Untersuchung von Badegewässern auf Blaualgentoxine
Ergebnisse 2017/2018

Hintergrund

Warme Temperaturen in den Sommermonaten und Nährstoffeinträge in Badegewässer führen zu günstigen Vermehrungsbedingungen für Blaualgen (Cyanobakterien). Tritt eine Massenvermehrung von Blaualgen auf, wird dies als Algenblüte bezeichnet. Eine Algenblüte ist dadurch gekennzeichnet, dass das Gewässer stark getrübt ist und/oder die Algen an der Wasseroberfläche in Teppichen aufschwimmen. Im Rahmen solcher Algenblüten können zum Teil stark toxische Wirksubstanzen, die Blaualgentoxine, auch als Cyanotoxine bezeichnet, von den Blaualgen ins Wasser abgegeben werden. Es handelt sich dabei insbesondere um Peptide und Alkaloide, die schädigend für die Leber und die Nerven sind, zum Teil mit auffällig hoher akuter Toxizität in tierexperimentellen Untersuchungen. Zu den bekannten Cyanotoxinen gehören u. a. Microcystine, Nodularin, und Anatoxine. Die bisherigen Erfahrungen bei der Exposition gegenüber Cyanobakterien im Rahmen der Freizeitnutzung von belasteten Gewässern zeigen, dass gelegentlich leichte, vorübergehende Krankheitserscheinungen im Bereich des Magen-Darm-Trakts, der Haut und des Atmungsapparats auftreten können [1].

Badegewässer werden gemäß Bayerischer Badegewässerverordnung hinsichtlich hygienisch-mikrobiologischer Parameter sowie einem möglichen Massenvorkommen von Blaualgen überwacht. Bei Verdacht auf hohe Konzentrationen von Blaualgen in einem Badegewässer werden von den örtlichen Gesundheitsämtern Proben entnommen. Das LGL untersucht diese Wasserproben mit dem Ziel, Toxin produzierende Algengattungen durch ein mikroskopisches Verfahren nach Art und Anzahl nachzuweisen und in Proben mit einem positiven Nachweis von solchen Algen die Konzentration an Cyanotoxinen analytisch zu bestimmen. Das Ergebnis der Untersuchung unterstützt das Gesundheitsamt bei der Festlegung von Maßnahmen, um eine Gesundheitsgefahr durch den Kontakt mit toxinhaltigem Badegewässer abzuwenden.

Die Kombination aus mikroskopischer Untersuchung, verbunden mit dem analytischen Nachweis der Einzeltoxine, hat das Ziel, dem Einsender der Proben zeitnah eine Abschätzung von möglichen gesundheitlich nachteiligen Effekten des Badens im betroffenen Gewässer mitzuteilen. Dies kann dazu führen, dass das Badegewässer für das Publikum gesperrt werden muss. Zum Teil müssen vom Gesundheitsamt auch schon Maßnahmen (z.B. Warnhinweise, Badeverbote) ergriffen werden, bevor das Ergebnis der Toxinbestimmung vorliegt. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn aufgrund des optischen Zustands des Badegewässers (starke Algenblüte) eine Gesundheitsgefährdung für die Badenden nicht ausgeschlossen werden kann oder die starke Trübung eines Gewässers ein Sicherheitsrisiko darstellt.

Untersuchungen

Als Untersuchungsparameter wählte das LGL mehrere Microcystine sowie Nodularin als sogenannte „konstitutionelle Toxine“ aus, die in der Regel immer entstehen, wenn die Cyanobakterien das entsprechende Gen für ihre Bildung besitzen [1].

Um diese Untersuchung effizient durchführen zu können, hat sich ein Vorgehen bewährt, bei dem dasLGL zunächst eine mikroskopische Untersuchung vornimmt und dabei die Blaualgen-Gattungen halbquantitativ erfasst. Wenn diese in relevanten Konzentrationen vorhanden sind, quantifiziert das LGL die eigentlichen Toxine mit chemisch-analytischen Verfahren. Bei der chemisch-analytischen Bestimmung wird eine Kombination aus einem Screening-Verfahren mittels ELISA (Enzyme-linked Immunosorbent Assay) und einer Absicherung mittels HPLC-Analyse (HPLC: high performance liquid chromatography - Hochleistungsflüssigkeitschromatographie) durchgeführt.

Im Jahr 2018 untersuchte das LGL insgesamt 131 Proben auf ihren Gehalt an Blaualgentoxinen und damit mehr als doppelt so viel wie in den beiden vorausgehenden Berichtsjahren (2017: 54 Proben; 2016: 52 Proben).

