Die Schuleingangsuntersuchung in Bayern

"Alle Kinder haben ein Recht auf den bestmöglichen Start ins Leben"
Die Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes, www.unicef.org/crc

Die Gesundheit von Kindern ist eine wichtige Ressource, die es zu erhalten und zu schützen gilt. Das Krankheitsspektrum im Kindes- und Jugendalter hat sich in den industrialisierten Ländern verändert. Infektionskrankheiten konnten im 20. Jahrhundert stark zurückgedrängt werden, jedoch ist eine Zunahme chronischer Erkrankungen zu verzeichnen. Auch psychische Erkrankungen und Entwicklungsauffälligkeiten nehmen an Bedeutung zu.

Zunehmende gesellschaftliche Ungleichheiten machen sich im Leben von Kindern in besonderem Maße bemerkbar. Der soziale Status der Eltern beeinflusst maßgeblich ihre Chance, gesund aufzuwachsen und auch in späteren Jahren eine gute Gesundheit zu erhalten. Deshalb ist es wichtig, dass jedes Kind das Recht und die Möglichkeit auf eine gute Entwicklung hat.

Mit der Einschulung in die Grundschule beginnt für die Kinder und die Eltern ein neuer, aufregender Lebensabschnitt. Zu den Voraussetzungen für einen erfolgreichen Schulstart gehören:

  • Gesunde körperliche Voraussetzungen wie ein ausreichendes (evtl. entsprechend korrigiertes) Seh- und Hörvermögen und eine altersgemäße psychomotorische Entwicklung.
  • Kognitive Fähigkeiten wie zum Beispiel die Aufmerksamkeit, das Vermögen Arbeitsaufträge umzusetzen und eine altersgemäße Sprachentwicklung.
  • Sozial-emotionale Fähigkeiten wie zum Beispiel Selbstvertrauen, Lust am Lernen und die Fähigkeit zur Auseinandersetzung mit anderen Kindern.

Die Schuleingangsuntersuchung bietet die Möglichkeit, das Kind zusätzlich zur zuletzt fälligen altersentsprechenden Früherkennungsuntersuchung (U8/U9) noch einmal untersuchen zu lassen. Manche Eltern sind sich nicht sicher, ob sie ihr Kind einschulen lassen sollen, insbesondere wenn es zu den Jüngeren eines Jahrgangs gehört. In diesen Fällen sind die Informationen aus der Schuleingangsuntersuchung eine wertvolle zusätzliche Entscheidungshilfe für die Eltern. Die endgültige Entscheidung über die Schulaufnahme obliegt allerdings der Schule.

Durch die Schuleingangsuntersuchung können gesundheitliche oder entwicklungsbezogene Einschränkungen eines Kindes, die für den Schulbesuch von Bedeutung sind, frühzeitig festgestellt werden. Die Schuleingangsuntersuchung unterscheidet sich insofern wesentlich von den Früherkennungsuntersuchungen (U8 und U9), bei denen vor allem die Erkennung behandlungsbedürftiger akuter und chronischer Erkrankungen im Vordergrund steht.

Die bis zum Schulbeginn verbleibende Zeit kann für eventuell erforderliche Maßnahmen zur Gesundheits- und Entwicklungsförderung des Kindes genutzt werden.

Was ist die Schuleingangsuntersuchung?

Foto eines Kindes, das malt

Foto: Fotolia

Diese Untersuchung ist für alle Kinder und Eltern eine Hilfestellung, um gesundheitliche Beeinträchtigungen, die für den Schulbesuch relevant sind, wie z. B. Seh-, Hör- und Sprachstörungen zu erkennen. Häufig fällt ein Kind mit einer Seh- oder Hörschwäche in der Schule nur durch Unkonzentriertheit, schlechte Leistungen oder Kopfschmerzen auf, ohne dass beim Kind die genauen Ursachen gleich erkannt werden. Besondere Aufmerksamkeit wird daher dem Seh- und Hörvermögen geschenkt, da diese eng mit den Lese- und Schreibleistungen zusammenhängen. Die Feinmotorik wird überprüft, da sie eine wichtige Voraussetzung für das Schreibenlernen ist.

Die Schuleingangsuntersuchung hat bis zu zwei Bestandteile. Die "Screeninguntersuchung" (Untersuchungsprogramm für alle Kinder) und für einzelne Kinder die schulärztliche Untersuchung.

