Projekt Green Deal – Recycelte Kunststoffe für den Lebensmittelkontakt
Abstract
Ziel des Green-Deal-Projekts ist es, die bayernweite Umsetzung der neuen EU-Recycling-Verordnung für Lebensmittekontaktmaterialien aus Kunststoff zu unterstützen. Für diese Werkstoffe gibt es bislang zwei durch die EU zugelassene Recyclingtechnologien. Das LGL erstellte Kontrollkonzepte für diese Technologien. Gemeinsam mit den zuständigen Vor-Ort-Behörden auditierte und kontrollierte das LGL drei Unternehmen erfolgreich zur Einhaltung der Vorgaben aus der Verordnung.
Hintergrund
Kunststoffe sind in nahezu allen Bereichen des täglichen Lebens zu finden. Die Eigenschaften von Kunststoffen können durch Modifikationen und Zusatzstoffe teils stark verändert werden. Ihre vielseitigen Einsatzfelder, ihre Beständigkeit und Reaktionsträgheit machen Kunststoffen zu beliebten Materialien unter anderem für Verpackungen jeder Art. Die Verwendung von Kunststoffen und der Umgang mit Kunststoffabfällen sind viel diskutierte Themen der vergangenen Jahre. Die positiven Eigenschaften, wie etwa Beständigkeit und Reaktionsträgheit, werden mittlerweile immer mehr zum Problem, zum Beispiel wenn Kunststoffverpackungen in die Umwelt gelangen. Kunststoffe werden überwiegend aus fossilen Ressourcen gewonnen und sind meist nicht biologisch abbaubar.
Um die Nutzung von Kunststoffen in Zukunft nachhaltiger zu gestalten, hat sich die EU zum Ziel gesetzt, das Recycling von Kunststoffen in Europa stärker auszubauen. Recycelte Kunststoffe werden nicht thermisch verwertet, also ist Recycling nicht nur ressourcenschonend, es führt auch zu einer Reduzierung von CO2-Emissionen. Eine neue EU-Verpackungsverordnung, die im Februar 2025 in Kraft getreten ist, soll diesen Ausbau unterstützen. Sie sieht unter anderem vor, dass ab dem Jahr 2030 ein Mindestanteil an recycelten Materialien in allen Verpackungen eingesetzt werden muss.
Durch die neue EU-Verpackungsverordnung wird in den kommenden Jahren auch der Bedarf an recycelten Kunststoffen steigen, die für den Lebensmittelkontakt vorgesehen sind. Die EG-Verordnung Nr. 1935/2004 fordert u. a. von Kunststoffen für den Lebensmittelkontakt, dass sie unter den normalen oder vorhersehbaren Verwendungsbedingungen keine Bestandeile auf Lebensmittel in Mengen abgeben, die geeignet sind, die menschliche Gesundheit zu gefährden, eine unvertretbare Veränderung der Zusammensetzung der Lebensmittel herbeizuführen oder eine Beeinträchtigung der organoleptischen Eigenschaften (z.B. Geruch und Geschmack) der Lebensmittel herbeizuführen. Mit der EU-Verordnung Nr. 2022/1616 zum Recycling von Kunststoffen für den Kontakt mit Lebensmitteln soll sichergestellt werden, dass Recyclingmaterialien dieselben Anforderungen erfüllen wie neu produzierte Kunststoffe. Die Verordnung schreibt deswegen eine Dekontaminierung der gebrauchten Kunststoffe vor.
Die Dekontaminierung von recycelten Kunststoffen
Durch den Kontakt mit Lebensmitteln und der Umwelt können Kunststoffe mikrobiologisch verunreinigt sein, zum Beispiel durch Schimmelsporen und Bakterien. Während des Recyclings werden Kunststoffe aufgeschmolzen und verarbeitet. Dies geschieht bei deutlich über 100°C, wodurch Keime und Bakterien sicher abgetötet werden. Recycelte Kunststoffe gelten damit als mikrobiologisch dekontaminiert.