Untersuchungsergebnisse

Screening mit ELISA

Bei allen untersuchten Proben hatte die mikroskopische Untersuchung bereits die Anwesenheit von mindestens einer der folgenden Gattungen erbracht: Anabaena, Aphanizomenon, Microcystis, Oscillatoria und Planktothrix. Alle diese Gattungen sind potenziell in der Lage, Cyanotoxine zu bilden. Zur ersten Orientierung setzt das LGL eine schnell durchführbare immunologische Methode (eine microcystinbasierte ELISA-Methode) ein. Mit dieser kann das LGL schon nach kurzer Zeit Proben ausschließen, bei denen keine oder nur mit geringer Wahrscheinlichkeit gesundheitlich nachteiliger Effekte bestehen. Die Ergebnisse und ihre Bewertung sind in denTabellen dargestellt.

Tabelle 1: Microcystingehalt von 54 Proben von Badegewässern mit der ELISA-Methode 2017
Microcystin-gehalt < 1 µg/l bis 2 µg/l bis 10 µg/l bis 30 µg/l bis 100 µg/l bis 1000 µg/l
Zahl der Proben

25

3

14

2

5

3

Bewertung*

negativ

negativ

gering

Absicherung

Absicherung

Absicherung

*) Bewertung hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit adverser Effekte
Tabelle 2: Microcystingehalt von 117 Proben von Badegewässern mit der Elisa-Methode 2018
Microcystin-gehalt < 1 µg/l bis 2 µg/l bis 10 µg/l bis 30 µg/l bis 100 µg/l über 100 µg/l
Zahl der Proben

60

6

17

14

11

9

Bewertung*)

negativ

negativ

gering

Absicherung

Absicherung

Absicherung

*) Bewertung hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit adverser Effekte

Differenzierung mit HPLC

Bei Proben, die im ELISA-Verfahren einen Gehalt von über 10 µg/l ergeben hatten, sowie bei Proben mit einem hohen Biomassegehalt an Algen der Gattung Microcystis erfolgte eine Untersuchung mit dem HPLC-Verfahren zur Ermittlung des genauen Gehalts an Microcystinen. Dabei wurden die einzelnen Toxine nach einer chromatographischen Trennung quantifiziert und dann die Bewertung hinsichtlich einer moderaten oder hohen Wahrscheinlichkeit adverser Effekte getroffen. teiliger Effekte.

Tabelle 3: Microcystingehalt der untersuchten Proben von Badegewässern 2017
Summe der
Microcystine

bis 10 µg/l

bis 30 µg/l

bis 100 µg/l

bis 1000 µg/l

Zahl der Proben

1

2

5

2

Bewertung*)

gering

moderat

hoch

hoch

*) Bewertung hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit adverser Effekte
Tabelle 4 : Microcystingehalt der untersuchten Proben von Badegewässern 2018
Summe der
Microcystine

bis 10 µg/l

bis 30 µg/l

bis 100 µg/l

über 100 µg/l

Zahl der Proben

12

15

13

9

Bewertung*)

gering

moderat

hoch

hoch

*) Bewertung hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit adverser Effekte

Es zeigte sich, dass 37 der hier untersuchten Proben und damit 28% der eingesandten Proben in die Kategorie mit einer moderaten oder hohen Wahrscheinlichkeit adverser Effekte einzuordnen waren. Als „moderat“ eingestuft wurden 15 Proben (11%) und als hoch eingestuft wurden 22 Proben (17%).
Aus drei Proben, die schon im Elisa-Verfahren mit > 1000 µg/l außerhalb des verwendeten Messbereichs waren, ergab sich mit 17.300 µg/l ein bisher noch nicht erreichter Maximalwert in einem Badegewässer mit massenhaft aufschwimmenden Blaualgen.

Fazit

Die dreistufige Kaskade der Untersuchungsverfahren (Mikroskopie – ELISAHPLC-Verfahren) ermöglicht es, den Einsatz von arbeitsintensiven Analysenverfahren für gering belastete Badewässer einzuschränken. Für den Konzentrationsbereich mit einer moderaten oder hohen Wahrscheinlichkeit adverser Effekte sind in der Regel sowohl die Ergebnisse von ELISA als auch HPLC-Verfahren verfügbar. In diesen Konzentrationsbereich konnten im Berichtsjahr 32% der eingesandten Proben eingeordnet werden. Im Vergleich zu 2017 (17%) stellt dies eine Steigerung dar.

Literatur

[1] Empfehlung des Umweltbundesamts zum Schutz von Badenden vor Cyanotoxinen; Bundesgesundheitsbl. 58:908-920 (2015)