Fumonisine

Fumonisine gehören zu der Gruppe der Fusarientoxine. Bei den von Fusarien gebildeten Toxinen unterscheidet man mehrere Hauptgruppen. Zu den wichtigsten gehören die Gruppe der Trichothecene, das Zearalenon und die Fumonisine.

Vorkommen und Bildung

Fusarien sind ubiquitär vorhanden und typische Feldpilze bei Getreide. Sie können jedoch unter bestimmten Bedingungen auch während der Lagerung wachsen [1].

Die zu den Fusarientoxinen zählenden Fumonisine wurden erstmals 1988 als giftige Stoffwechselprodukte des Schimmelpilzes Fusarium moniliforme (neuere Bezeichnung Fusarium verticillioides) isoliert und werden seither intensiv untersucht [2]. Sie wurden auch als „Aflatoxine der Neunziger“ bezeichnet [1].

Fumonisine werden hauptsächlich durch die Schimmelpilze Fusarium verticillioides und Fusarium proliferatum gebildet [3].

Fumonisine sind weit verbreitet, höhere Gehalte treten aber vor allem in Regionen mit warmem und trockenem Klima auf. Insbesondere in Ost- und Südafrika wird von einem hohen Anteil an mit Fumonisinen belastetem Mais berichtet [1].

Das Hauptvorkommen ist in Mais, verschiedenen Maisprodukten und Sorghumhirse [3]. Es wurden jedoch auch Fumonisine u.a. in Bier, Brot, Frühstückscerealien, Curry und anderen Gewürzen nachgewiesen [1]. In unprozessierten Lebensmitteln ist der Gehalt an Fumonisinen in der Regel höher als in prozessierten Lebensmitteln [3].

In einer EU-weiten gemeinsamen Studie [4] wurde festgestellt, dass knapp die Hälfte aller Getreideproben mit Fumonisinen belastet waren. Bei den Maisproben alleine wiesen sogar zwei Drittel der Proben messbare Gehalte an Fumonisinen auf. Während in Maisstärke und Dosenmais keine oder nur sehr geringe Fumonisingehalte nachweisbar waren, sind verschiedene Verarbeitungsprodukte wie Maisgrits, Popcornmais oder z. B. Maischips Produkte, die im Fokus der amtlichen Überwachung stehen [4].

Auf Basis der durchschnittlichen Belastung und der durchschnittlichen Verzehrsmenge eines bestimmten Lebensmittels kann abgeschätzt werden, durch welche Lebensmittel der Haupteintrag von Fumonisinen in die Nahrung zustande kommt. Bei den Fumonisinen sind dies überwiegend Mais und Weizen sowie Erzeugnisse daraus [4]. Der damals gültige europäische Wert für die tolerierbare tägliche Aufnahme (TDI) für die Fumonisine B1, B2 und B3 von 2 µg/kg Körpergewicht und Tag [5] wurde in der im Jahr 2003 veröffentlichten Studie [4] in keinem europäischen Land erreicht und im Allgemeinen weit unterschritten. Bei zwei Ländern (Italien und Norwegen) wurde dieser zu etwa einem Viertel ausgeschöpft. Aufgrund der geringen Anzahl an Daten sind die Aussagen jedoch mit Unsicherheiten behaftet. Auch der aktuelle TDI-Wert der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) für Fumonisine von 1 µg/kg Körpergewicht und Tag [3] würde folglich nicht überschritten werden.

Fumonisine sind grundsätzlich, wie andere Mykotoxine auch, hitzestabil [1] und bleiben daher bei haushaltsüblichen Zubereitungen weitgehend erhalten. Bei Temperaturen von über 175 °C wird jedoch der Gehalt reduziert (um bis zu 90 %) [3]. Es hat sich gezeigt, dass die Anwesenheit reduzierender Zucker diesen Prozess unterstützen kann. Alkali-Behandlung (Nixtamalisation) ist eine weitere Möglichkeit, Fumonisine zu reduzieren, jedoch kann dies zu einem erhöhten Gehalt hydrolysierter Fumonisine führen [3]. Auch durch die Fermentierung von Mais kann der Fumonisingehalt verringert werden, wobei der genaue Mechanismus unklar bleibt [3].

Chemische Struktur

Zu den Fumonisinen zählen eine Reihe von chemisch sehr ähnlichen Verbindungen. Es handelt sich um aliphatische, stark polare und wasserlösliche Verbindungen. Abhängig von ihren strukturellen Eigenschaften werden Fumonisine in vier Gruppen, die A-, B-, C- und P-Fumonisine eingeteilt [3]. Am häufigsten treten die Fumonisine der B-Serie mit den Fumonisinen B1, B2, B3 und B4 auf, welche sich an den Positionen C5 und C10 unterscheiden, siehe Abbildung 1. Hierbei haben Fumonisin B1 und Fumonisin B2 die größte Bedeutung in Lebensmitteln.

Neben der freien Form gibt es auch modifizierte Fumonisine. Die funktionellen Gruppen der Fumonisine können (teil-)hydrolysieren oder während der Prozessierung mit anderen Molekülen, wie zum Beispiel Zuckern oder Proteinen, reagieren und modifizierte Formen bilden [3]. Die Bindung mit anderen Molekülen kann kovalent oder nicht kovalent erfolgen. Eine weitere modifizierte Form sind Fettsäureester von Fumonisinen. Diese können sich bilden, wenn der Schimmelpilz auf Pflanzensubstrat wie Mais oder Reis wächst [3]. Inwiefern auch die modifizierten Formen zur Exposition mit Fumonisinen beitragen, ist Bestandteil zahlreicher wissenschaftlicher Studien und noch nicht abschließend geklärt.

