Belastung von Schulen und Wohnungen mit „neuen“ Substanzen (LUPE 4)

Hintergrund

Unter dem Begriff per- bzw. polyfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFAS) werden diejenigen organischen Verbindungen zusammengefasst, bei denen alle bzw. ein Teil der Wasserstoffatome am Kohlenstoffgerüst durch Fluoratome ersetzt sind. Da es sich bei der polaren Kohlenstoff-Fluor-Bindung um eine der stabilsten Bindungen in der organischen Chemie handelt, weisen die PFC eine höhere thermische und chemische Stabilität auf als analoge Kohlenwasserstoffverbindungen.

Zwei Substanzen mit einer hohen Persistenz in der Umwelt und Akkumulation im Menschen sind von besonderem Interesse. Perfluoroctansulfonate (PFOS) bzw. PFOS -Verbindungen („PFOS related compounds“) sind 2008 in der EU verboten wurden und unterliegen der Konvention von Stockholm. Auch für PFOA (Perfluoroctansäure) wird derzeit sehr intensiv eine Beschränkung in der Anwendung diskutiert.

Weitere vielfältig eingesetzte Gruppen polyfluorierter Substanzen sind die Fluortelomeralkohole, Fluortelomeracrylate, Fluoralkylsulfonamide und Fluoralkylsulfonamidethanole (Tabelle 1). Sie haben eine geringere Persistenz im Vergleich zum PFOS, sind aber flüchtig und können in der Raumluft gefunden werden.

Tabelle 1: Stoffauswahl perfluorierte Verbindungen (luftgetragener Staub und gasförmiger Anteil)
Substanz Kurzbezeichnung CAS-Nummer
Fluortelomeralkohole (FTOH)    
Perfluorbutylethanol 4:2 FTOH 2043-47-2
Perfluorhexylethanol 6:2 FTOH 647-42-7
Perfluoroctylethanol 8:2 FTOH 678-39-7
Perfluordecylethanol 10:2 FTOH  
Fluortelomeracrylate (FTAC)    
Perfluorhexylethylacrylat 6:2 FTAC 17527-29-6
Perfluoroctylethylacrylat 8:2 FTAC 27905-45-9
Perfluordecylethylacrylat 10:2 FTAC 17741-60-5
Perfluoralkylsulfonamide (FOSE)    
n-Ethylperfluoroctansulfonamid EtFOSA 4151-50-2
n-Methylperfluoroctansulfonamid MeFOSA 31506-32-8
Perfluoralkylsulfonamidethanole (FOSA)    
n-Ethylperfluoroctansulfonamidethanol EtFOSE 1691-99-2
n-Methylperfluoroctansulfonamidethanol MeFOSE 24448-09-7

Ziele

Die Untersuchung, die im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention durchgeführt wurden, hatte zwei Ziele:

  1. Gemeinsam mit dem Helmholtz-Zentrum München sollten Messungen der perfluorierten Substanzen, insbesondere PFOS, PFOA und Fluortelomeralkohole, im Hausstaub von Wohnungen durchgeführt werden.
  2. Gemeinsam mit der Eurofins GfA GmbH sollte die Innenraumluft von Schulen und Wohnungen auf flüchtige PFAS untersucht werden.

Ergebnisse zu Modul 1

In dieser Studie wurden erstmals Hausstaubproben in Deutschland auf PFC untersucht. Dies trifft auch auf die FTOHs zu, für die bisher gleichfalls keine Belastungsdaten vorlagen. Es wurde der Hausstaub (Staubsaugerbeutel) aus 31 Wohnungen im Großraum München mittels LC-MS/MS (PFOS/PFOA) und HRGC/PCI-MS (Fluortelomeralkohole) untersucht. Die PFOS- und PFOA-Gehalte bewegten sich in einem weiten Konzentrationsbereich zwischen 3,3 und 1046 ng/g (Median: 19,9 ng/g) bzw. 6,1 und 676 ng/g (Median: 39,2 ng/g). Die Ergebnisse lagen für 6:2 FTOH zwischen <0,2 und 246 ng/g (Median: 3,7 ng/g), für 8:2 FTOH zwischen 2,4 und 256 ng/g (Median: 13,1 ng/g) und für 10:2 FTOH zwischen 1,0 und 232 ng/g (Median: 6,6 ng/g). Das 4:2 FTOH war in den Proben nicht oberhalb der Nachweisgrenze von <2,4 bis <22,2 ng/g zu finden. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, dass die flüchtigen, perfluorierten Verbindungen nur in sehr geringen Konzentrationen vorkommen. Aus gesundheitlicher Sicht sind diese Gehalte als unbedenklich einzustufen.

Ergebnisse zu Modul 2

Die in Tabelle 1 aufgeführten Substanzen wurden in der Innenraumluft von 14 Grundschulen und 13 Wohnungen aus dem Raum München analysiert. Im Rahmen der Probenahme wurden sowohl die gasförmigen als auch die partikelgebundenen PFAS gesammelt. Die medianen Gehalte in Schulen und Wohnungen betrugen 11783 pg/m3 und 13198 pg/m3 (FTOHs), 737 pg/m3 und 450 pg/m3 (FTACs), 130 pg/m3 und 278 pg/m3 (FOSEs) sowie 243 pg/m3 und 110 pg/m3 (FOSAs). In den Schulen wurden teilweise deutlich höhere Werte für die 95. Perzentile als in den Wohnräumen gefunden, was auf spezifische Quellen hindeutet. Eine gesundheitliche Bewertung ist derzeit noch nicht möglich, da es zur Beurteilung von PFAS-Gehalten in der Innenraumluft bislang keine Richt-, Leit- oder Orientierungswerte gibt.

Veröffentlichungen

Es liegen folgende wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu dem Projekt vor:

  • Xu, Z., Fiedler, S., Pfister, G., Henkelmann, B., Mosch, C., Völkel, W., Fromme, H., Schramm, K.W., 2013. Human exposure to fluorotelomer alcohols, perfluorooctane sulfonate and perfluorooctanoate via house dust in Bavaria, Germany. Sci. Total Environ. 443, 485-490. (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23220138)
  • Fromme, H., Dreyer, A., Dietrich, S., Fembacher, L., Lahrz, T., Völkel, W., 2015. Neutral polyfluorinated compounds in indoor air in Germany - The LUPE 4 study. Chemosphere 139, 572-578. (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26340371)

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