Tabelle 1: Bestandteile der Schuleingangsuntersuchung:
Schuleingangsscreening Schulärztliche Untersuchung
für alle Kinder in Einzelfällen
Was beinhaltet das Screening?
  • Gesundheitliche Vorgeschichte wird erfragt
  • Gewicht und Körpergröße werden gemessen
  • Hör- und Sehfähigkeit werden getestet
  • sprachliche und motorische Entwicklung werden untersucht
  • Durchsicht des gelben Kinderuntersuchungsheftes, ob die zuletzt fällige altersentsprechende U durchgeführt wurde
  • Das Impfbuch wird auf Impflücken hin durchgesehen
In welchen Fällen?
  • Bei fehlendem Nachweis über die zuletzt fällige altersentsprechende Früherkennungsuntersuchung
  • als Angebot,
    • wenn sich beim Schuleingangsscreening oder der U8 bzw. U9 Besonderheiten ergeben haben
    • auf Wunsch der Eltern

Zeitpunkt der SEU

Die Schuleingangsuntersuchung ist in allen deutschen Bundesländern eine gesetzlich vorgeschriebene Untersuchung. Sie findet auf Einladung des Gesundheitsamtes in den zwei Jahren vor der Aufnahme in die erste Jahrgangsstufe der Grundschule statt. Die Eltern erhalten über die Teilnahme an der Schuleingangsuntersuchung eine Bescheinigung zur Vorlage bei der Schule.

Weiterführende Informationen zum Thema Schulpflicht, vorzeitige Einschulung und Rückstellung finden Sie auf den Seiten des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus.

Wer untersucht das Kind?

Foto eines Kindes zusammen mit einer Ärztin

Foto: Fotolia

Das Schuleingangsscreening wird von Fachkräften der Sozialmedizin (in der Regel Kinderkrankenschwestern) durchgeführt. Die schulärztliche Untersuchung übernimmt eine Ärztin/ein Arzt des örtlichen Gesundheitsamtes.

Die Eltern erhalten vom Gesundheitsamt eine schriftliche Einladung zur Schuleingangsuntersuchung mit der Bitte, bei der Untersuchung dabei zu sein. Die Untersuchung selbst findet - je nach Landkreis – im Kindergarten oder im Gesundheitsamt statt. Die Anwesenheit der Eltern ist für das Kind beruhigend, Fragen können direkt geklärt und Beobachtungen/Ergebnisse der Untersuchung gleich besprochen werden.

Was beinhaltet das Schuleingangsscreening?

Die Fachkraft der Sozialmedizin erfasst die gesundheitliche Vorgeschichte des Kindes. Hierzu werden die Eltern gebeten, den ausgefüllten Anamnesebogen zur Untersuchung mitzubringen. Anschließend misst sie die Größe und das Gewicht des Kindes.

Sie sieht das gelbe Kinderuntersuchungsheft/die Teilnahmekarte aus dem gelben Heft und das Impfbuch durch und überprüft den Masernimpfstatus im Sinne des Masernschutzgesetzes. Eventuell fehlende Impfungen können besprochen werden. Zur Beurteilung des Impfstatus werden die aktuellen Impfempfehlungen und der Impfkalender der Ständigen Impfkommission des Robert Koch-Instituts zugrunde gelegt, ebenso das Masernschutzgesetz.

Das Seh- und Hörvermögen des Kindes wird mit speziellen Geräten getestet. Die sprachliche und motorische Entwicklung werden mit standardisierten Testverfahren untersucht (zum Beispiel vorgegebene Wörter nachsprechen oder Figuren nachzeichnen).

Wann wird ein Kind schulärztlich untersucht?

Im Alter zwischen 46 und 48 Monaten ist für alle Kinder die Früherkennungsuntersuchung U8 und für Kinder zwischen 60 und 64 Monaten die U9 beim Kinderarzt vorgesehen. Im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung haben die Eltern den Nachweis über die Teilnahme an der zuletzt fälligen altersentsprechenden Früherkennungsuntersuchung (U8 bzw. U9) vorzulegen. Wird dieser Nachweis nicht erbracht, müssen die betroffenen Kinder an einer schulärztlichen Untersuchung teilnehmen. Wenn das Kind keine vorschulische Einrichtung besucht, ist ebenfalls eine ärztliche Untersuchung erforderlich.

