausreichend an, um einen HBM-II-Wert abzuleiten. Somit wird hier weiterer Forschungsbedarf von Seiten der HBM-Kommission gesehen.

Das individuelle Risiko einer einzelnen Person, eine Erkrankung (z. B. eine Infektionskrankheit) zu erleiden, die auf eine PFOA-induzierte Veränderung der genannten Wirkungsindikatoren kausal zurückzuführen ist, kann nach Ansicht der HBM-Kommission nicht sicher quantifiziert werden. Im Landkreis Altötting finden sich im Vergleich zu anderen Landkreisen in Bayern keine statistischen Auffälligkeiten in der regionalen Varianz von Erkrankungen, die mit den genannten Wirkungsindikatoren assoziiert sind. Auch war im Landkreis Altötting keine Häufung von Impfdurchbrüchen (d. h. symptomatische Erkrankung trotz vollständiger Impfung) nach einer Impfung mit einem der in der EU zugelassenen Vakzinen gegen COVID-19 zu beobachten. Von allen gemeldeten SARS-CoV-2-Infizierten (unabhängig vom Impfstatus) handelte es sich bei 3,5% um Impfdurchbrüche. Der Wert für Altötting liegt damit auf einem etwas niedrigeren Niveau als der Wert für Oberbayern (5,9 %) und der Wert für ganz Bayern (4,6 %) (Auswertung LGL: Oktober 2021).

Aktuell gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass die COVID-19-Schutzimpfung aufgrund einer PFOA-Belastung weniger wirksam wäre. Studien, die sich spezifisch mit der Frage befassen, wie die Immunreaktion nach einer Impfung mit Vakzinen gegen COVID-19 durch PFOA beeinflusst wird, liegen nicht vor. In den USA wurden zwar einige Studien zu der Frage auf den Weg gebracht (siehe z. B. PFAS exposure and response to COVID-19 vaccine study). Ergebnisse liegen jedoch noch nicht vor (BfR: Fragen und Antworten zu per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) (Stand September 2020)).

Erste Untersuchung zur im Blut festgestellten PFOA-Belastung in Altötting (2018)

Nähere Informationen zur ersten HBM-Untersuchung finden Sie unter: Humanbiomonitoring-Untersuchung von perfluorierten Substanzen in Teilen des Landkreises Altötting Abschlussbericht – Zusammenfassung 2018.