Kunststoffe, die aus dem dualen System der Abfallwirtschaft, zum Beispiel dem grünen Punkt, stammen, sind oft nicht nur mikrobiologisch, sondern auch chemisch verunreinigt. Als chemische Verunreinigung zählen geruchs- und geschmacksbildende Stoffe, die durch den Kontakt mit Lebensmitteln eingebracht werden, aber auch gesundheitlich relevante Stoffe, die durch falsche Verwendung in den Kunststoff gelangen und bei Kontakt ins Lebensmittel übergehen können. Eine mögliche Fehlanwendung ist beispielsweise die Lagerung von Reinigungsmitteln oder Motorenöl in Getränkeflaschen. Das derzeit gebräuchlichste Vorgehen zur chemischen Dekontaminierung von Recyclingkunststoffen ist das Anlegen eines Vakuums, um die Fremdstoffe aus dem Kunststoff zu lösen und abzutransportieren. Um diesen Vorgang zu beschleunigen, wird der Kunststoff zusätzlich erwärmt.
Recycling im Einklang mit dem EU-Recht
In der EU-Verordnung Nr. 2022/1616 werden Technologien aufgelistet, die nach derzeitigem Kenntnisstand anwendbar sind, um Recyclingkunststoffe herzustellen, die für den Kontakt mit Lebensmitteln geeignet sind. Momentan sind zwei Technologien für das Recycling von Kunststoffen für den Lebensmittelkontakt als geeignet eingestuft.
Die erste geeignete Technologie ist das mechanische PET-Recycling (PET= Polyethylenterephthalat), bei dem gebrauchte Lebensmittelbedarfsgegenstände aus PET zunächst gewaschen und zerkleinert werden. Die so gewonnenen Flakes werden dekontaminiert und regranuliert. Eingesetzt wird diese Technologie vor allem beim Bottle-to-Bottle-Recycling. Dort wird das recycelte Granulat hauptsächlich aus ehemaligen Getränkeflaschen gewonnen und anschließend zu neuen Getränkeflaschen verarbeitet. Das Eingangsmaterial für die Dekontaminierung darf aber auch aus anderen PET-Quellen stammen.
Abbildung 1: Herstellungsstufen beim Bottle-to-Bottle-Recycling
Geschlossene, überwachte Produktkreisläufe stellen die zweite zugelassene Technologie dar. Durch die Überwachung wird eine falsche Verwendung der Gegenstände weitestgehend ausgeschlossen. Als überwacht gelten die Produkte nur dann, wenn sie ausschließlich auf den Geländen der teilnehmenden Firmen (in Abbildung 2 als Nutzer bezeichnet) verwendet werden. Für Mehrwegverpackungen eignet sich diese Technologie somit nicht, da Verbraucher die Behälter mit nach Hause nehmen. Hierdurch ist eine dauerhafte Überwachung der Behälter nicht möglich und eine Fehlnutzung kann nicht ausgeschlossen werden.
Der Betreiber eines geschlossenen Kreislaufsystems muss regelmäßig überprüfen, ob die Produkte weiterverwendet werden können oder recycelt werden müssen. Ähnlich dem Bottle-to-Bottle-Recycling wird innerhalb des Kreislaufs nur ein Produkt hergestellt. Hierzu dürfen nur Kunststoffe aus dem Kreislauf eingesetzt werden, die Zugabe von neuem Kunststoff ist zulässig, um mögliche Qualitätsverluste auszugleichen.
Abbildung 2: Schema für geschlossene, überwachte Produktkreisläufe
Aufgaben der zuständigen Behörden
Die Sicherheit dieser beiden Technologien wurde durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bereits positiv bewertet.
Andere Recyclingtechnologien werden durch die EFSA bewertet, nachdem ihre Sicherheit im industriellen Maßstab nachgewiesen wurde. Positiv bewertete Technologien können anschließend in die Liste der geeigneten Recyclingtechnologien aufgenommen werden. Die Zulassung der Recyclingtechnologien und der Verfahren, mit denen die Technologien angewendet werden, erfolgt durch die Europäische Kommission. Die bayerischen Behörden sind für die amtliche Kontrolle der Umsetzung der Verfahren durch die Betriebe zuständig.
