Die Wasserpfeife: Ermittlung der umweltmedizinischen Bedeutung durch Messung der inneren und äußeren Exposition von Rauchern und Nichtrauchern

Das Pilotprojekt zielte auf Expositionsbereiche gegenüber dem Tabakrauch ab, für die bisher keine oder nur unzureichend Daten in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben sind. Es sollte die äußere Exposition im Rahmen des Wasserpfeiferauchens untersucht werden. Das Projekt wurde vom Sachgebiet Chemikaliensicherheit und Toxikologie des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit gemeinsam mit dem Institut und der Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München und in Kooperation mit dem Bundesinstitut für Risikoabschätzung durchgeführt.

Einführung und Problemstellung

Das Rauchen von Wasserpfeifen erfreut sich in Mitteleuropa zunehmender Beliebtheit. Auch wenn bisher keine gesicherten Daten über die Häufigkeit und Intensität des Rauchens vorliegen, muss davon ausgegangen werden, dass gerade in der jungen Generation ein deutlicher Zuwachs besteht. Dabei wird bei den Nutzern oft davon ausgegangen, dass beim Rauchen einer Wasserpfeife nicht mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen gerechnet werden muss. So wird zum Beispiel oft angenommen, dass der Rauch durch das Wasser quasi „gefiltert“ und somit die Fremdstoffe des Tabakrauchs nicht inhaliert werden. Darüber hinaus werden irreführende Kennzeichnungen der Tabake vorgenommen, die mit Aussagen wie zum Beispiel „0 % Teer“ Nutzer nicht korrekt über Risiken informieren.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein ähnliches Substanzspektrum im Rauch von Wasserpfeifen gefunden werden kann wie im Zigarettenrauch. Quantitative und qualitative Unterschiede können sich allerdings aufgrund verschiedener Temperaturen in den Glutzonen und der Zusammensetzung der Tabake ergeben.

Verschiedene Studien kommen zu dem Ergebnis, dass im Hauptstromrauch insbesondere hohe Gehalte an Nikotin, „Teer“, Metalle (zum Beispiel Arsen, Nickel, Chrom, Blei), Kohlenmonoxid (CO), Stickoxide (NOx), Aldehyde und Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe gefunden werden können (Shihadeh et al. 2003, Shihadeh et al. 2005, Monn et al. 2007, Sepetdijan et al. 2008, Monzer et al. 2008, Al Rashidi et al. 2008).

Ein großer Unterschied zum Zigarettentabak ist die nötige Befeuchtung des Wasserpfeifentabaks durch zum Beispiel Stoffe wie Glycerin oder Melasse. Problematisch ist dabei aber vor allem, dass aus diesen Stoffen hoch giftige Substanzen entstehen können. So entsteht aus Glycerin das Acrolein (Propenal), das im Versuchstier eindeutig krebserregend ist. Durch eine erhebliche Beimischung von Glycerin bis zu 50 % der Trockenmasse des Tabaks in speziellen importierten Tabaken muss mit einer erheblichen Exposition gegenüber diesen Substanzen gerechnet werden.

Daten zur Belastung der Innenraumluft während des Rauchvorgangs liegen in der wissenschaftlichen Literatur bisher nur sehr begrenzt vor. So ermittelten Maziak et al. (2008) in einem Laborversuch PM2,5-Konzentrationen von 264 µg/m³ (unbelasteter Raum: 48 µg/m³) während des Rauchens einer Wasserpfeife. Zu sehr hohen Partikelbelastungen kommt auch eine Untersuchung in Berlin, bei der in acht Wasserpfeifen-Cafes PM2,5-Gehalte zwischen 51 und 2727 µg/m³ gefunden wurden (BA F-K 2007) Auch die Passivrauchbelastung Dritter kann somit wegen fehlender Daten nicht abgeschätzt werden.

Die gesundheitlichen Risiken des Wasserpfeiferauchens sind bisher nur unzureichend untersucht. Neben der Inhalation gesundheitsschädlicher Substanzen sind andere Randbedingungen bei der Bewertung der Exposition zu berücksichtigen. So wird das Wasserpfeiferauchen üblicherweise über einen wesentlichen längeren Zeitraum (circa 50 Minuten) durchgeführt und das Zugvolumen ist mit 0,5 bis 1,0 Liter deutlich größer als beim Rauchen von Zigaretten (circa 35 ml).

