Zusammenhang zwischen Keuchhusten und plötzlichem Kindstod

Abstract

Infektionen wie Keuchhusten können ein mögliches Risiko für den plötzlichen Kindstod sein. Während der 70er und 80er Jahre ist die Keuchhusten-Impfung in vielen Ländern zurückgegangen, aus Angst vor Komplikationen. In der Bundesrepublik Deutschland (BRD) wurde sie zwischen 1974 und 1991 nicht empfohlen. In der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wurde hingegen durchgehend geimpft. In den westdeutschen Bundesländern lag die Rate der Keuchhusten-Fälle höher als in den ostdeutschen Bundesländern. Die Häufigkeit an Keuchhusten und plötzlichem Kindstod war direkt miteinander korreliert. Die Raten an plötzlichem Kindstod waren in Ost-Deutschland deutlich niedriger als in West-Deutschland. Interventionen zur Keuchhusten-Impfung, zusammen mit den Empfehlungen zur Schlafposition, erklärten einen Großteil der Abnahme des plötzlichen Kindstodes in der BRD. Studien haben gezeigt, dass der Einfluss der Schlafposition vor allem bei vorangegangenem Atemwegsinfektion von Bedeutung ist.

Hintergrund

Infektionserkrankungen spielen möglicherweise eine bedeutsame Rolle in der Entstehung des plötzlichen Kindstodes. Insbesondere der Pertussis (Keuchhusten)-Erreger könnte hier ursächlich wirken. Ende der 70er und während der 80er Jahre war der plötzliche Kindstod besonders häufig; in dieser Zeit war die Keuchhusten-Impfquote in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) niedrig. Die Angst vor möglichen Komplikationen, die sich nicht bestätigt hat, hatte dazu geführt, dass in der BRD die Keuchhusten-Impfung zwischen 1974 und 1991 nicht weiterempfohlen wurde. In der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) waren die Impfquoten hingegen unverändert hoch. Ziel der vorliegenden Studie war es, den Zusammenhang der Häufigkeit von Keuchhusten und plötzlichem Kindstod in West- und Ost-Deutschland zu untersuchen und zu vergleichen.

Ergebnisse

In West-Deutschland sank die Rate von plötzlichem Kindstod von 1.68 (pro 1.000 Lebendgeburten) in 1991 um 30 % auf 1.18 in 1992, parallel zur Wiederaufnahme der Empfehlung zur Keuchhusten-Impfung durch die Ständige Impfkommission (STIKO) im Jahr 1991. Im selben Jahr wurde auch im Deutschen Ärzteblatt auf das erhöhte Risiko des plötzlichen Kindstods durch die Bauchlage beim Schlafen hingewiesen. In Ost-Deutschland lag die Rate an plötzlichem Kindstod mit 0.79 im Jahr 1991 unter der Rate in West-Deutschland. Neben der höheren Impfquote in Ost-Deutschland gab es 1972 ein Dekret, Säuglinge nicht in die gefährliche Bauchlage zu legen. Im Jahr 2000 empfahl die STIKO die zusätzliche Impfung von Jugendlichen. Ebenfalls wurde die Rückenlage alleinig als sichere Schlafposition propagiert. Die Raten des plötzlichen Kindstodes sanken in beiden Teilen Deutschlands sukzessive auf 0,1 pro 1.000 Lebendgeburten in 2020. In der Zeitreihenanalyse („Interrupted Time Series Analysis”) zeigte sich eine signifikante Veränderung sowohl in der Höhe („Level”) als auch im Trend („Slope”) für West-Deutschland im Jahr 1991 (Abbildung 1).


Abbildung 1: Zeitreihenanalyen (1980 - 2020) für (A) West-Deutschland und (B) Ost-Deutschland

Für beide Teile Deutschlands ergab sich eine signifikante Veränderung im Trend im Jahr 2000, allerdings ohne signifikante Veränderung in der Höhe. Die Korrelation zwischen dem plötzlichen Kindstod und der Häufigkeit von Keuchhusten - gemessen als Krankenhausdiagnosen – im Zeitraum 1994-2019 betrug 0.69 in fünf westlichen und 0.41 in drei östlichen Bundesländern (Abbildung 2). Die fünf westlichen Bundesländer waren Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hessen, und Nordrhein-Westfalen, die östlichen Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Die Korrelation wurde in späteren Jahren schwächer.


Abbildung 2: Zeitreihenanalyen (1980 - 2019) von Keuchhusten-Erkrankungen und plötzlichem Kindstod für (A) West-Deutschland und (B) Ost-Deutschland

Fazit

Es zeigt sich eine deutliche Korrelation zwischen Häufigkeit von Keuchhusten-Erkrankungen und plötzlichem Kindstod. Ein kausaler Zusammenhang lässt sich nicht ausschließen.

Maßnahmen

Die bekannten Schutzmaßnahmen gegen eine Keuchhusten-Infektion können möglicherweise auch vor dem plötzlichen Kindstod schützen. Hier sind vor allem die termingerechten Impfungen der Säuglinge und der engen Kontaktpersonen zu nennen. Die mütterliche Impfung bietet einen Schutz in den ersten Lebensmonaten, bis die Säuglinge ihre eigenen Antikörper aufgebaut haben. Bei Atemwegserkrankungen der Kontaktpersonen ist ein sicherer Abstand zu erwägen. Die Empfehlungen zur Rückenlage als Schlafposition und zu einer sicheren Schlafumgebung gelten weiterhin, ebenso wie das Vermeiden von Rauchen in der Umgebung von Säuglingen.

Ausblick

Die Häufigkeit des plötzlichen Kindstodes ist in den letzten Jahrzehnten erfreulicherweise stark zurückgegangen. Hier gilt es, einen Wiederanstieg in jedem Fall zu verhindern, z.B. durch eine nachlassende Impfbereitschaft.

Referenz

Müller-Nordhorn, J., Hakimhashemi, A., Willich, S.N. et al. The association of public health interventions regarding both infant sleep position and pertussis immunization with sudden infant death syndrome rates: an ecological study. BMC Pediatr 25, 79 (2025). DOI: https://doi.org/10.1186/s12887-025-05429-7

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