Häufig gestellte Fragen (FAQs) zum neuen Tierarzneimittelrecht

Hintergrundinformation

Seit dem 28. Januar 2022 sind die EU-Tierarzneimittel-Verordnung [Verordnung (EU) 2019/6 über Tierarzneimittel] und in Deutschland zusätzlich das neu geschaffene Tierarzneimittelgesetz anzuwenden. Ziel der neuen EU-weiten Vorgaben ist es u. a., den europäischen Binnenmarkt für Tierarzneimittel zu harmonisieren und die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen einzudämmen. Mit dem neuen Tierarzneimittelrecht kommt es zu rechtlichen Änderungen, die u. a. sowohl Tierärztinnen und Tierärzte als auch Tierhaltende sowie Tierheilpraktikerinnen und Tierheilpraktiker betreffen.

Auf dieser Seite finden Sie Antworten auf einige der häufig gestellten Fragen. Hinter jeder Frage steht in Klammern die Personengruppe, für die die Frage relevant sein könnte (TA = Tierärztin bzw. Tierarzt, TH = Tierhalterin bzw. Tierhalter, THP = Tierheilpraktikerin bzw. Tierheilpraktiker).
Bitte beachten Sie, dass die Fragensammlung kontinuierlich ergänzt wird und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Rechtlich bindend sind einzig die Rechtstexte.

Übersicht der verwendeten Abkürzungen:
Abkürzung Bedeutung der Abkürzung
AMG Arzneimittelgesetz
AuA-Beleg Tierärztlicher Anwendungs- und Abgabebeleg
BtMG Betäubungsmittelgesetz
DVO Durchführungsverordnung
EMA European Medicines Agency (Europäische Arzneimittelagentur)
EU Europäische Union
EWR Europäischer Wirtschaftsraum (entspricht den EU-Mitgliedstaaten plus Island, Liechtenstein und Norwegen)
TA Tierärztin bzw. Tierarzt
TÄHAV Verordnung über tierärztliche Hausapotheken
TH Tierhalterin bzw. Tierhalter
THAMNV Tierhalter-Arzneimittelanwendungs- und Nachweisverordnung
THP Tierheilpraktikerin bzw. Tierheilpraktiker
TAMG Tierarzneimittelgesetz
EU-Tierarzneimittel-Verordnung Verordnung (EU) 2019/6 über Tierarzneimittel
BVerfG Bundesverfassungsgericht

1. Rechtsgrundlagen

1.1 Welche neuen Rechtsgrundlagen sind seit dem 28.01.2022 gültig? (TA, TH, THP)

Seit dem 28.01.2022 sind die EU-Tierarzneimittel-Verordnung (Verordnung (EU) 2019/6*) und das neu geschaffene Tierarzneimittelgesetz (TAMG**) in Deutschland anzuwenden.
Nachgeordnete Rechtsgrundlagen, wie etwa die Verordnung über Tierärztliche Hausapotheken (TÄHAV) oder die Tierhalter-Arzneimittelanwendungs- und Nachweisverordnung (THAMNV), sind grundsätzlich weiterhin in allen Teilen gültig, die nicht im Widerspruch zum EU-Recht stehen. Eine Anpassung an die geänderte Rechtslage wird noch erfolgen. Der Zeithorizont hierfür ist nicht bekannt.

[*Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG, Amtsblatt der Europäischen Union vom 07.01.2019, L4/43; **Tierarzneimittelgesetz vom 27. September 2021 (BGBl. I S. 4530)]

1.2 Ist die TÄHAV noch gültig? (TA)

Ja, die Verordnung über tierärztliche Hausapotheken (TÄHAV) bleibt weiterhin gültig. Die inhaltliche Anpassung an die Rechtsvorgaben der EU steht allerdings noch aus.
Aktuell kann es daher vorkommen, dass einzelne Vorgaben der TÄHAV nicht mehr gelten, wenn diese im Widerspruch zu höherrangigem Recht stehen.
Zu nennen ist hier insbesondere die Wartezeit, die nun in der EU-Tierarzneimittel-Verordnung geregelt ist.

1.3 Wo werden Arzneifuttermittel (früher „Fütterungsarzneimittel“) geregelt? (TA, TH)

Arzneifuttermittel fallen nicht unter den Geltungsbereich der EU-Tierarzneimittel-Verordnung, sondern werden im EU-Futtermittelrecht in der Arzneifuttermittel-Verordnung [VO (EU) 2019/4] geregelt.

[Art. 2 Abs. 7 Buchstabe e VO (EU) 2019/6]

1.4 Wo sind die ergänzenden Rechtsakte zur VO (EU) 2019/6 zu finden? (TA, TH, THP)

Um die EU-Tierarzneimittel-Verordnung weiter auszugestalten und Details für ihre Umsetzung festzulegen, werden sogenannte delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte erlassen. Eine Übersicht über bereits erlassene sowie kommende Rechtsakte findet man über folgende Website der Europäischen Kommission:

Implementation (europa.eu)

1.5 Das neue Tierarzneimittelrecht verwendet neben dem Begriff der „Abgabe“ die Begriffe „auf dem Markt bereitstellen“ und „in Verkehr bringen“. Wie unterscheiden sich diese Begriffe? (TA, TH, THP)

Die Begriffe „Abgabe“ und „auf dem Markt bereitstellen“ umfassen jede Art von Abgabe. „Inverkehrbringen“ ist – anders als bisher – nach neuem Recht definiert als die erstmalige Bereitstellung eines Tierarzneimittels auf dem Markt. Damit ist i.d.R. die Markteinführung durch ein pharmazeutisches Unternehmen gemeint.

[§ 2 Abs. 2 Nr. 1 TAMG; Art. 4 Nr. 35 VO (EU) 2019/6]

2. Kategorisierung von Arzneimitteln

2.1 Gibt es weiterhin eine Unterteilung in verschreibungspflichtige, apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel? (TA, TH, THP)

Ja, die Unterteilung von Arzneimitteln in die Kategorien verschreibungspflichtig, apothekenpflichtig und freiverkäuflich bleibt weiterhin bestehen. Bei der Einstufung der Tierarzneimittel wird ein neuer Ansatz verfolgt: die Kategorisierung erfolgt produktbezogen und nicht mehr stoffbezogen.

[Art. 34 VO (EU) 2019/6; § 40 TAMG]

3. Bezug von Arzneimitteln und Stoffen

3.1  Ist der Internethandel mit Tierarzneimitteln erlaubt? (TH)

Gemäß Artikel 104 der VO (EU) 2019/6 ist der Handel mit apothekenpflichtigen, nicht verschreibungspflichtigen Tierarzneimitteln über das Internet erlaubt. Der Internethandel mit verschreibungspflichtigen Tierarzneimitteln ist in Deutschland nicht erlaubt.

3.2 Woran erkennen Tierhaltende zulässige Internetapotheken für Tierarzneimittel? (TH)

Zulässige Internetapotheken für Tierarzneimittel sind
durch ein gemeinsames, EU-zertifiziertes Logo gekennzeichnet.

EU-Logo Internetapotheke

[Art. 104 Abs. 5 Buchstabe c VO (EU) 2019/6; DVO (EU) 2021/1904 KOM]

4. Abgabe von Arzneimitteln

4.1 Bleibt das tierärztliche Dispensierrecht weiterhin erhalten? (TA)

Ja. Tierärztinnen und Tierärzte dürfen auch weiterhin im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke Arzneimittel für die von ihnen behandelten Tiere abgeben.

[§ 44 TAMG]

4.2 Wie müssen Tierärztinnen und Tierärzte Tierarzneimittelteilmengen, wie z.B. Tablettenblister, kennzeichnen, um sie an Tierhaltende abgegeben zu dürfen? (TA)

Bleibt die Primärverpackung erhalten, gilt, dass für jede abgeteilte Menge eine Packungsbeilage beizulegen und die Chargenbezeichnung sowie das Verfallsdatum anzugeben ist.

