Pockenvirus-Infektionen der Nutztiere (Orthopoxviren, Parapoxviren)

Erreger

Man unterscheidet bei den Poxviridae die Subfamilie Chordopoxvirinae, in der sich die wichtigsten Erreger für Nutztiere finden. Die Pockenviren sind große (160 bis 300 nm) behüllte Partikel mit einem Doppelstrang-DNA-Genom. In dem Genus Orthopoxvirus (echte Pocken) sind Viren mit breiterem (z. B. Vacciniavirus und Kuhpockenvirus) und engem Wirtsspektrum (z. B. Mäusepockenvirus) gruppiert. Manche dieser Viren sind Zoonoseerreger, können also vom Tier auf den Menschen übertragen werden mit z. T. schwerer Krankheitsfolge, vor allem bei immunsupprimierten Personen. Ein weiteres Pockenvirus-Genus mit nutztierpathogenen Viren und ZoonoseerregHaut eines Schweines mit typischen Pockeneffloreszenzen.ern sind die Parapocken, die sich morphologisch leicht von den Orthopocken unterscheiden lassen (siehe Abbildungen 3 und 4).

Vorkommen und Übertragung

Die Pockenviren der Tiere sind noch weltweit verbreitet und im Gegensatz zu den originären Menschenpocken (Variola major und minor) keineswegs ausgerottet. Infektionen mit Pockenviren bei Mensch und Tier sind überwiegend Infektionen der verletzten Haut oder der Schleimhäute mit lokaler Begrenzung (Parapocken der Wiederkäuer) oder systemischer Virusverbreitung (Orthopoxviren). Kontakt- und Schmierinfektionen sind die Regel.

Krankheitsbild

Kopf eines Schafes mit Lippengrind.

Abbildung 2: Kopf eines Schafes mit Lippengrind.

Die Manifestation der Pockeninfektion erfolgt zumeist in der Haut in Form von Pockenpusteln oder klein- bis großflächigen, entzündlichen Hautläsionen. Oftmals sind die Läsionen beim Tier wegen des Fells oder Federkleids (Geflügelpocken) schwer zu erkennen. Beim Tier kommen bakterielle Sekundärinfektionen, die das Krankheitsbild stark verschlimmern, häufig vor. Hautdefekte mit Pustel- oder Vesikelbildung treten auch bei anderen seuchenmedizinisch bedeutenden Viruskrankheiten der Tiere auf und sind klinisch meist nicht eindeutig diagnostizierbar. Deshalb ist die Labordiagnostik zur spezifischen Virusdifferenzierung unerlässlich.

Diagnostik

Für die Identifizierung akuter Pockeninfektionen ist immer ein Virusnachweis nötig. Der Virusnachweis gelingt nur aus Proben befallener Organe mit klinisch sichtbaren Veränderungen, d. h. Haut- oder Schleimhautentzündungen bzw. pockenartigen Läsionen (i. d. R. durch Bakterieninfektionen verschlimmert). Entzündlich gerötetes oder unverändertes Randgewebe von Hautdefekten (Biopsiematerial) ist besser für den Virusnachweis geeignet als nekrotisch abgestorbenes Gewebe. Biopsieproben zur Diagnose müssen unbedingt vor einer Behandlung entnommen werden. Blutproben sind gänzlich ungeeignet. Zur ganz schnellen Diagnose mit Unterscheidung von "echten" (Orthopocken) von Parapocken wird am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) die Elektronenmikroskopie (siehe Abbildung) eingesetzt, allerdings ist sie nur gering sensitiv (105 Viruspartikel müssen in der Probe vorhanden sein).

Spezifische PCR-Verfahren werden zum hochsensitiven Virus-Genomnachweis und zur molekularen Differenzierung von Ortho- und Parapoxviren angewandt.

Nach vermuteter Pockenvirusinfektion werden retrospektiv im Serum Antikörperbestimmungen bei speziellen Orthopoxvirusinfektionen durchgeführt, aber wegen der schlechten Antikörperbildung selten nach Parapocken-Infektionen.

Vergleichende elektronenmikroskopische Darstellung (Negative-staining-Verfahren)

Vergleichende elektronenmikroskopische Aufnahme von Orthopoxvirus-Partikeln (Abbildung 3) und eines Parapoxvirus-Partikles (Abbildung 4) im Negativkontrast. Die großen behüllten Virionen besitzen einen Durchmesser von 230-350 nm. Orthopoxvirus-Partikel haben eine Quaderform (backsteinartig) und Parapoxviren eine charakteristische Wollknäuelform.

Parapoxviruspartikel

Abbildung 4: Parapoxviruspartikel

Gesetzliche Regelungen, Referenzlabore

  • EU RL 92/119 in Verbindung mit VO Anzeigepflichtige Tierseuchen und Tierimpfstoff-VO
  • EU-Referenzlabor Institute for Animal Health, Pirbright, United Kingdom
  • Nationales Referenzlabor, Friedrich-Loeffler-Institut, 17493 Greifswald, Insel Riems

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