Wird der Betrieb einer Dekontaminierungsanlage bei der zuständigen Vor-Ort-Behörde angemeldet, muss eine Erstkontrolle in Form eines Audits durchgeführt werden. Recyclingbetriebe sind wie auch sonstige Hersteller von Lebensmittelkontaktmaterialien zudem grundsätzlich dazu verpflichtet, die gute Herstellungspraxis (GMP) (Verordnung (EG) Nr. 2023/2006) einzuhalten und werden auch daraufhin kontrolliert.
Rolle des LGL
Der Green Deal der EU ist eine Initiative der Europäischen Kommission, die darauf abzielt, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen und damit die Umwelt- und Klimaziele der EU zu erreichen. Der Green Deal umfasst verschiedene Maßnahmen und Politikbereiche, darunter die Reduzierung der Treibhausgasemissionen, die Förderung erneuerbarer Energien, die Steigerung der Energieeffizienz, die Förderung nachhaltiger Landwirtschaft und die Förderung einer kreislauforientierten Wirtschaft. Eine Maßnahme zum Erreichen dieses Ziels ist der verstärkte Ausbau des Kunststoffrecyclings.
Das LGL entwickelte im Rahmen eines Green-Deal-Projektes 2023 und 2024 Konzepte für GMP-Kontrollen sowie für die Auditierung von Recyclinganlagen und wendete diese an. Damit unterstützte das LGL die bayerischen Vor-Ort-Behörden beim Thema Kunststoffrecycling mit Kenntnissen in den Bereichen Betriebskontrollen und Werkstoffanalyse. Mit den während der Kontrollen gewonnenen Erkenntnissen optimierte das LGL die Konzepte weiter. Zudem steht das LGL mit den Kontrollbehörden anderer deutscher Bundesländer zu dieser neuen Thematik in fachlichem Austausch und wirkt an der Auslegung und Etablierung bundesweit einheitlicher Kriterien für die Überprüfung von Recyclingbetrieben mit.
Ergebnisse der Audits
Im Jahr 2024 führte das LGL zusammen mit den zuständigen Vor-Ort-Behörden die rechtlich geforderten Audits bei den beiden in Bayern registrierten PET-Recyclern durch. Beiden Betrieben wurde bestätigt, dass sie die Vorgaben der Recyclingverordnung sowie die gute Herstellungspraxis einhalten. Gleiches konnte einem Recyclingbetrieb bescheinigt werden, der Produkte aus einem geschlossenen, überwachten Produktkreislauf recycelt.
Bei den Betriebskontrollen nahmen das LGL und die Vor-Ort-Behörden eine Begehung der Produktionsräumlichkeiten und eine Überprüfung der Dokumente vor. Bei der Dokumentenprüfung müssen die Betriebe unter anderem die Einhaltung der zugelassenen Verfahren sowie ein funktionierendes Qualitätssicherungssystem nachweisen. Das Qualitätssicherungssystem muss dabei alle Vorgänge vom Wareneingang über die Produktion bis hin zum Warenausgang erfassen.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Dekontaminationsprozess, bei dem die Einhaltung der vorgegebenen Verfahrensparameter wie zum Beispiel Verarbeitungstemperatur und Verweildauer kontrolliert werden.
Ausblick
Im Jahr 2025 wird die Europäische Kommission weitere Recyclingtechnologien prüfen und ggf. zulassen. Dies gilt insbesondere für Technologien für das Recycling von Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP), die zu den am häufigsten verwendeten Verpackungsmaterialien gehören. Im Anschluss an die Zulassungen wird erwartet, dass sich weitere bayerische Betriebe für das Recycling von Kunststoffen mit Lebensmittelkontakt registrieren.
Auf die Überwachung kommen damit neue kunststoffspezifische Fragestellungen zu. Das LGL wird sich im Rahmen des Green-Deal-Projekts auch mit diesen neu zugelassenen Verfahren befassen, um die bayerischen Vor-Ort-Behörden fachlich auf die anstehenden Kontrollen von Recyclingbetrieben vorzubereiten.