Bei der Abgabe von abgeteilten Mengen aus einer Primärverpackung (z.B. umgefüllte Injektionslösung in einer Spritze) erfolgt eine sachgerechte Kennzeichnung durch die Angaben, die durch TÄHAV und AMG in der vor dem 28.01.2022 gültigen Form vorgegeben waren. Bei einer Änderung der Verpackung müssen bei der Wahl der Materialien Qualitätsaspekte beachtet werden.

[Art. 88 Abs. 3 VO (EU) 2019/6; § 10 Abs. 2 TÄHAV]

4.3 Dürfen Arzneimittel im Rahmen einer Praxisübernahme an die Nachfolgerin bzw. den Nachfolger abgegeben werden? (TA)

Ja, allerdings ist die Abgabe auf Tierarzneimittel begrenzt. Eine Weitergabe von Humanarzneimitteln an Praxisnachfolgerinnen bzw. Praxisnachfolger ist im neuen Recht nicht vorgesehen. Für Tiere zugelassene Betäubungsmittel dürfen gem. den betäubungsmittelrechtlichen Vorgaben im Rahmen der Praxisnachfolge übergeben werden.

[§ 44 Abs. 4 TAMG; § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d BtMG]

4.4 Bleibt die 7/31-Tage-Regelung weiterhin bestehen? (TA)

Die EU-Tierarzneimittel-VO legt fest, dass die Menge der verschriebenen (in Deutschland auch der abgegebenen) Arzneimittel auf die Menge beschränkt wird, die für die betreffende Behandlung oder Therapie erforderlich ist. Zudem dürfen antimikrobiell wirksame Arzneimittel für die Meta- oder Prophylaxe nur für einen begrenzten Zeitraum verschrieben werden, der den Risikozeitraum umfasst.
In Deutschland wird die Abgabe von verschreibungspflichtigen Tierarzneimitteln zur Anwendung bei Lebensmittel liefernden Tieren im Tierarzneimittelgesetz durch die 7/31-Tage Regelung ergänzt. Antimikrobielle Tierarzneimittel, zu denen neben Antibiotika auch Virostatika, Antimykotika und Antiprotozoika zählen, unterliegen hierbei der 7-Tage-Regelung, wenn sie nicht ausschließlich zur lokalen Anwendung vorgesehen sind. Für alle übrigen verschreibungspflichtigen Tierarzneimittel gilt die 31-Tage Regelung.

[§ 44 Abs. 3 TAMG; Art. 4 Nr. 12, Art. 105 Abs. 6 VO (EU) 2019/6]

4.5 Dürfen Tierärztinnen und Tierärzte weiterhin systemisch wirksame Antibiotika für Lebensmittel liefernde Tiere für den laut Packungsbeilage vorgesehenen Behandlungszeitraum abgeben, auch wenn dieser sieben Tage überschreitet? Oder gilt hier die 7-Tage-Regelung vorrangig? (TA)

Die 7/31-Tage-Regelung ist eine Konkretisierung der zulässigen Abgabemenge. Diese ergibt sich aus der Dauer der Anwendung und der Zahl der ggf. innerhalb der 7/31 Tage nach Abgabe auftretenden Behandlungsfälle. Sofern die Zulassungsbedingungen für den einzelnen Behandlungsfall eine längere Anwendungsdauer als 7/31 Tage vorsehen, kann für diesen entsprechend längeren Zeitraum abgegeben werden.

[Art. 105 Abs. 6, Art. 106 Abs. 1 VO (EU) 2019/6; § 44 Abs. 3 TAMG]

5. Tierärztliche Verschreibung und Behandlungsanweisung

5.1 Kann die Packungsbeilage als tierärztliche Behandlungsanweisung gelten? (TA, TH)

Nein. Die Packungsbeilage beinhaltet nicht alle rechtlich für die Behandlungsanweisung geforderten Angaben.

[§ 44 Abs. 2 TAMG]

5.2 Müssen Tierärztinnen und Tierärzte den Tierhaltenden eine neue schriftliche Behandlungsanweisung aushändigen, wenn diese Restmengen aus einer vorherigen Abgabe bei einem neu aufgetretenen Behandlungsfall anwenden sollen? (TA)

Eine Anwendung von Restmengen aus einer vorherigen Abgabe durch Tierhaltende ist nur möglich, wenn ihnen von der Tierärztin bzw. vom Tierarzt eine aktuelle Behandlungsanweisung für den betreffenden Fall ausgehändigt wurde.

[§ 50 Abs. 2 und 3 TAMG]

5.3 Müssen Tierärztinnen und Tierärzte bei jeder Abgabe eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels eine Verschreibung ausstellen? (TA)

Ja. Eine Verschreibung darf nur dann unterbleiben, wenn die Tierärztin oder der Tierarzt das Arzneimittel persönlich verabreicht.

[Art. 4 Nr. 33, Art. 105 Abs. 12 VO (EU) 2019/6]

5.4 Müssen Tierärztinnen und Tierärzte Tierhaltenden bei jeder Abgabe von Arzneimitteln auch eine Verschreibung aushändigen? (TA)

Wenn die Tierärztin bzw. der Tierarzt das verschriebene Arzneimittel selbst anwendet oder abgibt, muss den Tierhaltenden die Verschreibung nicht ausgehändigt werden, sondern kann in der tierärztlichen Hausapotheke verbleiben und zu Nachweiszwecken dienen.

Weder die Verordnung (EU) 2019/6 noch das TAMG verlangen ausdrücklich das Aushändigen der Verschreibung.

Anders verhält es sich bei der schriftlichen/elektronischen Behandlungsanweisung - diese muss bei jeder Abgabe von apotheken- inkl. verschreibungspflichtigen Arzneimitteln an die Tierhaltenden ausgehändigt werden.

[Art. 4 Nr. 33 VO (EU) 2019/6, § 50 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 TAMG]

5.5 In welchen konkreten Fällen ist eine Verschreibung notwendig? (TA)

Eine tierärztliche Verschreibung ist insbesondere notwendig für:

  • die Abgabe von als verschreibungspflichtig eingestuften Tierarzneimitteln, veterinärmedizintechnischen Produkten und Humanarzneimitteln durch die Tierärztin oder den Tierarzt und durch Apotheken
  • die Anwendung von als verschreibungspflichtig eingestuften Tierarzneimitteln/veterinärmedizintechnischen Produkten durch andere Personen als Tierärztinnen und Tierärzte im Fall, dass das Tierarzneimittel nicht durch die Tierärztin bzw. den Tierarzt abgegeben wurde (d. h. Abgabe durch die Apotheke)
  • die Anwendung von Humanarzneimitteln (im Umwidmungsfall verschrieben) durch andere Personen als Tierärztinnen und Tierärzte im Fall, dass das Tierarzneimittel von der Tierärztin bzw. vom Tierarzt umgewidmet und nicht abgegeben wurde (d. h. ebenfalls Abgabe durch die Apotheke)
  • die Zubereitung von Tierarzneimitteln nach tierärztlicher Verschreibung für ein bestimmtes Tier oder für eine kleine Gruppe von Tieren in einer Apotheke oder durch eine nach nationalem Recht befugte Person (Tierärztin/Tierarzt)
  • die Zubereitung von Tierarzneimitteln für lebensmittelliefernde Tiere gemäß „formula officinalis“, Zubereitung in einer Apotheke, zur unmittelbaren Abgabe an die Endverbraucherin oder den Endverbraucher

[Art. 2 Abs. 6 Buchst. b und c, Art. 4 Nr. 33, Art. 34, Art. 105, Art. 112-114 VO (EU) 2019/6; § 47 Abs. 1, § 50 Abs. 2 TAMG; § 43 Abs. 3, § 48 Abs. 1 AMG]

5.6 Was ist die Voraussetzung für eine Verschreibung bzw. Abgabe von Tierarzneimitteln an Tierhaltende durch die Tierärztin bzw. den Tierarzt? (TA, TH)

Vor der Verschreibung oder Abgabe ist eine angemessene Prüfung des Gesundheitszustandes der Tiere notwendig. Hierbei sind die Regeln der veterinärmedizinischen Wissenschaft abhängig vom Einzelfall zu beachten.
Eine angemessene Prüfung bei der Behandlung mit antibiotischen Tierarzneimitteln beinhaltet immer eine klinische Untersuchung und kann auch weiterführende Untersuchungen (z. B. Laboruntersuchungen) umfassen.

