BlueTox: Belastung von Nahrungsergänzungsmitteln und Fischen mit Blaualgentoxinen

Das Projekt wurde vom Sachgebiet Chemikaliensicherheit und Toxikologie in Verbindung mit den Sachgebieten Nahrungsergänzung-Novel Food und Fachlabor Lebensmittel des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit durchgeführt.

Einleitung

Im Süßwasser lebende Blaualgen (Cyanobakterien) haben, in Abhängigkeit von den Umgebungsbedingungen in ihrem Lebensraum, die Fähigkeit Toxine zu bilden. Die Giftstoffe mit der größten Bedeutung in unseren Gewässern sind die Microcystine. So bilden die kokkoide Alge Microcystis und die fädige Alge Planktothrix ein aus drei D-Aminosäuren (D-Ala, D-Glu, D-erythro-ß-Methyl-Asp) und ADDA (3-Amino-9-methoxy-2,6,8-trimethyl-10-phenyl-trans, trans-4,6-decadiensäure) zusammengesetztes zyklisches Heptapeptid mit einem Molekulargewicht von 800 - 1100 Dalton. Erstmalig 1982 konnten die Toxine isoliert und drei Jahre später auch ihre Struktur aufgeklärt werden. In der Folgezeit wurden mehr als 70 verschiedene Strukturhomologe beschrieben.

Microcystine (MC) können nur mit Hilfe von Transportsystemen in Zellen aufgenommen werden. Im Magen-Darm-Trakt ist es nach oraler Aufnahme der multispezifische Gallensäurecarrier, der eine Aufnahme aus dem Darmlumen ermöglicht. Als Hauptaufnahmeort gilt das Ileum, in dessen Bereich sich eine hohe Dichte an entsprechenden Transportsystemen findet. Die Leber ist der Hauptzielort der Microcystine. Es wird angenommen, dass MC den aktiven Transportmechanismus des Gallensäurecarriers der Leberzelle benötigen, um intrazellulär aufgenommen zu werden. Dies erklärt die Zell- und Organotropie von MC. Im Hepatozyten wird aufgrund einer kovalenten Bindung sehr spezifisch die Proteinphosphatase gehemmt, woraufhin phosphorylierte Proteine, z. B. die Cytokeratine, ansteigen. Diese induzieren Veränderungen in der Zellform, der Anordnung der intrazellulären Filamente und der Membranstrukturen. Der zweite Wirkungsweg, der nur teilweise bekannt ist, besteht in der Beeinflussung des Arachidonsäuremetabolismus. Dies führt zur Bildung biologisch aktiver Substanzen, die in der Folge zur Verengung von Blutgefäßen und einer gesteigerten Thrombozytenaggregation und damit letztlich zur Blutgerinnung in der Leber führt.

Chemische Struktur der Microcystine

Abbildung: Chemische Struktur der Microcystine




Fachlicher Hintergrund des Projektes

Im Rahmen von Blaualgenmassenentwicklungen, die während der Sommerzeit in vielen Gewässern beobachtet werden können, kann es zur Freisetzung dieser Toxine in den betroffenen Gewässerbereichen kommen. Die Belastungssituation von Fischen, die in belasteten Gewässern gefangen werden, ist weitgehend unbekannt. Vor diesem Hintergrund soll der essbare Anteil und Leberproben von Fischen aus unterschiedlichen Gewässern und Teichen untersucht werden. Zudem sollen Proben aus dem Oberflächenwasser untersucht werden, um den Zusammenhang zwischen äußerer Belastung und innerer Exposition näher zu erforschen.

Algen haben darüber hinaus, z. B. in Mexiko, Afrika und China eine lange Tradition als Nahrungsmittel. Entsprechende technologische Entwicklungen machten in den letzten Jahrzehnten den Massenanbau von Spirulina und Chlorella und seit Mitte der achtziger Jahre auch von Aphanizomenon flos-aquae (sogenannte AFA-Alge) möglich. Grundsätzlich enthalten derartige Algen biologisch hochwertige Proteine mit einem hohen Anteil an essentiellen Aminosäuren, so dass sie als Nahrungsergänzungsmittel durchaus sinnvoll erscheinen. Über die Wirkungen und Nebenwirkungen vieler Inhaltsstoffe liegen bisher jedoch kaum Kenntnisse vor. Nahrungsergänzungsmittel, insbesondere Produkte aus Spirulina platensis, Chlorella pyrenoidosa und Aphanizomenon flos aquae (AFA) erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, obwohl vertiefte Kenntnisse zur Belastungssituation mit Toxinen für Nahrungsergänzungsmittel auf Algenbasis bisher nur äußerst begrenzt vorliegen.

Zielsetzung des Projektes

Ziel des Projektes war es, einen vertieften Eindruck der Belastungssituation der Toxine in Nahrungsergänzungsmitteln und in Süßwasserfischen zu erhalten, da in Deutschland hierzu nur sehr begrenzt Ergebnisse vorlagen. Die wenigen verfügbaren Daten deuteten zum Teil darauf hin, dass ein größerer Anteil an Nahrungsergänzungsmitteln mit Microcystinen belastet sein könnte. Die Daten aus dem Projekt sollten dazu beitragen, eine genauere Risikoeinschätzung für die Bevölkerung ermöglichen.

Ergebnisse

Mittlerweile liegen zum Projekt folgende Ergebnisse vor:

Wissenschaftliche Veröffentlichungen

S.C. Walther, S. Boehmer, P. Resch, W. Völkel, H. Fromme (2008) Microcystine in Algenprodukten als Nahrungsergänzungsmittel. Poster zur Tagung der Deutschen Gesellschaft für Toxikologie und Pharmakologie, Mainz

Weiterführende Literatur

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