Pressemitteilung
26.02.2025
Nr. 08/2025
Gesundheit - Tag der seltenen Erkrankungen am 28. Februar
Weiterentwicklung des Neugeborenen-Screenings: Eltern erhalten auffällige Befunde noch frühzeitiger
Eines von 750 Kindern kommt in Bayern jährlich mit einer angeborenen und sehr seltenen Erkrankung auf die Welt, die im Neugeborenen-Screening rechtzeitig entdeckt werden kann. Das sind etwa 150 betroffene Babys im Jahr. Anlässlich des Tages der seltenen Erkrankungen am 28. Februar hebt das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) die Bedeutung des Erweiterten Neugeborenen-Screenings hervor: Seit seiner Einführung in Bayern im Jahr 1999 wurden rund 2,9 Millionen Säuglinge gescreent, bei über 2.600 Kindern konnten damit Krankheiten wie z. B. Phenylketonurie oder Mukoviszidose erkannt und frühzeitig behandelt werden. Nun wurde das Neugeborenen-Screening weiter verbessert: Seit Anfang 2025 werden Eltern bei auffälligen Screening-Befunden direkt vom Labor benachrichtigt und wenn notwendig zur weiteren Abklärung und Behandlung an einen Spezialisten vermittelt. Bislang informierte das Screening-Labor im Falle eines auffälligen Befundes zunächst nur den Einsender der Blutproben (in der Regel die Geburtsklinik). Dieser trat dann an die Eltern heran.
Bayerns Gesundheits- und Präventionsministerin Judith Gerlach betonte: „Das Neugeborenen-Screening kann Kinderleben retten. Bayern war ganz entscheidend an der Entwicklung dieser Früherkennungsuntersuchung beteiligt. Allen im Freistaat geborenen Babys steht heute diese frühzeitige Untersuchung auf seltene schwere angeborene Krankheiten offen. So können angeborene Hormon- und Stoffwechselstörungen erkannt werden, noch bevor die betroffenen Kinder Symptome entwickeln. Das ist von unschätzbarem Wert.“
Die Ministerin ergänzte: „Das Neugeborenen-Screening unterstreicht die Relevanz einer präventiven Medizin und bedeutet einen großen Fortschritt für Kinder mit seltenen Erkrankungen. Wir helfen damit den Kindern und ersparen den betroffenen Familien viel Leid.“
Für Prof. Dr. Christian Weidner, Präsident des LGL, ist das Neugeborenen-Screening eine Erfolgsgeschichte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes: „Das Neugeborenen-Screening ist eine der wichtigsten Früherkennungsmaßnahmen überhaupt. Durch eine frühe Diagnose verbessert es die Lebensqualität der Betroffenen maßgeblich. Kinder, die ansonsten wahrscheinlich schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen hätten, entwickeln sich dank des Screenings und der Behandlungsmöglichkeiten wesentlich besser oder sogar normal.“ Weidner ergänzt: „Entscheidend ist, dass auffälligen Screening-Befunden unverzüglich nachgegangen wird. So kann das Neugeborene schnellstmöglich behandelt und weiterbetreut werden. Mit der Kommunikation der Befunde unmittelbar an die Eltern wird wertvolle Zeit gespart. Außerdem erhalten Familien in einer für sie schweren Situation unmittelbar Informationen darüber, an welche Spezialistin bzw. an welchen Spezialisten sie sich wenden können.“
Seltene, aber schwere Erkrankungen, die im Neugeborenen-Screening erfasst werden, können angeborene Störungen des Stoffwechsels, des Hormon-, Blut-, Immun- oder neuromuskulären Systems sein. Zu den häufigsten Befunden im Rahmen des Neugeborenen-Screenings zählen neben der Phenylketonurie und der Mukoviszidose unter anderem auch die Hypothyreose oder die Sichelzellkrankheit. Diese Erkrankungen sind beim Neugeborenen äußerlich nicht erkennbar, lassen sich aber bei einer Blut-Untersuchung feststellen. Unbehandelt können sie zu Organschäden, schweren Infektionen, Wachstumsstörungen, geistigen und körperlichen Behinderungen oder sogar zum Tod führen. In Bayern sorgt das Screening-Zentrum am LGL dafür, dass die Screening-Untersuchungen allen Neugeborenen angeboten und notwendige Kontrolluntersuchungen zeitnah durchgeführt werden. Die Teilnahmerate liegt bei etwa 99 Prozent der Neugeborenen.
Hintergrund: Erweitertes Neugeborenen-Screening in Deutschland
Bayern hat das Erweiterte Neugeborenen-Screening auf seltene Erkrankungen im Jahr 1999 eingeführt, flächendeckend auf Bundesebene kommt das Verfahren seit 2005 zum Einsatz.
Seit nunmehr zwanzig Jahren ist das Erweiterte Neugeborenen-Screening Bestandteil der Kinder-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses und wird als reguläre Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung angeboten. Das neue Mitteilungskonzept, das die Information der Eltern direkt vorsieht, gilt seit dem 13. Januar 2025.
Im Rahmen des Neugeborenen-Screenings werden im Laufe des zweiten bis dritten Lebenstages wenige Blutstropfen aus der Ferse oder einer Vene entnommen, auf eine Filterpapierkarte getropft und nach dem Trocknen sofort in eines der Screening-Labore geschickt. Eltern werden bei kontroll- und wiederholungsbedürftigen Befunden daran erinnert, fehlende Kontrolluntersuchungen durchführen zu lassen.
Tabelle: Häufigkeit der im Neugeborenen-Screening entdeckten Krankheiten in Bayern im Zeitraum 1999-2023 bei 2.854.189 gescreenten Neugeborenen
Erkrankung | Anzahl |
Hypothyreose | 899 |
Adrenogenitales Syndrom (AGS) | 217 |
Biotinidasemangel | 54 |
Galaktosämie (klassisch) | 44 |
Phenylketonurie (PKU/HPA) | 577 |
MCAD-Mangel | 297 |
weitere seltene Erkrankungen* | 257 |
Mukoviszidose (seit 09/2016) | 214 |
Schwere Immundefekte (SCID, seit 8/2019) | 8 |
Spinale Muskelatrophie (SMA, seit 10/2021) | 33 |
Sichelzellkrankheit (seit 10/2021) | 42 |
Gesamt | 2.642 |
*einschließlich einiger sehr seltener Erkrankungen, die in Bayern zusätzlich gescreent werden können, darunter Vitamin B12-Mangel, Methylmalonazidurie, Propionazidämie
Weiterführende Informationen zum Thema finden sich auf der Homepage des LGL.
Über das LGL
Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ist die zentrale Fachbehörde des Freistaats Bayern für Lebensmittelsicherheit, Gesundheit, Veterinärwesen und Arbeitsschutz/Produktsicherheit. Als interdisziplinäre, wissenschaftliche Fachbehörde verfolgt das LGL in seinem Handeln stets den „One-Health-Ansatz“ – denn nur gesunde Tiere liefern gesunde Lebensmittel, und nur eine gesunde Umwelt ermöglicht körperliches, geistiges und soziales Wohlergehen.
Daher sind am LGL verschiedene Fachgebiete bewusst unter einem Dach vereint. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen z. B. aus der Human- und Veterinärmedizin, der Lebensmittelchemie, aus den verschiedenen Ingenieurswissenschaften, der Physik, der Psychologie, der Ernährungswissenschaft, der Chemie oder Biologie. Sie arbeiten über Fachgrenzen hinweg zusammen und betrachten Sachverhalte aus verschiedenen Blickwinkeln.