[Art. 105 Abs. 3, Art. 107 Abs. 4, Art. 4 Nr. 15 VO (EU) 2019/6; § 12 Abs. 2 TÄHAV]

5.7 Müssen Tierärztinnen und Tierärzte jede Verschreibung in Papierform ausstellen? (TA)

Die Verschreibung kann schriftlich oder elektronisch erfolgen.

Im Fall der elektronischen Übermittlung an die Tierhaltenden ist die Authentizität der Daten sicherzustellen. Bei der Aufbewahrung der Nachweise als elektronisches Dokument müssen die Daten unveränderlich sein und jederzeit lesbar gemacht werden können. Eine nachträgliche Manipulation der Daten muss also ausgeschlossen sein. Der ursprüngliche Inhalt muss jederzeit feststellbar sein.
Zudem müssen die elektronisch aufbewahrten Daten der Behörde auf Verlangen gezeigt oder ausgedruckt werden können.

[Art. 105 Abs. 11 VO (EU) 2019/6; § 13 Abs. 7 TÄHAV]

5.8 Ist für die tierärztliche Verschreibung bei der Abgabe von Arzneimitteln durch die Tierärztin oder den Tierarzt selbst eine bestimmte Form vorgesehen? (TA)

Nein. Die zu tätigenden Angaben sind allerdings vorgeschrieben. Diese können z. B. in der Patientenkartei dokumentiert werden oder im Fall der Abgabe von Tierarzneimitteln für lebensmittelliefernde Tiere auf dem AuA-Beleg. Ein separates, als Verschreibung gekennzeichnetes Dokument ist im Fall der Abgabe durch die Tierärztin oder den Tierarzt nicht erforderlich.

[Art. 105 Abs. 5 VO (EU) 2019/6]

5.9 In welcher Form müssen Tierärztinnen und Tierärzte ein Arzneimittel verschreiben, das Tierhaltende in der Apotheke beziehen sollen? (TA)

In diesem Fall müssen ein Original und ein Doppel bei nicht Lebensmittel liefernden Tieren und zwei Doppel bei Lebensmittel liefernden Tieren ausgestellt werden.

Die Inhalte der Verschreibung sind der EU-Tierarzneimittel-Verordnung zu entnehmen.

[§ 13a Absatz 1 und 2 TÄHAV; Art. 105 Absatz 5 VO (EU) 2019/6]

5.10 Müssen Tierärztinnen und Tierärzte, wenn sie Tierhaltenden ein Tierarzneimittel zur Herstellung eines Arzneifuttermittels abgeben, zwei Verschreibungen tätigen – eine nach Tierarzneimittelrecht und eine nach Futtermittelrecht? (TA)

Die Verschreibung bei Abgabe eines Tierarzneimittels zur Herstellung eines Arzneifuttermittels an einen Hofmischer kann um die erforderlichen Elemente der Verschreibung eines Arzneifuttermittels ergänzt werden.

Dies sind:

  • einmalige Verschreibungsnummer
  • Gültigkeitsdauer der Verschreibung, falls die Gültigkeitsdauer kürzer ist als sechs Monate bei nicht der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren, drei Wochen bei der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren oder fünf Tage bei antimikrobiell wirksamen Tierarzneimitteln
  • Identifikationsnummer des Tierhaltungsbetriebs, falls vorhanden
  • Zahl der Tiere oder gegebenenfalls das Gewicht der Tiere
  • Zu behandelnde diagnostizierte Erkrankung. Im Fall von immunologischen Tierarzneimitteln oder Antiparasitika ohne antimikrobielle Wirkung die zu verhütende Erkrankung
  • Zulassungsnummer des Tierarzneimittels
  • Bei der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren die Angabe „Diese Verschreibung darf nicht wiederverwendet werden“

Sofern nicht unter „Dosierungsschema“ nach Tierarzneimittelrecht bereits aufgeführt:

  • - Einmischrate des Tierarzneimittels/der Tierarzneimittel und des Wirkstoffs/der Wirkstoffe (Menge je Gewichtseinheit des Arzneifuttermittels)
  • Hinweise für die Verwendung für den Tierhalter, einschließlich Angabe der Behandlungsdauer
  • Prozentualer Anteil des Arzneifuttermittels an der Tagesration oder Menge an Arzneifuttermittel je Tier und Tag

Darüber hinaus sind vom Hofmischer folgende Angaben auf der Verschreibung zu ergänzen:

  • Name oder Firma und Anschrift
  • Datum der Hofmischung
  • Unterschrift des an den Tierhalter abgebenden Hofmischers

[Art. 105 VO (EU) 2019/6; Art. 16 Absatz 6 i. V. m. Anhang V, Art. 16 Absatz 8 VO (EU) 2019/4]

5.11 In welchen Fällen müssen Tierärztinnen und Tierärzte den Tierhaltenden eine Behandlungsanweisung aushändigen? (TA)

Die Behandlungsanweisung muss immer ausgehändigt werden, wenn ein apothekenpflichtiges Tierarzneimittel abgegeben wird. Dies gilt sowohl für Lebensmittel liefernde als auch für nicht Lebensmittel liefernde Tiere. Verschreibungspflichtige Tierarzneimittel sind stets apothekenpflichtig.

[§ 44 Abs. 2, § 40 Abs. 2 TAMG]

5.12 Reicht bei der Abgabe von Arzneimitteln für Lebensmittel liefernde Tiere wie bisher die Aushändigung eines AuA-Belegs als tierärztliche Behandlungsanweisung gem. § 44 Abs. 2 TAMG aus? (TA)

Ja. Die Angaben auf dem AuA-Beleg erfüllen die Anforderungen an die Behandlungsanweisung gemäß § 44 Abs. 2 TAMG.

[§ 44 Abs. 2 TAMG; § 13 Absatz 2 TÄHAV]

5.13 Welchen Inhalt muss eine Behandlungsanweisung bei Lebensmittel liefernden Tieren haben? (TA)

Die Behandlungsanweisung muss Anweisungen über Art, Zeitpunkt und Dauer der Anwendung beinhalten. Ein korrekt ausgefüllter AuA-Beleg enthält diese Angaben.

[§ 44 Abs. 2 TAMG; § 13 Absatz 2 TÄHAV]

5.14 Welche Angaben muss die tierärztliche Behandlungsanweisung bei der Abgabe von Arzneimitteln für nicht Lebensmittel liefernde Tiere enthalten? (TA)

Die Behandlungsanweisung bei nicht lebensmittelliefernden Tieren muss eine eindeutige und für die Tierhaltenden verständliche Beschreibung der Anwendung hinsichtlich Art, Zeitpunkt und Dauer enthalten. Die Angabe zur Art der Anwendung beinhaltet unter anderem auch eine Angabe zum Verabreichungsschema.

