Radioaktivität in Lebensmitteln

Signet Jahresbericht 2021/22

Hintergrund der Untersuchungen

Nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl im Jahre 1986 wurden zum Schutz der Bevölkerung bundesweite Messprogramme zur Überwachung der Aktivitätsgehalte von künstlichen Radionukliden eingeführt. Die bundesweiten Messprogramme für Umwelt- und Lebensmittelproben nach § 162 Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) sind in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Integrierten Mess- und Informationssystem zur Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt (AVV-IMIS) beschrieben. Zusätzlich zu diesen Messprogrammen des Bundes und der Länder, die ca. 800 Lebensmittelproben umfassen, untersucht das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) im Auftrag des LGL jährlich bis zu 400 Wildfleisch- und Wildpilzproben auf Radiocäsium. Die Radioaktivitätsanalytik ist bayernweit am LfU zentralisiert.
Der Aufgabenbereich des LGL umfasst neben der Erstellung der Probenpläne, auch die Bewertung der Ergebnisse für die Wildfleisch- und Wildpilzproben. Wie in den vorangegangenen Jahren weisen die Proben (768 im Jahr 2021 und 855 im Jahr 2022) zur Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt (IMIS-Proben), die hauptsächlich direkt von Erzeugern stammen, äußerst niedrige Radiocäsiumgehalte (Summe aus Cäsium 134 und Cäsium 137) auf (siehe Tabellen 1 und Tabelle 2). Dagegen weisen die nach dem risikoorientierten Probenplan des LGL entnommenen bayerischen Wildpilze und Wildbretproben auch 36 Jahre nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl teils erhöhte Radiocäsiumgehalte auf.

Tabelle 1: Untersuchte Radioaktivitätsproben aus dem Jahr 2021.
Bezeichnung Probenzahlen Radiocäsiumgehalt in Bq/kg bzw. Bq/L
Ausland Inland Min. Max MW
IMIS-Proben (gesamt) 4 764    
Sammelmilch   215 <1 <1 <1
Käse   16 <1 <1 <1
Rindfleisch   91 <1 2 <1
Kalbfleisch 1 7 <1 2 <1
Schweinefleisch   39 <1 1 <1
Geflügelfleisch 1 26 <1 1 <1
Getreide   75 <1 <1 <1
Kartoffeln   42 <1 <1 <1
Gemüse 1 138 <1 2 <1
Beeren- und Kernobst 1 39 <1 <1 <1
Fische     <1 <1 <1
Säuglingsnahrung   25 <1 <1 <1
Trink/-Rohwasser   32 <1 <1 <1
Gesamtnahrung   19 <1 <1 <1
Wildbret (gesamt) 3 258    
Reh (Handel)        
Wildschwein (Handel) 3 137 <1 448 38
Wildschwein (QWM)   121 42 3050 341
Wildpilze (gesamt) 20 70    
Maronenröhrlinge   21 <1 2237 375
Pfifferlinge 7 4 9 33 13
Steinpilze 8 9 9 93 51
andere Wildpilze 5 36 <1 447 137
Tabelle 2: Untersuchte Radioaktivitätsproben 2022.
Bezeichnung Probenzahlen Radiocäsiumgehalt in Bq/kg bzw. Bq/L
Ausland Inland Min. Max MW
IMIS-Proben (gesamt) 64 791    
Sammelmilch   216 <1 <1 <1
Käse 10   <1 <1 <1
Rindfleisch 3 90 <1 2 <1
Kalbfleisch 2 8 <1 2 <1
Schweinefleisch 2 44 <1 1 <1
Geflügelfleisch 3 24 <1 1 <1
Getreide 2 80 <1 <1 <1
Kartoffeln 2 51 <1 <1 <1
Gemüse 10 141 <1 2 <1
Beeren- und Kernobst 6 39 <1 <1 <1
Fische 24   <1 <1 <1
Säuglingsnahrung   25 <1 <1 <1
Trink/-Rohwasser   35 <1 <1 <1
Gesamtnahrung   38 <1 <1 <1
Wildbret (gesamt) 3 277    
Reh, Hirsch, Hase (Handel)   3 <1 6 3
Wildschwein (Handel) 3 140 <1 542 46
Wildschwein (QWM)   134 202 9141 1173
Wildpilze (gesamt) 7 125    
Maronenröhrlinge   54 <1 780 106
Pfifferlinge 1   <1
Steinpilze 5 9 <1 103 22
andere Wildpilze 1 62 <1 252 59
IMIS Intensiv-Übung (gesamt)   317    
Sammelmilch   56 <5 <5 <5
Getreide   1 <5 <5 <5
Kartoffeln   2 <5 <5 <5
Gemüse   175 <5 <5 <5
Beeren- und Kernobst   77 <5 <5 <5
Trink/-Rohwasser   6 <5 <5 <5

IMIS-Intensiv-Übung 2022

Zusätzlich zum IMIS-Routinemessprogramm untersuchte das LGL im September 2022 im Rahmen einer bundesweiten Übung für den nuklearen Ereignisfall 317 Proben von bayerischen Erzeugern auf Radioaktivität. Die Proben waren alle ohne auffälligen Befund. Bei diesen Proben wurde allerdings nur darauf geprüft, ob eine Aktivität größer 5 Bq/kg vorhanden ist.