Darüber hinaus besteht das Angebot einer schulärztlichen Untersuchung, wenn sich beim Schuleingangsscreening oder bei der U8 bzw. U9 Besonderheiten ergeben haben oder die Eltern dies wünschen. Also zum Beispiel bei

  • Unsicherheiten in Fragen der Rückstellung oder der vorzeitigen Einschulung,
  • medizinischen Befunden, die im späteren Schulalltag eine Rolle spielen könnten (dies kann beispielsweise bei Kindern mit chronischen Erkrankungen, mit stark vermindertem Seh- oder Hörvermögen und bei Kindern mit eingeschränkter Mobilität der Fall sein).

Was beinhaltet die Schulärztliche Untersuchung?

Bei der schulärztlichen Untersuchung wird das Kind – ähnlich wie bei der U8 bzw. U9 – körperlich untersucht, ebenso sein Entwicklungsstand. Besondere Untersuchungsbefunde werden besprochen. Bei auffälligen Befunden wird der Schularzt eine Vorstellung des Kindes zur weiteren Abklärung beim Kinder- oder Haus- oder Facharzt empfehlen.

Was geschieht mit den Daten?

Zunächst übermitteln die Einwohnermeldeämter den Gesundheitsämtern die Adressen der schulpflichtig werdenden Kinder. Die Eltern werden vom Gesundheitsamt zur Schuleingangsuntersuchung eingeladen. Die Untersuchungsunterlagen bleiben beim Gesundheitsamt.

Nach Abschluss aller Untersuchungen werden die Untersuchungsergebnisse in anonymisierter Form (ohne Angabe personenbezogener Daten wie Name und Anschrift) an das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit übermittelt und statistisch ausgewertet. Die statistische Auswertung der erhobenen Daten liefert einen Überblick über den Gesundheitszustand der Kinder eines Jahrgangs in Bayern. Diese Daten bilden die Grundlage für die Entwicklung medizinischer und gesundheitsfördernder Konzepte.

Wenn es für die Gesundheit des Kindes oder die Teilnahme des Kindes am Unterricht (inkl. Sportunterricht) wichtig ist, dass der Schule Informationen zum Gesundheitszustand des Kindes vorliegen, so wird der Amtsarzt des Gesundheitsamtes die Schulleitung darüber informieren. Dies kann z. B. chronische Erkrankungen wie Asthma, Herzfehler, Diabetes mellitus, Stoffwechselerkrankungen oder auch Allergien betreffen.

Ist der Besuch eines Vorkurses Deutsch oder eine individuelle Förderung des Kindes im Unterricht erforderlich, so wird das Gesundheitsamt die Schulleitung ebenfalls darüber informieren, zum Beispiel bei Kindern, die auf den Rollstuhl angewiesen oder die durch eine gravierende Seh- oder Hörschwäche beeinträchtigt sind. Für eine möglichst optimale Integration der betroffenen Kinder ist dies unerlässlich. Die Eltern werden hierüber selbstverständlich informiert.

Was Sie sonst noch wissen sollten

Die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen U1 bis U9 ist nach Artikel 11 Abs. 2 Gesundheitsdienstgesetz (GDG) seit dem 16.05.2008 für alle Kinder in Bayern verpflichtend. Wird die Teilnahme an der Schuleingangsuntersuchung ganz oder teilweise verweigert, so ist das Gesundheitsamt nach Artikel 12 GDG Abs. 3 verpflichtet, das Jugendamt zu informieren.

Einschulungskorridor

Seit dem 01.08.2019 gibt es den sogenannten „Einschulungskorridor“: Für Kinder, die zwischen dem 01. Juli und dem 30.September sechs Jahre alt werden, können die Personensorgeberechtigten die Einschulung nach Beratung durch die Schule um ein Jahr verschieben (BayEUG Art. 37 Satz 1). Wenn die Personensorgeberechtigten die Einschulung auf das folgende Schuljahr verschieben möchten, müssen sie dies der Schule spätestens bis zum 10. April (§2 Grundschulordnung (GrSO)) schriftlich mitteilen. Nähere Informationen dazu finden Sie auf den Seiten des Kultusministeriums.

Die Teilnahme an der Schuleingangsuntersuchung bleibt hiervon jedoch unberührt: alle Kinder haben innerhalb der zwei Jahre vor Aufnahme in die 1. Klasse auf Einladung des Gesundheitsamtes an der Schuleingangsuntersuchung teilzunehmen.

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