[§ 44 Abs. 2 TAMG]

5.15 Muss die für die Abgabe von apothekenpflichtigen Arzneimitteln vorgeschriebene tierärztliche Behandlungsanweisung eine bestimmte Form haben? (TA)


Das TAMG schreibt lediglich die Inhalte der Behandlungsanweisung vor und legt fest, dass sie schriftlich oder elektronisch zu erfolgen hat.

[§ 44 Abs. 2 TAMG]

6. Dokumentation

6.1 Was müssen Tierärztinnen und Tierärzte bei der Dokumentation des Erwerbs und Verbleibs von verschreibungspflichtigen Tierarzneimitteln beachten? (TA)

Tierärztinnen und Tierärzte müssen als Einzelhändlerinnen bzw. Einzelhändler über alle geschäftlichen Transaktionen mit verschreibungspflichtigen Tierarzneimitteln Buch führen. Dabei sind folgende Informationen zu dokumentieren:

  • Zeitpunkt der Transaktion,
  • Name des Tierarzneimittels, ggf. Darreichungsform und Stärke,
  • Chargenbezeichnung,
  • eingegangene bzw. gelieferte Menge,
  • Name und Anschrift des Lieferanten / Empfängers,
  • Name und Kontaktangaben des verschreibenden Tierarztes, gegebenenfalls mit Kopie der tierärztlichen Verschreibung,
  • Zulassungsnummer

(Hinweis: In fetter Schrift dargestellte Angaben sind nun zusätzlich zu dokumentieren.)

Der Nachweis über den Wareneingang in der Hausapotheke erfolgt über Lieferscheine, Rechnungen etc.

Der Nachweis über den Warenausgang kann bei verschreibungspflichtigen Tierarzneimitteln mit Hilfe der ohnehin zu erstellenden Verschreibung erfolgen. Dazu müssen die Zulassungsnummer und die Chargenbezeichnung ergänzt werden.

[Art. 103 Abs. 3 VO (EU) 2019/6]

6.2 Was ändert sich bei der von Tierärztinnen und Tierärzten jährlich durchzuführenden Inventur? (TA)

Die Vorgaben zur jährlich durchzuführenden Inventur verschreibungspflichtiger Arzneimittel in der tierärztlichen Hausapotheke gemäß § 13 Abs. 8 TÄHAV bestehen weiter. Über jede Abweichung, das Datum und das Ergebnis der Prüfung muss Buch geführt werden.

[Art. 103 Abs. 5 VO (EU) 2019/6; § 13 Abs. 8 TÄHAV]

6.3 Welche Arzneimittel müssen von Halterinnen und Haltern Lebensmittel liefernder Tiere ins Bestandsbuch eingetragen werden? (TH)

Halterinnen und Halter Lebensmittel liefernder Tiere müssen alle Arzneimittelanwendungen dokumentieren, also auch solche mit freiverkäuflichen Arzneimitteln. Bei freiverkäuflichen Tierarzneimitteln sind derzeit nur die in der EU-Tierarzneimittel-Verordnung vorgegebenen Angaben zu dokumentieren (Hinweis: diese Angaben sind bei einer Dokumentation im bisherigen Schema bereits abgedeckt):

  1. Datum der ersten Verabreichung des Arzneimittels an die Tiere,
  2. Bezeichnung des Arzneimittels,
  3. Menge des verabreichten Arzneimittels,
  4. Name oder Firma und ständige Anschrift oder eingetragene Niederlassung des Lieferanten,
  5. Beleg für den Erwerb des angewandten Arzneimittels,
  6. Identität des behandelten Tieres oder der behandelten Gruppe von Tieren,
  7. gegebenenfalls Name und Kontaktangaben des verschreibenden Tierarztes.
  8. Wartezeit, auch wenn dieser Zeitraum gleich Null ist,
  9. Behandlungsdauer.

[Art. 108 Abs. 1 VO (EU) 2019/6]

7. Anwendung von Arzneimitteln

7.1 Laut der EU-Tierarzneimittel-Verordnung dürfen Tierarzneimittel nur in Übereinstimmung mit den Zulassungsbedingungen angewendet werden. Für welche Arzneimittel und welche Personengruppen gilt dieser Grundsatz? (TA, TH, THP)

Die Vorgabe gilt grundsätzlich für alle Personengruppen und für alle Tierarzneimittel, unabhängig von der Arzneimittelkategorie (freiverkäuflich, apotheken- oder verschreibungspflichtig). Allerdings gibt es Ausnahmen bei Anwendung von durch Tierärztinnen und Tierärzten umgewidmeten Arzneimitteln im Therapienotstand. Die Vorgabe der zulassungskonformen Anwendung gilt nicht für die Anwendung registrierter Tier-Homöopathika und die Anwendung der von der Zulassung freigestellten Heimtierarzneimittel. Für diese Tierarzneimittel gibt das nationale Tierarzneimittelrecht eigene Regelungen hinsichtlich ihrer Anwendung vor. So dürfen z. B. registrierte Tier-Homöopathika, deren Anwendung nicht aufgrund einer tierärztlichen Behandlungsanweisung erfolgt, nur bei den in der Packungsbeilage bezeichneten Tierarten und nur entsprechend der angegebenen Dosierung und Anwendungsdauer angewendet werden. Von der Pflicht zur Zulassung freigestellte Heimtierarzneimittel dürfen nur bei den in § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchstabe a TAMG genannten Heimtieren angewendet werden.

[Art. 106 Abs. 1 VO (EU) 2019/6; § 39 Abs. 1, § 50 Abs. 4 TAMG]

7.2 Dürfen Tierärztinnen und Tierärzte weiterhin Mischspritzen herstellen und anwenden? (TA)

Tierarzneimittel dürfen grundsätzlich nur gemäß den Zulassungsbedingungen angewendet werden. Ein Mischen von zwei Arzneimitteln ist zulässig, wenn die Packungsbeilage dies vorsieht. Das so gemischte Arzneimittel kann durch die Tierärztin bzw. den Tierarzt angewendet und aus der tierärztlichen Hausapotheke an Tierhaltende abgegeben werden.

[Art. 106 Abs. 1, Art. 112 - 114 VO (EU) 2019/6]

7.3 Bedeutet die Vorgabe, Tierarzneimittel nur noch in Übereinstimmung mit den Zulassungsbedingungen anzuwenden, dass Tierarzneimittel nicht mehr umgewidmet werden dürfen? (TA)

Nein. Für den Fall, dass es in einem Mitgliedstaat für ein Anwendungsgebiet bei der zu behandelnden Tierart kein zugelassenes Tierarzneimittel gibt, kann die verantwortliche Tierärztin bzw. der verantwortliche Tierarzt, insbesondere zur Vermeidung unzumutbarer Leiden, weiterhin in direkter Eigenverantwortung Arzneimittel umwidmen. Die Vorgaben an die sie/er sich dabei halten muss, finden sich in der EU-Tierarzneimittel-Verordnung.

[Art. 112 – 114 VO (EU) 2019/6]

7.4 Dürfen Arzneimittel aus der Humanmedizin noch bei Tieren angewendet werden? (TH, THP)

Arzneimittel aus der Humanmedizin dürfen bei Tieren nur angewendet werden, wenn sie von der behandelnden Tierärztin bzw. vom behandelnden Tierarzt für einen bestimmten Behandlungsfall verschrieben wurden. Die Anwendung muss dann entsprechend der schriftlichen/elektronischen tierärztlichen Behandlungsanweisung für den jeweiligen Behandlungsfall erfolgen. Eine eigenmächtige Anwendung von Humanarzneimitteln ist nicht erlaubt. Dies gilt auch für freiverkäufliche Humanarzneimittel. Eine Ausnahme besteht aufgrund eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts nur für nicht verschreibungspflichtige und zugleich registrierte homöopathische Humanarzneimittel, wenn diese bei Tieren angewendet werden, die nicht der Gewinnung von Lebensmitteln dienen. In diesem Fall ist die Anwendung tierarzneimittelrechtlich nicht reglementiert.

