Blauzungenkrankheit

Aktuelle Informationen

Erste Fälle der Blauzungenkrankheit (BT) vom Serotyp 3 in den Niederlanden, Belgien und Deutschland

Nach den Ausbrüchen der Blauzungenkrankheit vom Serotyp 3 bei Schafen in den Niederlanden (21.09.2023) und in Belgien (09.10.2023) bestätigte das nationale Referenzlabor für Blauzungenkrankheit des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) am 12.10.2023 die erste Infektion mit BTV-3 in Deutschland. Betroffen war eine Schafhaltung im Kreis Kleve, Nordrhein-Westfalen (NRW), nahe der niederländischen Grenze. In NRW und Niedersachsen kam es mittlerweile zu weiteren Ausbrüchen. Diese Bundesländer sowie Bremen setzen ihren Status „frei von BTV“ aufgrund dessen aus.

Direkt betroffene Regionen verlieren den Status „seuchenfrei“ nach der Durchführungsverordnung (EU) 2021/620 der Kommission, was zu Handelsbeschränkungen für die betroffenen Regionen führen kann.

Die gesamten Niederlande und Belgien haben den Status „frei von BTV“ verloren.

Neue Bedingungen zum innergemeinschaftlichen Verbringen

Infolge des aktuellen Ausbruchsgeschehens durch das BT-Virus in Europa hat die Europäische Kommission am 14.11.2023 neue Bedingungen veröffentlicht für das innergemeinschaftliche Verbringen von Rindern, Schafen und Ziegen nach Deutschland aus Mitgliedstaaten und Zonen, die nicht frei von Infektionen mit dem Virus der Blauzungenkrankheit (BTV) sind.

Veröffentlichung der EU-Kommission zum innergemeinschaftlichen Verbringen aus Mitgliedstaaten und nicht BTV-freien Zonen nach Deutschland Stand 14.11.2023

In Bayern sollten insbesondere kleine Wiederkäuer und Rinder mit BTV-typischen klinischen Symptomen im Rahmen der Früherkennung auf das Vorliegen einer entsprechenden Infektion untersucht werden.

Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI): Weitere Informationen zur Blauzungenkrankheit (BT) und zum aktuellen Ausbruchsgeschehen.

Bayern gilt seit dem 25.06.2021 als Gebiet mit Status „seuchenfrei“ in Bezug auf Blauzungenkrankheit (BT)

  • Gegebenenfalls durchgeführte BT-Impfungen sind in Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere (HIT) einzutragen.

Neues EU-Tiergesundheitsrecht

Am 21.04.2021 trat das neue EU-Tiergesundheitsrecht in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Kraft. Nach dem neuen Recht werden Gebiete mit unterschiedlichem Seuchenstatus in Bezug auf die Blauzungenkrankheit (BT) eingeteilt in:

  1. Gebiet mit Status „seuchenfrei“
  2. Gebiet mit Tilgungsprogramm
  3. Gebiet weder mit Status „seuchenfrei“ noch mit Tilgungsprogramm

Informationen zur Blauzungenkrankheit

Erreger

Das Virus der Blauzungenkrankheit (Bluetongue-Virus, BTV) gehört zum Genus Orbivirus der Familie Reoviridae. BTV enthalten ein segmentiertes RNA-Genom aus zehn Segmenten. Bislang sind mindestens 27 Serotypen bekannt. In Zentraleuropa und in Deutschland trat das Virus dieser ehemals "exotischen", anzeigepflichtigen Tierseuche (Ursprung in Afrika) erstmals 2006 durch den Nachweis des BTV vom Serotyp 8 auf. Nach den letzten Fällen in Jahr 2009 war Deutschland von 2012 bis Dezember 2018 offiziell frei von der Tierseuche. Im Dezember 2018 jedoch wurden erste Fälle von BTV-8 Infektionen in Baden- Württemberg bestätigt.

Vorkommen und Übertragung

Der Erreger kommt weltweit in tropischen und subtropischen Regionen (auch in den USA) vor. Die Übertragung von Tier zu Tier geschieht über blutsaugende Insekten (Gnitzen), in denen sich das Virus produktiv vermehren und längere Zeit verweilen kann. Auch in Deutschland heimische Gnitzen (Culicoides-Arten) sind geeignet. Betroffen sind Schafe, Ziegen und Rinder; Rehe und Hirsche sind ebenfalls empfänglich. Der Infektionszyklus ist Vektor-abhängig (Gnitzenpräsenz), die Infektion erfolgt also nicht von Tier zu Tier, sondern nur über die Vektoren (Arthropoden übertragene Viren = Arboviren, athropod borne). Infizierte, auch nicht erkrankte Tiere können eine über Wochen andauernde Virämie aufweisen und so ein Virusreservoir bilden.

Krankheitsbild

In der Regel entwickeln sich nur bei Schafen schwere klinische Symptome. Eine schwere Allgemeinerkrankung mit hoher Mortalität (ca. 30%) tritt dabei vor allem bei europäischen Schafrassen auf. Die Schwere der Symptomatik wird auch vom Serotyp und der Virulenz einzelner Virusisolate bestimmt. Bei erkrankten Schafen sieht man häufig Entzündungen der Kopfschleimhäute. Durch virusbedingte Zerstörung der Gefäßwände (Endothel) bilden sich Ödeme der Maul- und Nasenschleimhäute, in seltenen Fällen ist auch die Zunge so stark betroffen, dass eine sichtbare Blauverfärbung auftritt. Infizierte Rinder zeigen in der Regel weniger ausgeprägte Symptome, Aborte sind häufig die einzigen Anzeichen der BTV-Infektion beim Rind. Es gibt aber, je nach den Eigenschaften der Virusstämme und den jeweils infizierten Tierrassen, auch schwere Krankheitsverläufe. Es können die Kopfschleimhäute, das Flotzmaul, das Zahnfleisch und die Euterzitzen betroffen sein mit gravierend schlechtem Allgemeinbefinden, sodass eine Euthanasie nötig wird.

Diagnostik

Die Methode der Wahl für den Virusnachweis ist die molekulare Diagnostik in Form der Polymerase-Kettenreaktion für RNA-Viren (RT-PCR). Zunächst wird in einem Screeningtest, der alle wichtigen Serotypen des Virus erfasst, untersucht. Die Bestimmung des Serotyps erfolgt gegebenenfalls in weiteren Untersuchungen. Als Untersuchungsmaterial eignen sich vom lebenden Tier nur EDTA-Blutproben sowie Organe aus toten Tieren, die zur Sektion eingesandt wurden. Für den Antikörpernachweis stehen kommerzielle leistungsfähige ELISA-Tests zur Verfügung, die Antikörper gegen alle wichtigen Serotypen erfassen, allerdings keine Unterscheidung zwischen Antikörpern gegen Feldvirusinfektionen und Antikörpern nach Impfungen zulassen.

Gesetzliche Regelungen

  • EU-Tiergesundheitsgesetz („Animal Health Law - AHL“): VO (EU) 2016/429
  • Delegierte Verordnung (EU) 2020/689
  • Tiergesundheitsgesetz
  • Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen in der jeweils gültigen Fassung
  • Verordnung zum Schutz gegen die Blauzungenkrankheit

 

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