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Cyanobakterien („Blaualgen“)
Was sind Cyanobakterien?
Cyanobakterien sind gram-negative Bakterien, die nahezu überall auf der Erde vorkommen und zählen zu den ältesten Lebewesen auf unserer Erde. Durch ihre Fähigkeit zur Photosynthese haben Cyanobakterien maßgeblich zur Entstehung der sauerstoffreichen Atmosphäre beigetragen, welche die Entwicklung des heutigen Lebens ermöglichte. Sie kommen im Meer- und Süßwasser, im Boden und auf Gesteinsoberflächen vor. In der Umgangssprache werden sie auch „Blaualgen“ genannt, obwohl sie taxonomisch nicht zu den Algen, sondern zu den Bakterien gehören. Ihren Namen verdanken die Cyanobakterien dem blauen Farbstoff Phycocyanin. Je nach Zusammensetzung mit anderen Pigmenten wie Chlorophyllen und Carotinoiden dominiert die blaugrüne oder grüne Färbung. Einige Cyanobakterien bilden jedoch den Farbstoff Phycoeritrin und zeigen dadurch eine rote Färbung.
Allgemeines Vorkommen von Cyanobakterien in Badegewässern
Cyanobakterien sind Teil der natürlichen Lebensgemeinschaft in Gewässern und stellen normalerweise keine Gefahr für die menschliche Gesundheit dar. Allerdings kann es unter bestimmten Bedingungen zu einem massenhaften Vorkommen, einer sogenannten Bakterienblüte kommen.
In Binnengewässern kommen Cyanobakterien natürlicherweise frei im Wasser schwebend (planktisch) und anhaftend (benthisch) auf festen Substraten wie Steinen oder Pflanzen vor. Manche Arten können Toxine (Cyanobakterientoxine) produzieren, die ein Gesundheitsrisiko für Menschen darstellen können. Jedoch sind Cyanobakterientoxine weltweit nur für eine einstellige Anzahl an berichteten Vergiftungsfällen plausibel als Ursache belegt.
Cyanobakterientoxine
Einige Arten der Cyanobakterien können Giftstoffe, sogenannte Cyanobakterientoxine produzieren. Bei einem Massenvorkommen können die Toxine im Wasser hohe Konzentrationen erreichen (von einigen hundert Mikrogramm bis mehreren Milligramm pro Liter). Bei einer oralen Aufnahme größerer Wassermengen kann es zu einer Schädigung der menschlichen Gesundheit kommen. Allerdings sind eindeutige Vergiftungsfälle von Menschen durch Aufnahme von Cyanobakterientoxinen beim Baden - im Gegensatz zu Vergiftungen von Wild- und Haustieren - in Deutschland und Europa bislang nicht bekannt.
Zu einem Massenvorkommen neigen vor allem die potenziell toxischen Cyanobakterien der Gattungen Microcystis, Planktothrix, Anabaena und Aphanizomenon. Beim Vorkommen von Microcystis und Planktothrix wird nahezu immer die zu den Lebergiften gehörende Toxingruppe Microcystine nachgewiesen. Neben den Microcystinen können von Cyanobakterien weitere Toxinarten, welche den Nerven-, Haut- und Zellgiften zugeordnet werden, produziert werden.
Bei äußerem Kontakt mit Cyanobakterien können in Einzelfällen bei empfindlichen Personen Haut- und Schleimhautreizungen auftreten. Als Ursache für diese Reaktionen stehen aber weniger die Cyanobakterientoxine selbst, sondern viel mehr andere Zellbestandteile wie Lipopolysaccharide, Terpene und mit Cyanobakterienblüten assoziierte Bakterien im Verdacht.
Cyanobakterienblüte: Massenvorkommen von Cyanobakterien
Die optimalen Wachstumsbedingungen für Cyanobakterien sind eine hohe Lichtintensität, ein Überangebot von Phosphor und Stickstoff, sowie anhaltend hohe Temperaturen. Daher kommt es oft, besonders während der sommerlichen Badesaison, zu einer explosionsartigen Vermehrung von Cyanobakterien (Abbildungen 1-6). Durch gleichmäßigen Wind können Cyanobakterienblüten an der Oberfläche im Uferbereich zu einem dichten Teppich mit hohen Toxinkonzentrationen verdichtet werden. Bei einem Wechsel der Windrichtung oder -stärke können sich die Teppiche aber auch rasch wieder auflösen oder an andere Stellen abgetrieben werden. Wegen dieser hohen räumlichen und zeitlichen Variabilität können Cyanobakterienblüten innerhalb weniger Tage abklingen oder aber auch für mehrere Wochen anhalten. Ein betroffenes Gewässer erholt sich nach einer Weile meist von selbst, sodass sich ein natürliches Gleichgewicht des Cyanobakteriengehalts im Wasserkörper einstellt.