[§ 50 Abs. 2 TAMG; BVerfG, B. v. 29.09.2022, Az. 1 BvR 2380/21, 1 BvR 2449/21]

7.5 Dürfen abgelaufene Arzneimittel in Eigenverantwortung angewendet werden? (TA, TH, THP)

Die Anwendung von Tierarzneimitteln, deren Verfalldatum abgelaufen ist, ist verboten. Dieses Verbot ist allgemein gültig und betrifft damit jetzt neben Tierärztinnen und Tierärzten auch Tierhaltende sowie Tierheilpraktikerinnen und Tierheilpraktiker.

[§ 38 Abs. 4 TAMG]

7.6 Dürfen Tierarzneimittel auch nach Ablauf der „Aufbrauchfrist“ noch angewendet werden? (TA, TH, THP)

Nein. Sofern in den Zulassungsbedingungen eines Tierarzneimittels eine „Haltbarkeit nach dem ersten Öffnen/Anbruch des Behältnisses“ („Aufbrauchfrist“) angegeben ist, ist diese einzuhalten.

Die Haltbarkeitsdauer von Tierarzneimitteln nach Anbruch ist, soweit angegeben, Teil der Zulassung. Nach Art. 106 VO (EU) 2019/6 hat die Anwendung von Tierarzneimitteln in Übereinstimmung mit den Zulassungsbedingungen zu erfolgen. Entsprechend verbietet § 39 Abs. 1 TAMG die Anwendung von Tierarzneimitteln entgegen den Zulassungsbedingungen.

[Art. 106 Abs. 1 VO (EU) 2019/6; § 39 Abs. 1 TAMG]

7.7 Dürfen Blutegel noch von Tierhaltenden oder Tierheilpraktikerinnen und Tierheilpraktikern bei Tieren angewendet werden? (TH, THP)

Bei den derzeit auf dem Markt befindlichen Blutegeln handelt es sich um apothekenpflichtige Fertigarzneimittel für den Humanbereich, die der Zulassungspflicht unterliegen. Sie fallen unter § 2 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes und dürfen daher bei Tieren nur angewendet werden, wenn sie den Tierhaltenden von der behandelnden Tierärztin bzw. vom behandelnden Tierarzt verschrieben oder abgegeben worden sind, und nur entsprechend der tierärztlichen Behandlungsanweisung. Die eigenmächtige Anwendung durch Tierhaltende oder Tierheilpraktikerinnen und Tierheilpraktiker ist auch bei nicht Lebensmittel liefernden Tieren nicht mehr erlaubt.

[§ 2 Abs. 1 AMG; § 50 Abs. 2 TAMG]

8. Arzneimittel aus dem Ausland

8.1 Dürfen Tierärztinnen und Tierärzte für die von ihnen behandelten Tiere Humanarzneimittel aus dem Ausland beziehen? (TA)

Ja, in bestimmten Fällen im Therapienotstand können jetzt auch Humanarzneimittel aus EU-Mitgliedstaaten und EWR-Staaten bezogen werden. Bei der Wahl des Arzneimittels muss die jeweils geltende Umwidmungskaskade eingehalten werden. Beachten Sie hierzu auch Frage 9.1.

[Art.112 – 114 VO (EU) 2019/6]

8.2 Dürfen Tierhaltende ausländische, in Deutschland nicht zugelassene Tierarzneimittel bei ihren Tieren anwenden? (TH)

Tierarzneimittel, die in Deutschland keine Zulassung besitzen, dürfen von Tierhaltenden nur angewendet werden, wenn sie im sog. Therapienotstand von der behandelnden Tierärztin bzw. vom behandelnden Tierarzt verschrieben oder abgegeben wurden. Die Anwendung muss dabei nach der von der Tierärztin bzw. vom Tierarzt ausgehändigten tierärztlichen Behandlungsanweisung erfolgen.

[§ 50 Abs. 1 und 2 TAMG]

8.3 Wie können Tierärztinnen und Tierärzte im Falle einer Umwidmung herausfinden, ob in der EU bzw. dem EWR ein passendes Präparat zugelassen ist? (TA)

Für die Suche nach möglichen Behandlungsalternativen steht künftig die Produktdatenbank der Union zur Verfügung.
Die Produktdatenbank befindet sich derzeit im Aufbau – Sie erreichen sie über folgenden Link:
Language selection | UPD (medicinesinfo.eu)

8.4 Welche Möglichkeiten haben Tierärztinnen und Tierärzte, wenn im eigenen Land kein geeignetes Tierarzneimittel zur Verfügung steht? (TA)

Im Therapienotstand ist unter Einhaltung der jeweiligen Umwidmungskaskade das Verbringen von Arzneimitteln aus EU-Mitgliedstaaten und EWR-Staaten möglich. Für die Einfuhr von Tierarzneimitteln aus einem Drittstaat in einen EU-Mitgliedstaat wird eine Herstellungserlaubnis benötigt. Die Einfuhr wird daher in der Praxis über ein pharmazeutisches Unternehmen oder ein Großhandelsunternehmen mit einer Herstellungserlaubnis erfolgen.

[Art. 88, Art. 112 – 114 VO (EU) 2019/6]

8.5 Was ist beim Verbringen von Tierarzneimitteln zu beachten? Muss das Verbringen von Tierarzneimitteln aus EU-Mitgliedstaaten oder EWR-Staaten weiterhin angezeigt werden? (TA)

Für die in § 22 TAMG genannten, nicht dem Anwendungsbereich der EU-Tierarzneimittel-Verordnung unterfallenden Tierarzneimittel und veterinärmedizintechnischen Produkte und die Heimtierarzneimittel gemäß § 4 gelten die Vorgaben gemäß § 25 TAMG zum Verbringen. Diese dürfen nach Deutschland nur verbracht werden, wenn sie in Deutschland zugelassen oder von der Zulassung freigestellt sind. Die Anzeigepflicht beim Verbringen entfällt.
Für Tierarzneimittel, die in den Anwendungsbereich der EU-Tierarzneimittel-Verordnung fallen, gibt es keine gesonderten Regelungen zum Verbringen aus anderen EU-Mitgliedstaaten und dem EWR mehr.

9. Umwidmung

9.1 Wo finden Tierärztinnen und Tierärzte Vorgaben zur Umwidmung? (TA)

Für nicht Lebensmittel liefernde Tiere, an Land lebende Lebensmittel liefernde Tiere und im Wasser lebende Lebensmittel liefernde Tiere ist die Umwidmung jeweils in einer eigenen Umwidmungskaskade in der EU-Tierarzneimittel-Verordnung geregelt.

[Art. 112 – 114 VO (EU) 2019/6]

9.2 In welchen Fällen ist Tierärztinnen und Tierärzten eine Umwidmung erlaubt? (TA)

Tierarzneimittel dürfen grundsätzlich nur gemäß den Zulassungsbedingungen angewendet werden. Eine Umwidmung gemäß den Umwidmungskaskaden ist möglich, wenn

  • für die Tierart und das Anwendungsgebiet kein Tierarzneimittel zugelassen ist
  • ein geeignetes Tierarzneimittel nicht lieferbar ist
  • eine Anwendung wie in den Zulassungsbedingungen beschrieben im Einzelfall nach dem Stand der veterinärmedizinischen Wissenschaft nicht in Frage kommt. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn in der Packungsbeilage aufgeführte Gegenanzeigen oder Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln einer Anwendung entgegenstehen.

Zur Prüfung, ob ein Tierarzneimittel angewendet werden kann, sind alle Angaben aus der Packungsbeilage bzw. Fachinformation zu berücksichtigen.

