Pflanzendrinks als Milchalternative haben unterschiedliche Zuckergehalte

Signet Jahresbericht 2024

Abstract

Im Rahmen eines Schwerpunktprojektes untersuchte das LGL 50 Pflanzendrinks sowie fünf Haferdrinkpulver zum Selbst-Anmischen auf den Gehalt an Zuckern und prüfte die Kennzeichnung der Erzeugnisse. Bei 95 % der untersuchten Proben konnte der deklarierte Zuckergehalt bestätigt werden. Bei drei Proben wurden Beanstandungen aufgrund von Abweichungen zwischen deklariertem und analytisch ermitteltem Zuckergehalt ausgesprochen (zwei Überschreitungen, eine Unterschreitung). In neun Fällen ergab die Untersuchung Hinweise auf eine Fermentation der Getreidezutat, ohne dass dies im Zutatenverzeichnis kenntlich gemacht worden war. Die Ergebnisse zeigen, dass nur in wenigen Fällen falsche oder unzureichende Informationen in der Kennzeichnung der untersuchten Produkte zu bemängeln waren.

Hintergrund

Laut dem Ernährungsreport 2024 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft stehen Milchprodukte bei 62 % der Bevölkerung auf dem täglichen Speiseplan. Der Anteil der Menschen, die jeden Tag zu vegetarischen oder veganen Alternativen zu tierischen Produkten greifen, ist von fünf Prozent im Jahre 2020 auf zehn Prozent im Jahre 2024 gestiegen. Insbesondere Jüngere greifen häufiger auf die vegetarischen oder veganen Alternativen zurück. 18 % der 14- bis 29-Jährigen und 12 % der 30- bis 44-Jährigen essen sie täglich. Bei den 45- bis 59-Jährigen sind es 8 %, bei den über 60-Jährigen 5 % [1].

Laut dem Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft hat sich der Pro-Kopf-Absatz von Milchersatzprodukten im deutschen Lebensmitteleinzelhandel zwischen 2018 und 2022 mehr als verdoppelt [2]. Die pflanzlichen Alternativprodukte gewinnen damit immer mehr an Bedeutung.

Milchersatzprodukte werden als „Drinks“ bezeichnet, da der Begriff „Milch“ ebenso wie die Bezeichnungen „Joghurt“, „Sahne“, „Butter“ und „Käse“ für Milchprodukte gesetzlich durch eine EU-Verordnung geschützt sind. „Milch“ ist dem Gemelk von Säugetieren wie Kuh, Büffel, Schaf oder Ziege vorbehalten, weshalb Bezeichnungen wie „Hafermilch“, „Mandelmilch“, „Reismilch“ oder „Sojamilch“ nicht erlaubt sind. Ausgenommen ist die Bezeichnung "Kokosmilch". Diese ist – wie auch die Begriffe „Kakaobutter“ oder „Erdnussbutter“ – seit vielen Jahren aufgrund einer Ausnahmeregelung zulässig.

Wie kommt der Zucker in den Pflanzendrink?

„Konservierungsstoffe“ sind Lebensmittelzusatzstoffe, die die Haltbarkeit von Lebensmitteln verlängern, indem sie sie vor Verderb durch Mikroorganismen und/oder vor dem Wachstum pathogener Mikroorganismen schützen.
Lebensmittelzusatzstoffe unterliegen dem Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt. Das bedeutet, dass nur Substanzen eingesetzt werden dürfen, die auch zugelassen sind.
Nach der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 über Lebensmittelzusatzstoffe darf in der Kategorie „gereifter Käse“ nur abgepackter, geschnittener Käse mit den Konservierungsstoffen „Sorbinsäure“ (E 200) und/oder „Kaliumsorbat“ (E 202) bis zu einer Höchstmenge von insgesamt 1000 mg/kg konserviert werden. Die Beschränkung auf Käse in Scheiben ist sinnvoll, da durch das Aufschneiden des Käselaibs oder -blocks eine größere Oberfläche für die Besiedelung durch Bakterien zur Verfügung steht.