Gesundheitliche Beurteilung

Aufgrund ihrer strukturellen Ähnlichkeit greifen sie über die Hemmung des Enzyms Ceramidsynthase in die Biosynthese von Sphingosin, einem Baustein der Zellmembrankomponenten der Sphingolipide, ein. Dies kann, neben einer veränderten Zusammensetzung der Zellmembran, zu weiteren biochemischen Veränderungen wie einer Störung des Lipidhaushalts führen [3].

Die modifizierten Fumonisine zeigten in bisherigen Untersuchungen ein ähnliches toxikologisches Profil wie die nicht modifizierten Fumonisine, jedoch ist ihre Potenz, soweit man dies aus den derzeit verfügbaren Informationen abschätzen kann, geringer [3].

Der Verzehr von mit Fumonisinen kontaminierten Lebensmitteln führt vor allem zu toxikologischen Effekten in der Leber und Niere. Hierbei wurden nach kurzfristiger Aufnahme vor allem Zeichen der Gewebeschädigung wie Apoptosen und Nekrosen beobachtet, während es nach langfristiger Aufnahme auch zu erhöhten Tumorinzidenzen in Leber und Niere kommen kann [3]. Weiterhin wird spekuliert, ob Fumonisine Folattransporter stören und über den resultierenden Folatmangel Neuralrohrdefekte in Neugeborenen verursachen können [3]. Jedoch konnte bisher ein eindeutiger Beweis noch nicht erbracht werden. Außerdem werden hohe Fumonisinkonzentrationen in Mais als Ursache für Speiseröhrenkrebs in Teilgebieten Südafrikas, Chinas und möglicherweise auch Italiens diskutiert [1].

Für die Fumonisine gibt es gemäß der Internationalen Agentur für Krebsforschung (International Agency for Research in Cancer, IARC) noch keine ausreichenden Hinweise für eine krebserzeugende Wirkung beim Menschen. Auf Grund der ausreichenden Hinweise aus Tierstudien, wurde Fumonisin B1 als möglicherweise kanzerogen im Menschen bewertet (Gruppe 2B) [6].

Für Fumonisin B1 allein sowie für die Summe aus Fumonisin B1, B2, B3 und B4 wurde durch den Ausschuss für Kontaminanten in der Nahrungskette der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit eine tolerierbare tägliche Aufnahme (TDI) von 1 µg/kg Körpergewicht festgelegt, wodurch der alte TDI-Wert von 2 µg/kg Körpergewicht und Tag des damaligen Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses der Europäischen Union ersetzt wurde [3]. Zusätzlich hat das gemeinsame Expertenkomitee zu Lebensmittelzusätzen der FAO/WHO (JECFA) für Fumonisin B1, B2 und B3 eine provisorische maximale tolerierbare tägliche Aufnahme (PMTDI) von 2 µg/kg Körpergewicht bestimmt [7].

Höchstgehaltsregelungen

Aufgrund von wissenschaftlichen Stellungnahmen hat die Europäische Union entschieden Höchstgehalte für Fumonisine festzulegen [8]. In der europäischen Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 wurden für Lebensmittel aus Mais Höchstgehalte für die Summe der Fumonisine B1 und B2 festgesetzt und liegen je nach Erzeugnis zwischen 200 µg/kg und 4000 µg/kg [8].

Angesichts des gleichzeitigen Auftretens von Fumonisin B3 mit Fumonisin B1 und B2, war es nicht notwendig, spezifische Maßnahmen für Fumonisin B3 zu erwägen, da die Höchstgehalte für die Summe der Fumonisine B1 und B2 die Bevölkerung auch vor einer inakzeptablen Exposition gegenüber Fumonisin B3 schützen [8].

Quellen

[1] Encyclopedia of Food Mycotoxins, 2001. Martin Weidenbörner, Springer-Verlag Berlin Heidelberg.

[2] Lebensmittel-Mykologie, 1998. Martin Weidenbörner, 1. Aufl., Hamburg: Behr.

[3] European Food Safety Authority (EFSA), 2018. Appropriateness to set a group health-based guidance value for fumonisins and their modified forms. EFSA Journal 2018;16(2):5172.

[4] Europäische Kommission, 2003. Reports on Task for scientific cooperation (SCOOP), Report of experts participating in Task 3.2.10. Collection of occurrence data of Fusarium toxins in food and assessment of dietary intake by the population of EU Member States.

[5] Scientific Committee on Food (SCF), 2003. Updated opinion of the Scientific Committee on Food on Fumonisin B1, B2 and B3, expressed on 4 april 2003, SCF/CS/CNTM/MYC/28 final.

[6] International Agency for Research on Cancer (IARC), 2002. Fumonisin B1. IARC (International Agency for Research on Cancer). Monographs on the Evaluation of Carcinogenic Risk to Humans, 82, 275–366.

[7] Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives (JECFA), 2018. Safety evaluation of certain contaminants in food, 83rd Report, WHO Food Additives Series 74.

[8] Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 der Kommission vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln (ABl. L 364 S. 5), zuletzt geändert durch Art. 1 VO (EU) 2020/2040 vom 11.12.2020 (ABl. L 420 S. 1).

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