Unter der Behandlung auftretende über das vertretbare Maß hinausgehende
unerwünschte Arzneimittelwirkungen sowie eine ausbleibende Wirkung rechtfertigen ebenfalls die Umwidmung eines anderen Arzneimittels. In diesen Fällen sollte die Tierärztin bzw. der Tierarzt eine UE-Meldung beim BVL machen.

Das Anwendungsgebiet ergibt sich aus der Diagnose durch die Tierärztin bzw. den Tierarzt. Die Fachinformationen spiegeln die Informationen wieder, die bei der Zulassung eingereicht worden sind. Es kann somit vorkommen, dass in Fachinformationen neue veterinärmedizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse noch nicht berücksichtigt worden sind. Somit kann in Einzelfällen eine genauere Definition des Anwendungsgebietes eine Umwidmung rechtfertigen, wenn dies im Einklang mit den Zielen der Verordnung (EU) 2019/6 (u.a. im Hinblick auf die Reduzierung von Antibiotikaresistenzen) und des TAMG steht. Die Tierärztin bzw. der Tierarzt muss in der Lage sein, die Umwidmung bei einer Kontrolle entsprechend fachlich zu erklären.

[Art. 106 Abs. 1, Art. 112 – 114 VO (EU) 2019/6]

9.3 Welche zusätzlichen Angaben muss die Verschreibung im Falle einer Umwidmung enthalten? (TA)

In die Verschreibung ist in diesem Fall der Hinweis aufzunehmen, dass es sich um eine Umwidmung handelt. Eine Begründung ist nicht notwendig.

[Art. 105 Abs. 5 VO (EU) 2019/6]

9.4 Welche Arzneimittel dürfen zur Behandlung von Lebensmittel liefernden Tieren umgewidmet werden? (TA, TH)

Die Verordnung (EU) 37/2010 über pharmakologisch wirksame Stoffe und ihre Einstufung hinsichtlich der Rückstandshöchstmengen in Lebensmitteln tierischen Ursprungs bleibt weiterhin gültig.
Es dürfen daher wie bisher nur Arzneimittel angewendet werden, deren Wirkstoffe in Tabelle 1 des Anhangs der Verordnung gelistet sind. Dies gilt auch für die Anwendung umgewidmeter Arzneimittel. Die Anwendung von Stoffen aus Tabelle 2 des Anhangs bleibt bei Lebensmittel liefernden Tieren verboten.

[Art. 16 Abs. 1 VO (EG) Nr. 470/2009; VO (EU) 37/2010; § 39 Abs. 5 TAMG]

9.5 Bleibt die Positivliste für Pferde bestehen? (TA, TH)

Ja, es wird weiterhin das Verzeichnis von für die Behandlung von Equiden wesentlichen Stoffen und von Stoffen mit zusätzlichem klinischen Nutzen geben.

[Art. 115 Abs. 5 VO (EU) 2019/6]

9.6 Dürfen Tierärztinnen und Tierärzte von der in der Packungsbeilage angegebenen Dosierung oder der Applikationsart abweichen? (TA)

Tierarzneimittel dürfen grundsätzlich nur gemäß den Zulassungsbedingungen angewendet werden. Das Tierarzneimittelrecht sieht keine Möglichkeit einer Abweichung von der Dosierung oder der Applikationsart vor, auch nicht im Rahmen der Umwidmung.

Im Interesse der Tiergesundheit und des Tierschutzes kann im begründeten Einzelfall ein Abweichen davon dennoch erforderlich sein.

[Art. 106 Abs. 1, Art. 112 – 114 VO (EU) 2019/6]

9.7 In manchen Packungsbeilagen ist die Dosierung als Empfehlung formuliert. Wie ist hier zu verfahren? (TA)

Wenn der Packungsbeilage zu entnehmen ist, dass es sich bei der angegebenen Dosierung nur um eine Empfehlung handelt, kann von der angegebenen Dosierung abgewichen werden.

[Art. 106 Abs. 1 VO (EU) 2019/6]

9.8 Dürfen Tierärztinnen und Tierärzte Arzneimittel mischen oder verdünnen, wenn es die Zulassungsbedingungen nicht vorsehen? (TA)

Eine nicht zulassungskonforme Zubereitung wie z. B. das Verdünnen oder das Mischen von Tierarzneimitteln bzw. die Zubereitung eines Arzneimittels nach tierärztlicher Verschreibung für ein bestimmtes Tier/ eine bestimmte Tiergruppe ist durch die Tierärztin bzw. den Tierarzt im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke oder durch die Apotheke auf tierärztliche Verschreibung im Therapienotstand auf der vorletzten Stufe der Umwidmungskaskade zulässig.

Ein im Therapienotstand zubereitetes Tierarzneimittel kann sowohl durch die Tierärztin bzw. den Tierarzt selbst angewendet als auch an die Tierhaltenden abgegeben werden. Bei der Zubereitung sind die Regeln der pharmazeutischen Wissenschaft einzuhalten.

[Art. 106 Abs. 1, Art. 112 – 114 VO (EU) 2019/6]

10. Wartezeit

10.1 Welche Wartezeit-Vorgaben gelten jetzt bei Umwidmung der Tierart? (TA, TH)

Falls in der Fachinformation des Arzneimittels keine Wartezeit für die betreffende Tierart festgelegt wurde, richtet sich die Wartezeit nach den Kriterien der EU-Tierarzneimittel-Verordnung.

[Art. 115 VO (EU) 2019/6]

11. Antibiotika

11.1 Ist eine prophylaktische Anwendung von Antibiotika bei Tiergruppen möglich? (TA)

Die prophylaktische Anwendung ist bei einzelnen Tieren möglich und auch hier nur in Ausnahmefällen. Für jedes dieser Tiere muss die Voraussetzung bestehen, dass ein sehr hohes Risiko für eine Infektion oder Infektionskrankheit besteht und die Folgen wahrscheinlich schwerwiegend wären. In die Verschreibung ist in diesem Fall der Hinweis aufzunehmen, dass das Tierarzneimittel zur Prophylaxe eingesetzt werden soll. Eine schriftliche Begründung ist nicht erforderlich.

[Art. 107 Abs. 3, Art. 105 Abs. 5 und Art. 4 Nr. 16 VO (EU) 2019/6]

11.2 Wann dürfen Tiergruppen zur Metaphylaxe mit Antibiotika behandelt werden? (TA)

Antibiotika dürfen bei Tiergruppen nur zur Metaphylaxe eingesetzt werden, wenn das Risiko der Ausbreitung einer Infektion oder Infektionskrankheit in dieser Tiergruppe hoch ist und keine angemessenen Alternativen zur Verfügung stehen.
Voraussetzung ist die Diagnose einer klinischen Erkrankung bei einem Teil der Gruppe. Die Metaphylaxe dient dem Schutz der Kontakttiere. In die Verschreibung ist in diesem Fall der Hinweis aufzunehmen, dass das Tierarzneimittel zur Metaphylaxe eingesetzt werden soll. Eine schriftliche Begründung ist nicht erforderlich.

[Art. 107 Abs. 4, Art. 105 Abs. 5 und Art. 4 Nr. 15 VO (EU) 2019/6]

11.3 Für welche Tierarten bzw. Nutzungsarten müssen in Deutschland Daten zur Antibiotikaverwendung gemeldet werden (TA, TH)

Informationen zur Antibiotikadatenerfassung und zu den Nutzungsarten sowie zum Antibiotikaminimierungskonzept finden Sie auf der Internetseite www.antibiotika-tierhaltung.bayern.de.