Kennzeichnungspflicht

Dies soll am Beispiel Haferdrink erklärt werden. Hafer enthält von Natur aus knapp 60 % Kohlenhydrate, davon überwiegend Stärke, und nur knapp 1 % Zucker. Würde man einfach nur Haferkörner mit Wasser vermengen, würde man kein homogenes trinkfähiges Produkt erhalten. Daher wird – vereinfacht dargestellt – zur Herstellung eines klassischen Haferdrinks entspelzter Hafer geschrotet, mit reichlich Wasser versetzt und erwärmt. Anschließend werden dem Wasser-Hafer-Gemisch Enzyme zugesetzt, die im Fermentationsprozess die Stärke teilweise zu Zucker abbauen. Je nach Dauer des Fermentationsprozesses entsteht durch die Stärkespaltung mehr oder weniger Zucker. Es folgen weitere Schritte wie Filtration und Emulgation. Solche klassischen Haferdrinks enthalten in der Regel etwa 3 bis 5,5 g Zucker pro 100 ml.

Dient die Fermentation ausschließlich dazu, die erforderliche Löslichkeit der Getreidestärke in Wasser zu erzielen, ohne dass eine Änderung des Zuckergehalts erfolgt, ist die Bezeichnung der Getreideart – zum Beispiel „Hafer“ – im Zutatenverzeichnis ausreichend. Findet jedoch eine Verzuckerung der Stärke in einem Ausmaß statt, das sich durch einen süßen Geschmack und/oder durch einen veränderten Zuckergehalt auch auf
das fertige Getränk auswirkt, hat die Getreidezutat eine besondere Behandlung erfahren und der Verbraucher ist auf diese besondere Behandlung hinzuweisen. Hierzu wird die Bezeichnung der Getreideart im Zutatenverzeichnis entsprechend ergänzt, also beispielsweise zu „Hafer fermentiert“.

Angaben zum Zuckergehalt

Werbebotschaften wie „ohne Zuckerzusatz" oder „ungesüßt" können zu der falschen Annahme verleiten, die entsprechenden Pflanzendrinks seien insgesamt zuckerarm und damit eher zu empfehlen. Diese Aussagen bedeuten jedoch nur, dass kein zusätzlicher Zucker hinzugefügt wurde. Durch den oben beschriebenen Fermentationsprozess wird jedoch aus der Stärke Zucker gebildet, sodass die Drinks größere Mengen an Zucker enthalten können. Der Zuckergehalt schwankt je nach Sorte bzw. verwendetem Rohstoff. Ein „ungesüßter" Drink kann durchaus mehr Zucker beinhalten als ein gesüßter Drink auf Basis eines anderen Rohstoffs. Einige Erzeugnisse werden als „zuckerfrei“ bezeichnet oder mit der Angabe „0 % Zucker“ beworben. Die Angabe „zuckerfrei“ ist in der sogenannten „Health-Claims-Verordnung“ gesetzlich geregelt. Diese oder gleichlautende Angaben sind nur zulässig, wenn nicht mehr als 0,5 Gramm Zucker pro 100 g oder 100 ml eines Produkts enthalten sind. Die Bewerbung „ohne Zuckerzusatz“ bedeutet also etwas anderes als „zuckerfrei“. Während sich die Angabe „zuckerfrei“ auf den Gesamtzuckergehalt bezieht, informiert der Hinweis „ohne Zuckerzusatz“ nur darüber, dass kein Zucker zugesetzt wurde. Aufgrund der verwendeten Rohstoffe und des Herstellungsprozesses kann aber in einem Produkt mit der Auslobung „ohne Zuckerzusatz“ durchaus eine größere Menge Zucker enthalten sein. Wie können Verbraucherinnen und Verbraucher nun erkennen, wie viel Zucker in einem Pflanzendrink enthalten ist und verschiedene Produkte miteinander vergleichen? Bei vorverpackten Lebensmitteln muss auf der Verpackung eine Nährwerttabelle angegeben werden. In der Nährwerttabelle wird der Gehalt an Kohlenhydraten und der Gesamtzuckergehalt aufgeführt. Dabei müssen in dieser Tabelle alle im Lebensmittel vorhandenen Zucker (Einfach- und Zweifachzucker) zusammengerechnet und als „Zucker“ angegeben werden – unabhängig davon, ob sie zugesetzt wurden, von Natur aus enthalten oder durch die Fermentation entstanden sind. Anhand dieser Angabe können Verbraucherinnen und Verbraucher erkennen, wie viel Zucker tatsächlich im Pflanzendrink enthalten ist.