Ein wesentliches Merkmal der planktischen (freischwebenden) Bakterienblüte ist die Einschränkung der Sichttiefe durch eine starke Trübung des Badegewässers. Die Cyanobakterien bilden flockige, fädige oder kugelige Kolonien und Zellverbände, welche auf der Oberfläche oder in tieferen Wasserschichten des Gewässers zu finden sind. Durch den Wind werden die auf der Oberfläche befindlichen Cyanobakterien zu einem bläulich oder grün schimmernden schlieren- oder rahmartigen Teppich zusammengeschoben bzw. am Uferrand angeschwemmt. Beim Wechsel der Windrichtung können die in Ufernähe schwimmenden Teppiche ebenso schnell wieder weggetrieben werden. So kann sich die Situation vor Ort schnell ändern und bei großen Badegewässern dazu führen, dass Cyanobakterienblüten an verschiedenen Badestellen auftreten und wieder verschwinden. Bei einer sehr stark ausgeprägten Blüte können Cyanobakterientoxine so hohe Konzentrationen erreichen, dass beim Schlucken von größeren Wassermengen die menschliche Gesundheit gefährdet ist. Daher sollte vor allem auf Kleinkinder achtgegeben werden: sie sollten von Ansammlungen von Cyanobakterien ferngehalten werden und kein stark getrübtes Wasser, Blütenmaterial oder Wasserpflanzen aufnehmen oder schlucken.
Ein anderes wichtiges Sicherheitsrisiko bei einer Cyanobakterienblüte stellt die starke Trübung des Wassers dar: oft ist die Sichttiefe im Wasserkörper so stark eingeschränkt (bis auf nur wenige Zentimeter unterhalb der Wasseroberfläche), dass Rettungsmaßnahmen bei in Not geratenen Schwimmern dadurch erschwert werden.
Abb.1: Typische Erscheinungsbilder von Cyanobakterien-Massenvorkommen an Badestellen: rahmartiger Teppich an der Wasseroberfläche in einer Microcystis-/Aphanizomenon-/Dolichospermum-Blüte; © LGL
Abb.2: Typische Erscheinungsbilder von Cyanobakterien-Massenvorkommen an Badestellen: Aphanizomenon-/Microcystis-Blüte mit Schlieren an der Oberfläche und starker Trübung im Wasser; © LGL
Abb.3: Typische Erscheinungsbilder von Cyanobakterien-Massenvorkommen an Badestellen: homogen getrübtes Wasser durch Microcystis/Dolichospermum; © LGL
Abb.4: Typische Erscheinungsbilder von Cyanobakterien-Massenvorkommen an Badestellen: dichte Oberflächenblüte von Plantothrix rubescens ; © LGL
Abb.5: Typische Erscheinungsbilder von Cyanobakterien-Massenvorkommen an Badestellen: flockige Aggregate von Plantothrix rubescens ; © LGL
Abb.6: Typische Erscheinungsbilder von Cyanobakterien-Massenvorkommen an Badestellen: flockige Aggregate von Plantothrix rubescens; © LGL
Neben freischwebenden Cyanobakterien gehören auch benthische (festsitzende) Arten zum natürlichen Gewässerökosystem. Sie wachsen als Matten (Überzüge) auf dem Gewässergrund oder auf anderen Oberflächen wie z.B. Wasserpflanzen oder Steinen (Abbildungen 7-10). Eine Voraussetzung für das Wachstum von benthischen Cyanobakterien ist eine ausreichende Transparenz des Wassers. Daher kommen sie – anders als bei planktischen Cyanobakterien –oft in klaren Gewässern mit wenig Nährstoffen vor. Das Licht kann dadurch tiefer ins Wasser eindringen, sodass die Photosynthese auch in tieferen Bereichen möglich ist. Unter optimalen Bedingungen können sich diese Cyanobakterien auch massenhaft vermehren. Mit etwas Erfahrung sind diese Cyanobakterien mit bloßem Auge gut als grünliche, rötliche oder schwarze Matten zu erkennen. Matten benthischer Cyanobakterien können sich vom Untergrund ablösen und ähnlich wie planktische Cyanobakterien an die Oberfläche aufsteigen und abgetrieben werden. Diese Cyanobakterien-Arten können ebenfalls Cyanobakterientoxine produzieren. Hohe Toxinkonzentrationen treten aber ausschließlich innerhalb der Matten oder abgelösten Büscheln auf. Daher sollte der direkte Kontakt bzw. eine orale Aufnahme unbedingt vermieden werden. Hier sind in erste Linie Kleinkinder gefährdet, die beim Baden im Flachwasserbereich mit den Matten in Kontakt kommen und gegebenenfalls Wasser oder Pflanzenrest beim Spielen schlucken könnten.
Abb.7: Benthische Cyanobakterien: dunkelgrüner Aufwuchs von fädigen Cyanobakterien aus der Gattung Oscillatoria (Bildquellen/Fotos: ©: Franziska Bauer, TU München)
Abb.8: Benthische Cyanobakterien: abgelöste benthische Oscillatoria-Matte (Bildquellen/Fotos: © Franziska Bauer, TU München)
Abb.9: Benthische Cyanobakterien: rötliche Matte der benthischen Cyanobakterien-Gattung Tychonema (Bildquellen/Fotos: © T. Wittling, Reg. v. Schwaben)
Abb.10: Benthische Cyanobakterien: abgelöste Tychonema-Teile im Wasser (Bildquellen/Fotos: © T. Wittling, Reg. v. Schwaben)
Überwachung der Badegewässer
Im Rahmen der amtlichen Überwachung der EU-Badestellen werden die Badestellen durch Mitarbeiter der Gesundheitsämter regelmäßig auch in Bezug auf Massenvorkommen von Cyanobakterien überprüft. Bei Verdacht auf eine Cyanobakterienblüte werden Wasserproben entnommen und für die mikroskopische Analyse an das Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) geschickt. Werden große Mengen an bekannten Toxin-produzierenden Cyanobakterienarten nachgewiesen, wird auch auf die Cyanobakterientoxingruppe Microcystine untersucht und deren Konzentration in der Probe bestimmt.
Bei einer Cyanobakterienblüte mit sehr geringer Sichttiefe, gegebenenfalls auch mit hohem Toxin-Gehalt im Wasser, kann das zuständige Gesundheitsamt vom Baden an der betroffenen Stelle abraten beziehungsweise ein Badeverbot aussprechen.
Was kann ich tun, um eine Belastung zu vermeiden?
Eine besondere Risikogruppe unter Badegästen sind im Uferbereich spielende Kleinkinder. Aufgrund ihres Spielverhaltens und durch ihren häufigen Hand-Mund-Kontakt können sie größere Mengen an Cyanobakterien aufnehmen (ebenso wie potenziell pathogene Mikroorganismen). Auch können ältere Kinder und Jugendliche beim Toben im Flachwasserbereich oder beim Schwimmen lernen größere Wassermengen aufnehmen.
Mit einfachen Regeln können Badende sich vor Cyanobakterien und den damit einhergehenden, möglichen Gesundheitsrisiken schützen:
- Warnhinweise und Verbote beachten!
- Bei grünlich oder rot trübem Wasser bzw. bei Vorkommen einer auf der Oberfläche schwimmenden grünen oder roten Schicht: Hautkontakt vermeiden, nicht ins Wasser gehen, kein Wasser schlucken!
- Achtung: in manchen Situationen ist Wasser schlucken fast unvermeidlich:
- Kinder toben im flachen Bereich
- Wassersport-Anfänger fallen oft ins Wasser
- Selbst prüfen: langsam knietief ins Wasser laufen, ohne das Sediment aufzuwirbeln: wenn die Füße nicht zu sehen sind, nicht baden! (siehe Abbildung 11 und 12)
Für Hunde können Cyanobakterien tödlich sein, da sie beim Baden in und beim Trinken von stark belastetem Wasser größere Mengen davon aufnehmen können. Dies geschieht zum Beispiel dadurch, dass sie sich nach dem Baden das Fell lecken oder abgelöste Matten von benthischen Cyanobakterien fressen (direkt aus dem Wasser oder kleinere Teile aus dem Fell). Hunde sind gegenüber Cyanobakterientoxinen sehr empfindlich und vermutlich werden Hunde durch den Geruch der Cyanobakterien (z.B. erdig durch Geosmin) angelockt, sodass sie diese aktiv fressen. Dies kann zu tödlichen Vergiftungen bei Hunden führen.
Abb.11: Das Wasser selbst prüfen: Sind die Füße nicht zu sehen? In diesem Fall bitte nicht baden! Quelle: Umweltbundesamt
Abb.12: Das Wasser selbst prüfen: Sind die Füße zu sehen? In diesem Fall kann gebadet werden. Quelle: Umweltbundesamt