Radioaktivität in Wildpilzen

In den Berichtsjahren 2021 und 2022 untersuchte das LfU im Auftrag des LGL 222 Wildpilzproben, 195 davon stammten aus bayerischen Wäldern. Zwei Proben Maronenröhrlinge überschritten den EU-Radiocäsiumgrenzwert von 600 Bq/kg. Alle anderen Wildpilzproben lagen unter dem geltenden EU-Radiocäsiumgrenzwert. Für den Groß- bzw. Einzelhandel bestimmte Wildpilze aus EU-Drittländern, wie Steinpilze oder Pfifferlinge, unterliegen der Überwachung durch die Zollbehörden in Zusammenarbeit mit den zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden. Um kontaminierte Ware von der Einfuhr in die Europäische Gemeinschaft auszuschließen, werden stichprobenartig importierte Wildpilze auf deren Radiocäsiumbelastung überprüft. In den Jahren 2021 und 2022 stellte das LGL bei keiner dieser 27 Importproben Radiocäsiumgehalte über dem EU-Grenzwert von 600 Bq/kg fest.

Radioaktivität in Wildschweinfleisch

Bayerische Wildschweine weisen bis heute erhöhte Radiocäsiumwerte auf. Für die stark schwankende Radiocäsiumbelastung der Tiere sind vor allem die regionale Bodenbelastung mit Cäsium 137 und das verfügbare Nahrungsmittelangebot wie Wildpilze und Hirschtrüffel ausschlaggebend. Die Tiere nehmen das Radiocäsium über die Nahrung auf und reichern es im Muskelfleisch an.

Damit Wildschweinfleisch mit Radiocäsiumgehalten über dem EU-Grenzwert von 600 Bq/kg nicht in den Handel gelangt, überwacht das LGL stichprobenartig Wildschweinfleisch aus dem Groß- bzw. Einzelhandel, Gaststätten und Metzgereien. Von den 283 in den Jahren 2021 und 2022 untersuchten Proben aus dem Handel wiesen 62 % nur eine sehr niedrige Aktivität von unter 10 Bq/kg Radiocäsium auf. 24 % lagen bei einem Radiocäsiumgehalt zwischen 10 Bq/kg und100 Bq/kg, weitere 9 % blieben noch unter 300 Bq/kg und 5 % lagen zwischen 300 Bq/kg und 600 Bq/kg. Keine der Wildschweinproben überschritt den EU-Grenzwert von 600 Bq/kg. Die hinsichtlich der Radiocäsiumgehalte unauffälligen Untersuchungsergebnisse 2021 und 2022 von Wildschweinfleisch aus dem bayerischen Einzel- und Großhandel bestätigen die niedrigen Radiocäsiumgehalte der früheren Jahre.

Mit Hilfe des bayernweiten Netzwerkes der Qualifizierten Wildbretmessstellen (QWM) führt die bayerische Jägerschaft auch Eigenkontrollen durch, um sicherzustellen, dass kein Wildschweinfleisch mit einer Radiocäsiumbelastung über dem EU-Grenzwert in den Handel gelangt. Bei den Wildschweinproben mit dem höchsten Radiocäsiumgehalten von 3.050 Bq/kg (Berichtsjahr 2021) und 9.141 Bq/kg (Berichtsjahr 2022) handelte es sich jeweils um eine direkt vom Jäger stammende Probe. Die Messdaten der Handelsproben im Vergleich belegen die Wirksamkeit der Eigenkontrollen durch die Messstellen der bayerischen Jäger. Weitere Informationen zu diesem Thema sowie die Einzelergebnisse der im Rahmen der Überwachung der Umweltradioaktivität durchgeführten Messungen sind auf den Internetseiten des LfU (www.lfu.bayern.de, Suchbegriff „Strahlenschutzvorsorge Messwerte“) und des LGL (www.lgl.bayern.de, Suchbegriff „Qualifizierte Messstellen“) veröffentlicht.

Mehr zu diesem Thema

Allgemeine Informationen zum Thema

Jahresbericht 2021/2022