Ergebnisse

Im Rahmen eines Schwerpunktprojektes untersuchte das LGL 50 Pflanzendrinks sowie fünf Haferdrinkpulver zum Selbst-Anmischen auf ihren Zuckergehalt, prüfte die Angaben in der Nährwertdeklaration sowie weitere Angaben zum Zuckergehalt. Die 50 flüssigen Erzeugnisse verteilten sich auf 36 reine Haferdrinks, fünf Hafer-Soja- und zwei Hafer-Mandel-Mischungen, drei Mandeldrinks, einen Reisdrink und zwei Reis-Kokos-Drinks sowie einen Dinkel-Drink. Anhand dieser Zahlen zeigt sich die Hauptpräsenz der Haferdrinks auf dem Markt. Die hier beobachtete Verteilung deckt sich mit den Zahlen aus der Wirtschaft: Laut Informationsdienst der deutschen Wirtschaft betrug der Anteil von Haferdrinks am Gesamtumsatz an Milchersatzprodukten im Jahr 2022 56 % [2].
Insgesamt neun der flüssigen, haferbasierten Erzeugnisse wurden als „zuckerfrei“ oder mit „0 % Zucker“ beworben. Bei allen neun Pflanzendrinks betrug der analytisch ermittelte Zuckergehalt weniger als 0,5 g pro 100 ml. Damit erfüllten diese Proben die rechtliche Vorgabe der Health-Claims-Verordnung hinsichtlich der Angabe „zuckerfrei“. In der sensorischen Prüfung war deutlich erkennbar, dass es sich um „zuckerfreie“ Erzeugnisse handelte.

27 der flüssigen Erzeugnisse und alle fünf Pulver enthielten in der Etikettierung Angaben wie „ungesüßt“ oder „ohne Zuckerzusatz“. Bei 26 der Pflanzendrinks und vier der Pulver wurde der Verbraucher durch Angaben wie „enthält von Natur aus Zucker“, oder – bei Erzeugnissen auf Basis fermentierten Hafers – „enthält Zucker aus der Haferfermentation“ ausreichend darüber informiert, dass diese Produkte trotzdem Zucker enthalten. Nur bei einem flüssigen Produkt und einem Pulver war kein entsprechender Hinweis in der Kennzeichnung enthalten. In diesen Fällen wurde beanstandet, dass der Verbraucher nicht auf die den Zuckergehalt erhöhende Behandlung der Haferzutat hingewiesen wurde.

Im Hinblick auf die Angabe des Zuckergehaltes in der Nährwerttabelle musste bei einem Drink und bei zwei der Pulver eine Beanstandung ausgesprochen werden, da die nach dem Leitfaden der Europäischen Kommission [3] zulässige Abweichung zwischen dem deklarierten und dem analytisch ermittelten Zuckergehalt überschritten war. Der Drink enthielt weniger Zucker als deklariert. In den beiden Pulvern war dagegen mehr Zucker enthalten als angegeben. Bei 52 der insgesamt 55 vorgelegten Proben (95 %) konnte der deklarierte Zuckergehalt jedoch analytisch bestätigt werden.

Im Hinblick auf die allgemeine Kennzeichnung prüfte das LGL zusätzlich, ob im Rahmen der Zutatenliste die Zutaten, die einem Fermentationsprozess unterworfen worden waren, entsprechend bezeichnet worden sind. Hinweise auf eine Fermentation ergaben sich aus den deklarierten Kohlenhydratmengen in Kombination mit den deklarierten Zuckergehalten und dem Fehlen eines zusätzlichen Zuckerzusatzes. Bei insgesamt acht flüssigen Produkten und einem Pulver fehlte eine entsprechende Kenntlichmachung in der Zutatenliste. Hierzu wurden ebenfalls Beanstandungen ausgesprochen.

Fazit

Die Ergebnisse zeigen, dass die Mehrheit der Hersteller die für den Verbraucher wichtigen Informationen im Rahmen der Etikettierung korrekt mitteilen. Unzureichende Informationen waren nur in wenigen Ausnahmefällen zu bemängeln.

Literatur

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