11.4 Wo wird geregelt, welche Antibiotika nicht mehr zur Behandlung von Tieren eingesetzt werden dürfen? (TA, TH)

Auf Basis der EU-Tierarzneimittel-Verordnung hat die Europäische Kommission die Durchführungsverordnung (EU) 2022/1255 erlassen. Diese dient der Bestimmung von antimikrobiellen (u.a. antibiotischen) Wirkstoffen, die der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten bleiben müssen. Der Anhang der Verordnung enthält eine Liste von antimikrobiellen (u.a. antibiotischen) Wirkstoffen, die nicht in Tierarzneimitteln oder Arzneifuttermitteln verwendet werden sollten. Auch die Anwendung von Humanarzneimitteln, die einen oder mehrere dieser Wirkstoffe enthalten, bei Tieren ist verboten.
Grundlage für die Listung stellen die in der delegierten Verordnung (EU) 2021/1760 festgelegten Kriterien dar.

[Art. 37 Abs. 4 und 5 EU (VO) 2019/6, DVO (EU) 2022/1255, delegierte Verordnung (EU) 2021/1760]

12. Homöopathika

12.1 Dürfen Tierhaltende eigenständig humanmedizinische Homöopathika aus der Apotheke holen und bei ihren Tieren anwenden? (TH)

Arzneimittel aus der Humanmedizin dürfen bei Tieren nur angewendet werden, wenn sie von der behandelnden Tierärztin bzw. vom behandelnden Tierarzt für einen bestimmten Behandlungsfall verschrieben wurden. Die Anwendung muss dann entsprechend der schriftlichen/elektronischen tierärztlichen Behandlungsanweisung für den jeweiligen Behandlungsfall erfolgen. Eine eigenmächtige Anwendung von Humanarzneimitteln ist nicht erlaubt. Dies gilt auch für freiverkäufliche Humanarzneimittel. Eine Ausnahme besteht aufgrund eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts nur für nicht verschreibungspflichtige und zugleich registrierte homöopathische Humanarzneimittel, wenn diese bei Tieren angewendet werden, die nicht der Gewinnung von Lebensmitteln dienen. In diesem Fall ist die Anwendung tierarzneimittelrechtlich nicht reglementiert.

[§ 50 Abs. 2 TAMG; BVerfG, B. v. 29.09.2022, Az. 1 BvR 2380/21, 1 BvR 2449/21]

12.2 Dürfen Tierheilpraktikerinnen und Tierheilpraktiker eigenständig humanmedizinische Homöopathika bei Tieren anwenden? (THP)

Arzneimittel aus der Humanmedizin dürfen bei Tieren nur angewendet werden, wenn sie von der behandelnden Tierärztin bzw. vom behandelnden Tierarzt für einen bestimmten Behandlungsfall verschrieben wurden. Die Anwendung muss dann entsprechend der schriftlichen/elektronischen tierärztlichen Behandlungsanweisung für den jeweiligen Behandlungsfall erfolgen. Eine eigenmächtige Anwendung von Humanarzneimitteln ist nicht erlaubt. Dies gilt auch für freiverkäufliche Humanarzneimittel. Eine Ausnahme besteht aufgrund eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts nur für nicht verschreibungspflichtige und zugleich registrierte homöopathische Humanarzneimittel, wenn diese bei Tieren angewendet werden, die nicht der Gewinnung von Lebensmitteln dienen. In diesem Fall ist die Anwendung tierarzneimittelrechtlich nicht reglementiert.

[§ 50 Abs. 2 TAMG; BVerfG, B. v. 29.09.2022, Az. 1 BvR 2380/21, 1 BvR 2449/21]

12.3 Wie sind Tierheilpraktikerinnen und Tierheilpraktiker tierarzneimittelrechtlich einzuordnen? (THP)

Tierheilpraktikerinnen und Tierheilpraktiker werden im Tierarzneimittelrecht nicht explizit genannt. Sie unterliegen den Regelungen für Personen, die nicht Tierärztin bzw. Tierarzt oder Tierhalterin bzw. Tierhalter sind.

13. Heimtierarzneimittel

13.1 Welche Ausnahmen gibt es für Heimtierarzneimittel? (TA, TH)

Tierarzneimittel für bestimmte Heimtierarten können auf Antrag von der Zulassungspflicht befreit werden, wenn sie nicht als verschreibungspflichtig einzustufen sind. Sie dürfen nur zur äußerlichen oder oralen Anwendung bzw. zur Anwendung im Wasser für diese Heimtierarten bestimmt sein und müssen in einer angemessenen Packungsgröße bereitgestellt werden.

[Art. 5 Abs. 6 VO (EU)2019/6; § 4 TAMG]

13.2 Warum sind manche Heimtierarzneimittel von der Zulassungspflicht befreit? (TA, TH)

Für Heimtiere gibt es wenige Tierarzneimittel. Um die arzneiliche Versorgung dieser Tiere sicherzustellen, gelten für bestimmte Heimtierarzneimittel erleichterte Bedingungen.

[§ 4 Abs. 1 TAMG]

13.3 Welche Heimtiere dürfen mit von der Zulassung befreiten Tierarzneimitteln behandelt werden? (TA, TH)

Heimtiere, die nicht der Gewinnung von Lebensmitteln dienen und bei denen es sich um in Aquarien oder Teichen gehaltene Tiere, Zierfische, Ziervögel, Brieftauben, Terrarium-Tiere, Kleinnager, Frettchen und Hauskaninchen handelt. Hierbei handelt es sich um eine abschließende Aufzählung.

[Art. 5 Abs. 6 VO (EU) 2019/6, § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a TAMG]

13.4 Benötigen Zoofachgeschäfte für Heimtierarzneimittel, die von der Zulassungspflicht befreit sind, ab jetzt einen Sachkenntnisnachweis? (Sonstige)

Nein. Die bisherige Ausnahme von der Sachkenntnispflicht für den Einzelhandel mit Heimtierarzneimitteln, die von der Zulassungspflicht befreit sind, wird auch im Tierarzneimittelgesetz fortgeführt.

[§ 4, § 45 Abs. 8, § 40 Abs. 2 TAMG]

14. Herstellung

14.1 Benötigen Tierärztinnen und Tierärzte für das Umfüllen von Tierarzneimitteln in kleinere Gebinde jetzt eine Herstellungserlaubnis? (TA)

Nein. Im TAMG sind Ausnahmen von der Herstellungserlaubnis geregelt. Sofern im Einzelfall keine geeigneten Packungsgrößen auf dem Markt verfügbar sind oder die Verpackung, die unmittelbar mit dem Tierarzneimittel in Berührung kommt, nicht beschädigt wird, dürfen Tierärztinnen und Tierärzte wie gehabt im Rahmen des Betriebes einer tierärztlichen Hausapotheke Tierarzneimittel zur direkten Abgabe an die Besitzerinnen und Besitzer der von ihnen behandelten Tiere ohne Herstellungserlaubnis aufteilen.

[§ 14 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 TAMG]

14.2 Dürfen Tierärztinnen und Tierärzte Humanpräparate nur noch in der Originalverpackung abgeben? (TA)

Ja. Die Aufteilung oder Änderung der Verpackung stellt einen Herstellungsvorgang dar, der grundsätzlich erlaubnispflichtig ist. Die Ausnahme von dieser Herstellungserlaubnis gilt ausschließlich für Tierarzneimittel. Humanarzneimittel müssen daher immer in der Originalverpackung an die Tierhaltenden abgegeben werden.

[§ 14 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 TAMG]

15. Equiden

15.1 Alle Equiden müssen einen Equidenpass besitzen. Welche Frist besteht nach der Geburt oder der Einfuhr eines Pferdes, bis der Equidenpass vorliegen muss? (TH)

Für Fohlen gilt: Spätestens 12 Monate nach der Geburt bzw. bevor das Fohlen den Geburtsbetrieb für mehr als 30 Tage verlässt muss ein Equidenpass vorliegen. Bei einer Einfuhr von Equiden aus Drittländern muss der Equidenpass innerhalb von 30 Tagen nach Abschluss des Zollverfahrens beantragt werden, sofern der Equide nicht bereits über ein Dokument zur Identifikation verfügt, welches anerkannt werden kann.

