Epizootische Hämorrhagie der Hirsche (Epizootic Hemorrhagic Disease, EHD)

Erreger

Die Epizootische Hämorrhagie (EHD) ist eine virale Infektionskrankheit bei Wild- und Hauswiederkäuern (Anzeigepflicht, Seuche der Kategorie D + E gem. DVO (EU) 2018/1882). Der Erreger gehört zum Genus Orbivirus innerhalb der Familie der Sedoreoviridae und ist nah verwandt mit dem Virus der Blauzungenkrankheit. Es sind bisher sieben verschiedene Serotypen des EHD-Virus (EHDV) offiziell anerkannt, drei weitere Serotypen wurden beschrieben.

Vorkommen und Übertragung

Das EHDV ist weltweit in Nord- und Südamerika (vor allem in Wildtierpopulationen), in Asien, Afrika, im Mittelmeerraum (Israel, Türkei, Tunesien, Algerien, Marokko) und Australien verbreitet. Seit November 2022 ist der Serotyp 8 des Virus erstmals auch in europäischen Ländern aufgetreten, zunächst in Spanien und Italien, seit 2023 auch in Portugal und Frankreich, wo sich die Krankheit stark ausgebreitet hat. Besonders betroffen sind Weißwedelhirsche in Nordamerika, es können sich aber auch andere Hirschartige infizieren. Bei den Nutztieren erkranken vor allem Rinder an EHD. Schafe und Ziegen werden dagegen deutlich seltener infiziert.

Wie bei der Blauzungenkrankheit (BT) erfolgt die Übertragung des EHDV vektorbedingt durch Gnitzen (blutsaugende Mücken der Gattung Culicoides); durch eine erhöhte Vektoraktivität in der warmen Jahreszeit ist eine saisonale Häufung von Ausbrüchen zu beobachten. Die Virämiephase kann bei infizierten Wiederkäuern bis zu 2 Monate andauern.

Da in europäischen Nachbarländern in den letzten Monaten immer wieder Infektionen nachgewiesen wurden und aufgrund einer erhöhten Aktivität der Gnitzen in der warmen Jahreszeit sollte auch EHD als Differentialdiagnose in Betracht gezogen werden.

Die EHD ist eine reine Tierseuche; der Erreger ist nicht auf den Menschen übertragbar.

Krankheitsbild

Bei Wildwiederkäuern, vor allem beim Weißwedelhirsch, verläuft die Krankheit in der Regel akut und meist tödlich. Unter den Nutztieren sind vor allem Rinder von der Erkrankung betroffen; hier ist das Krankheitsbild klinisch nicht von einer Infektion mit BTV zu unterscheiden. In vielen Fällen verläuft die Infektion bei Rindern subklinisch, vor allem bei älteren Tieren können aber auch schwere Krankheitsverläufe auftreten. Nach einer Inkubationszeit von 2 bis 10 Tagen reichen die Symptome von Fieber über Fressunlust, Speicheln, Schluckbeschwerden bis hin zu Ödemen, Blutungen, Erosionen und Ulzerationen im Maulbereich und am Kronsaum. Todesfälle sind aber selten. Bei trächtigen Tieren kann es zu Aborten oder zu Missbildungen der Föten kommen. In Milchviehbetrieben kann ein Abfall der Milchleistung beobachtet werden. Bei anderen Hauswiederkäuern verläuft die Infektion in der Regel asymptomatisch. Infektionen mit dem BTV können nur mit Hilfe von Laboruntersuchungen von EHDV unterschieden werden.

Diagnostik

Als Untersuchungsmaterial sind ausschließlich EDTA-Blutproben vom lebenden Tier sowie Organe von verstorbenen Tieren geeignet, die zur Sektion eingereicht wurden. Die Methode der Wahl für den Virusnachweis ist die molekulare Diagnostik in Form der Polymerase-Kettenreaktion für RNA-Viren (RT-Realtime PCR). Zuerst wird ein Screening-Test durchgeführt, der alle wesentlichen Serotypen des Virus erfasst. Die genaue Bestimmung des Serotyps erfolgt anschließend in weiterführenden Untersuchungen im Nationalen Referenzlabor für EHD am Friedrich-Loeffler-Institut. Das PCR-Testverfahren ist auch für Pooluntersuchungen zugelassen, hierbei können bis zu 10 EDTA-Blutproben in einem Pool untersucht werden. Für den Antikörpernachweis steht ein kommerzieller ELISA-Test zur Verfügung, die Antikörper gegen alle wichtigen Serotypen erfassen.

Bekämpfung und Prävention

Nach AHL sind von der EHD betroffene Länder in Europa verpflichtet, Maßnahmen durchzuführen, um die räumliche und zeitliche Ausbreitung der Seuche zu überwachen. Insgesamt sind die Handlungsoptionen für EHDV, wie auch für BTV, begrenzt. Neben dem Schutz der Tiere vor Vektoren wird die Impfung als einzige Möglichkeit empfohlen, um empfängliche Tiere effektiv vor einer Erkrankung zu schützen. Aktuell gibt es in Europa einen zugelassenen Impfstoff gegen EHD, Serotyp 8, für Rinder. Um die Ausbreitung der Erkrankung einzudämmen, wurde in Frankreich ab September 2024 damit begonnen, in der Rinderpopulation einen Impfgürtel von 50 km Breite entlang der Grenzen der EHD-Restriktionszonen anzulegen. Mit dieser Maßnahme konnte die Verbreitung der EHD erfolgreich verlangsamt werden. Auch in Belgien sind Tierhalter seit dem Jahr 2025 verpflichtet, ihre Rinder gegen EHD zu impfen.

Gesetzliche Regelungen

(in der jeweils geltenden Fassung)

  • EU-Tiergesundheitsgesetz („Animal Health Law - AHL“): VO (EU) 2016/429
  • Delegierte Verordnung (EU) 2020/688
  • Delegierte Verordnung (EU) 2020/689
  • Delegierte Verordnung (EU) 2018/1882
  • Tiergesundheitsgesetz
  • Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen