Pressemitteilung
31.01.2025
Nr. 04/2025
Gesundheit
LGL-Studie: Keuchhusten erhöht bei Säuglingen das Risiko für einen plötzlichen Kindstod
Es zeigt sich ein direkter Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Keuchhustenfällen und dem Auftreten des plötzlichen Kindstods. Nach gleichzeitiger Einführung der Keuchhusten-Impfempfehlung und der Änderung der Empfehlung zur Schlafposition bei Säuglingen verringerte sich die Todesfallrate innerhalb nur eines Jahres um 30 Prozent. Das LGL rät grundsätzlich zur Keuchhustenimpfung gemäß der geltenden STIKO-Empfehlung.
Der plötzliche Kindstod ist weltweit eine der Hauptursachen für den Tod von Säuglingen, auch wenn die Zahlen in vielen Ländern über die letzten Jahrzehnte deutlich zurückgingen. Gefährdet sind Babys im ersten Lebensjahr, besonders in den ersten sechs Monaten. Die genaue Ursache für den plötzlichen Kindstod ist bislang nicht bekannt. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) konnte nun – in Zusammenarbeit mit der Berliner Charité und der Universität Würzburg – anhand von Krankenhausdaten der Jahre 1980 bis 2020 einen statistischen Zusammenhang zwischen der Zahl der Keuchhustenfälle (Pertussis) und der Rate beim plötzlichen Kindstod feststellen.
„Unsere Untersuchungen haben nun erstmals einen direkten Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Keuchhusten und plötzlichem Kindstod in Deutschland gezeigt“, erklärt die Leiterin der Studie Prof. Dr. Jacqueline Müller-Nordhorn. Bekannt war bisher, dass dem plötzlichen Kindstod häufig unspezifische Erkältungssymptome vorausgehen. Die Studie zeigte auch, dass sich parallel mit der Wiederaufnahme der Keuchhusten-Impfempfehlung durch die Ständige Impfkommission (STIKO) und der gleichzeitigen Änderung der Empfehlung zur Schlafposition in Rückenlage in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) die Rate beim plötzlichen Kindstod von 1,68 (pro 1.000 Lebendgeburten) im Jahr 1991 auf 1,18 im Jahr 1992 verringerte – und damit um 30 Prozent. Anders im Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR): Dort lag die Rate bereits 1991 mit 0,79 deutlich darunter. In der DDR war auch in den 1970er- und 1980er-Jahren durchgehend gegen Keuchhusten geimpft worden.
In Westdeutschland hingegen hatte in den 1970er- und 1980er-Jahren die Verunsicherung hinsichtlich der – schon lange widerlegten – möglichen Komplikationen der Keuchhustenimpfung zu einem Rückgang der Impfquoten geführt. In diesem Zeitraum wurde in Westdeutschland sowie zahlreichen anderen westlichen Ländern die meisten Fälle von plötzlichem Kindstod verzeichnet. Mit der Wiederaufnahme der Keuchhustenimpfung in vielen Ländern sank die Rate – in Gesamt-Deutschland bis 2020 schließlich auf 0,1.
Keuchhusten beginnt bei Säuglingen oft mit unspezifischen Erkältungssymptomen, während die typischen Hustenanfälle fehlen können. So erklärt sich, dass die Diagnose Pertussis bei Säuglingen häufig übersehen wird. „Eine mögliche Ursache könnte – neben den bekannten schweren Komplikationen des Keuchhustens wie plötzlichem Atemstillstand – auch ein Krampf des Kehlkopfes sein“, erläutert Müller-Nordhorn. „Bei Säuglingen gibt es weniger Gegenmechanismen, die hier schützend wirken können.“
Prof. Dr. Christian Weidner, Präsident des LGL, betont: „Auch wenn die Zahl der Fälle von plötzlichem Kindstod hierzulande insgesamt stark zurückgegangen ist, sind 2023 in Deutschland immer noch 82 Säuglinge daran gestorben. Ein erneuter Anstieg der plötzlichen Kindstodrate muss in jedem Fall verhindert werden. Wesentliche Maßnahme sind neben der Rückenlage als Schlafposition sowie einem gesunden Schlafumfeld vor allem die Impfungen für die Säuglinge. Ebenso wichtig ist auch die Impfung der Mutter gegen Keuchhusten, die seit 2020 von der STIKO empfohlen wird. Sie dient dazu, dass den Neugeborenen mütterliche Antikörper als Schutz mitgegeben werden, bis die eigenen Antikörper aufgebaut sind.“
Daneben wird auch die Impfung gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) seit kurzem von der STIKO für Säuglinge empfohlen. Das RSV könnte über ähnliche Mechanismen wie das Keuchhustenbakterium Auslöser für den plötzlichen Kindstod sein. „Für die Prävention sind nicht nur die Impfungen selbst wichtig, sondern auch, dass sie termingerecht gegeben werden“, ergänzt Weidner. „Dadurch lässt sich das Risiko für einen plötzlichen Kindstod noch einmal deutlich verringern.“
Weiterführende Informationen zur Studie sind auf der Webseite des LGL unter Zusammenhang zwischen Keuchhusten und plötzlichem Kindstod zu finden. Ein zugehöriger Fachartikel (in Englisch) ist im Journal BMC Pediatrics abrufbar.
Allgemeine Informationen zum Thema:
LGL: Infektionskrankheit Keuchhusten
LGL: Schutzimpfung gegen Keuchhusten
LGL: Sicherer und gesunder Babyschlaf
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Keuchhusten-Impfung bei Kindern
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Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ist die zentrale Fachbehörde des Freistaats Bayern für Lebensmittelsicherheit, Gesundheit, Veterinärwesen und Arbeitsschutz/Produktsicherheit. Als interdisziplinäre, wissenschaftliche Fachbehörde verfolgt das LGL in seinem Handeln stets den „One-Health-Ansatz“ – denn nur gesunde Tiere liefern gesunde Lebensmittel, und nur eine gesunde Umwelt ermöglicht körperliches, geistiges und soziales Wohlergehen.
Daher sind am LGL verschiedene Fachgebiete bewusst unter einem Dach vereint. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen zum Beispiel aus der Human- und Veterinärmedizin, der Lebensmittelchemie, aus den verschiedenen Ingenieurswissenschaften, der Physik, der Psychologie, der Ernährungswissenschaft, der Chemie oder Biologie. Sie arbeiten über Fachgrenzen hinweg zusammen und betrachten Sachverhalte aus verschiedenen Blickwinkeln.