[Art. 21, Art. 37 Abs. 1 VO (EU) 2021/963]

15.2 Gelten alle Pferde als Schlachttiere? (TH)

Alle Equiden gelten grundsätzlich als zur Schlachtung für den menschlichen Verzehr bestimmt, es sei denn, dies wird im Equidenpass unwiderruflich anders festgelegt.

[Art. 38 Abs. 1 VO (EU) 2021/963]

15.3 Was passiert bei einem Verlust des Equidenpasses? (TH)

Wenn die Identität des Equiden nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, stellt die zuständige Behörde ein Ersatz-Dokument aus. In diesem wird der Equide durch einen entsprechenden Eintrag als nicht zur Schlachtung für den menschlichen Verzehr bestimmt.

Wenn die Identität des Equiden festgestellt werden kann, stellt die zuständige Behörde ein Duplikat des Equidenpasses aus und der Equide wird ebenfalls als Nicht-Schlachtpferd bestimmt.

[Art. 25 – 26 und 38 Abs. 1 VO (EU) 2021/963]

15.4 Kann ein als Nicht-Schlachttier deklariertes Pferd wieder als Schlachttier eingestuft werden? (TH)

Ein einmal als Nicht-Schlachttier deklarierter Equide kann zu einem späteren Zeitpunkt nicht erneut zu einem Schlachttier bestimmt werden. Der Ausschluss von der Schlachtung gilt unwiderruflich lebenslang und damit auch bei einem Halterwechsel. Ein als Schlachttier geltender Equide hingegen kann jederzeit als Nicht-Schlachttier eingestuft werden.

[Art. 38 Abs. 1 VO (EU) 2021/963]

15.5 Was müssen Tierhaltende tun, wenn ihr Pferd vom Tierarzt als Nicht-Schlachtpferd eingestuft wurde? (TH)

Wird ein Equide vom Schlachtpferd zum Nicht-Schlachtpferd umdeklariert, muss der Equidenpass binnen 7 Tagen bei der den Pass ausstellenden Stelle zur Aktualisierung des Status des Equiden in der elektronischen Equidendatenbank eingereicht werden.

[Art. 41 Abs. 1 VO (EU) 2021/963]

15.6 Müssen Tierärztinnen und Tierärzte vor der Behandlung eines Pferdes den Equidenpass überprüfen? (TH)

Vor jeder Behandlung mit einem Arzneimittel, dessen Wirkstoff für der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere nicht zulässig oder ein Stoff der Positivliste ist, muss die Tierärztin bzw. der Tierarzt im Equidenpass den Status des Tieres als entweder „zur Schlachtung für den menschlichen Verzehr bestimmt“ (Standardfall) oder gemäß Equidenpass „nicht zur Schlachtung für den menschlichen Verzehr bestimmt“ überprüfen.
Wenn die Behandlung für Equiden, die zur Schlachtung für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, nicht erlaubt ist, muss die Tierärztin bzw. der Tierarzt sicherstellen, dass das betreffende Tier vor der Behandlung unwiderruflich als nicht zur Schlachtung für den menschlichen Verzehr bestimmt wird.
Bei der Behandlung mit Stoffen der Positivliste wird bei Equiden, die zur Schlachtung für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, entsprechend die Wartezeit von sechs Monaten im Equidenpass eingetragen.

[Art. 39 VO (EU) 2021/963; Art.115 VO (EU) 2019/6]

15.7 Welche Wirkstoffe dürfen zur Behandlung von Pferden eingesetzt werden? (TA,
TH)

Für Schlachtpferde gilt weiterhin die Verordnung (EU) Nr. 37/2010 über pharmakologisch wirksame Stoffe und ihre Einstufung hinsichtlich der Rückstandshöchstmengen in Lebensmitteln tierischen Ursprungs.

Es dürfen daher grundsätzlich nur Arzneimittel angewendet werden, deren Wirkstoffe in Tabelle 1 des Anhangs der Verordnung gelistet sind. Dies gilt auch für die Anwendung umgewidmeter Arzneimittel.

Darüber hinaus dürfen bei Lebensmittel liefernden Equiden Stoffe, die im Verzeichnis von für die Behandlung von Equiden wesentlichen Stoffen und von Stoffen mit zusätzlichem klinischen Nutzen gelistet sind, angewendet werden, wenn anschließend eine Wartezeit von sechs Monaten eingehalten wird. Die Tierärztin bzw. der Tierarzt legt dabei die Wartezeit fest und trägt diese in den Equidenpass ein.

Die Anwendung von Stoffen aus Tabelle 2 des Anhangs der Verordnung (EU) 37/2010 ist bei Lebensmittel liefernden Tieren verboten.

Für Pferde, die als Nicht-Schlachttier eingestuft sind, gelten die üblichen Vorgaben für nicht Lebensmittel liefernde Tiere.

[Art. 16 Abs. 1 VO (EG) Nr. 470/2009; VO (EU) Nr. 37/2010; § 39 Abs. 5 TAMG; Art. 38 Abs. 2 VO (EU) 2021/963]

15.8 Welche Wartezeiten müssen Tierhaltende nach der Behandlung ihres Pferdes einhalten? (TH)

Bei der arzneilichen Behandlung von Equiden, die zur Lebensmittelgewinnung bestimmt sind, müssen Wartezeiten beachtet werden. Im Fall von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die Tierhaltende ohne Einbeziehung einer Tierärztin oder eines Tierarztes erwerben und anwenden, gilt die auf dem Fertigarzneimittel angegebene Wartezeit.
Im Fall von Arzneimitteln, die Tierhaltende von Tierärztinnen oder Tierärzten erhalten, gilt die von der Tierärztin bzw. vom Tierarzt festgelegte Wartezeit.

[Art. 106 VO (EU) 2019/6; § 50 TAMG]

15.9 Welche Arzneimittelanwendungen müssen Pferdehalterinnen und Pferdehalter dokumentieren? (TH)

Wurde das Pferd als Nicht-Schlachttier eingestuft, bestehen keine Dokumentationspflichten für die Tierhalterin bzw. den Tierhalter.
Gilt das Pferd als ein zum menschlichen Verzehr bestimmtes Schlachttier, gelten die Dokumentationspflichten für Halterinnen und Halter Lebensmittel liefernder Tiere. Mit neuem Tierarzneimittelrecht muss in diesem Rahmen auch die Anwendung von freiverkäuflichen Arzneimitteln bei Schlachtpferden dokumentiert werden.

[Art. 108 VO (EU) 2019/6]

15.10 Wie kann ein Pferd zum Nicht-Schlachttier deklariert werden? (TH)

Indem der Abschnitt II Teil II des Equidenpasses durch die behandelnde Tierärztin bzw. den behandelnden Tierarzt oder die den Pass ausstellende Stelle ausgefüllt und unterschrieben wird.

[Art. 38 Abs. 1 VO (EU) 2021/963]

16. Sonstige Fragen

16.1 Finden die Kontrollen der tierärztlichen Hausapotheken wie bisher alle 2 Jahre statt? (TA)

Ein Regelkontrollintervall gibt es nicht mehr. Tierärztliche Hausapotheken werden künftig risikoorientiert kontrolliert.

[§ 72 Abs. 3 TAMG]

16.2 Ist es weiterhin möglich, vom Veterinäramt eine Bescheinigung über die Anzeige der tierärztlichen Hausapotheke zu bekommen? (TA)

Die Ausstellung einer Bescheinigung durch das Veterinäramt ist weiterhin möglich. Sie kann zeitlich befristet sein.