Es gibt jedoch erste Hinweise, dass neben der problematischen Aufnahme einer Vielzahl an teilweise kanzerogenen Substanzen ein erhöhtes Risiko für maligne Erkrankungen zu bestehen scheint. Auch deutet sich an, dass die Lungenfunktion verschlechtert wird und Krankheitserreger vermehrt übertragen werden. Beim Rauchen in der Schwangerschaft besteht zudem ein erhöhtes Risiko ein Kind mit niedrigerem Geburtsgewicht zu gebären. Zudem muss davon ausgegangen werden, dass der hohe Nikotingehalt mit einem entsprechenden Suchtpotential verbunden ist.

Eine erste zusammenfassende Bewertung des Bundesinstitutes für Risikobewertung kommt zu dem Schluss, dass diese Art des Rauchens durch die hohe Suchtgefahr, die hohe Nikotinaufnahme und die Inhalation anderer, zum Teil krebserregender Substanzen, gesundheitlich problematisch ist (BfR 2006). Aufgrund der äußerst eingeschränkten Datenlage sieht sich das BfR aber bisher außerstande eine quantitative Risikoabschätzung durchzuführen. Weitere Übersichtsarbeiten, auch zu den Gesundheitseffekten, wurden von der Weltgesundheitsorganisation (WHO 2005) und von Knishkowky & Amitai (2005) veröffentlicht.

Rauchverhalten in der Bevölkerung

Bisher gibt es erst wenige Untersuchungen in denen die Häufigkeit des Wasserpfeifenrauchens in Deutschland ermittelt wurde. Eine Befragung von 1147 Schülerinnen und Schüler im Alter von 10- bis 15 Jahren ergab, dass 31 % der Schüler täglich Wasserpfeife rauchten (BA F-K 2007). Ergebnisse liegen darüber hinaus nur aus einer umfangreichen Repräsentativbefragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung vor, in der Anfang 2007 bundesweit 3.602 Jugendliche im Alter von 12 bis 19 Jahren befragt wurden (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) 2007). Hierbei zeigte sich, dass 85 % der Jugendlichen die Wasserpfeife oder Shisha bekannt war, mindestens einmal in ihrem Leben haben 38 % der Wasserpfeife geraucht. Der Anteil der Jugendlichen, die im letzten Jahr mindestens einmal Shisha geraucht haben, betrug 31 % und 14 % gaben an in den letzten 30 Tagen mindestens einmal geraucht zu haben.

Vor diesem Hintergrund muss davon ausgegangen werden, dass diese Form des Tabakrauchens zu einem besonderen gesundheitlichen Problem, gerade bei Jugendlichen, werden wird. Zusätzlich wird davon ausgegangen, dass, auch aufgrund des Suchtpotentials, das Wasserpfeiferauchen den Einstieg zum Zigarettenrauchen bahnt.

Wasserpfeifenzubehör: Tabak, Greifzange, in Alufolie eingewickeltes Kopfstück

Projektdurchführung

Im Rahmen des experimentellen Untersuchungsansatzes wurden in einem definierten Raum unter üblichen Lüftungsbedingungen die Konzentrationsverläufe tabaktypischer flüchtiger und schwerflüchtiger Schadstoffe sowie der Partikel in der Raumluft gemessen. In der Sitzung wurde über einen Zeitraum von circa 4 Stunden eine Wasserpfeife geraucht. Der Untersuchungsumfang umfasst insbesondere die Partikelmasse, die Partikelanzahl, die Partikeloberfläche, die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK), die tabaktypischen flüchtigen organische Verbindungen (zum Beispiel Nicotin, 3-Ethenylpyridin, Acrolein, Acrylnitril, Acetaldehyd, Formaldehyd, 2-Butanon, 1,3-Butadien), verschiedene Metalle sowie die anorganischen Gase Kohlenmonoxid und die Stickoxide.

Ergebnisse

Die Untersuchungen, bei denen über 4 Stunden mehrfach eine Wasserpfeife geraucht wurde, ergaben hohe Gehalte an Feinstäuben, Kohlenmonoxid (CO), Blei, Nikotin und verschiedenen kanzerogenen Substanzen wie Cadmium, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und Benzol. So lagen z. B. die mittleren Benzolgehalte während der Wasserpfeifensitzung 15-mal höher als normalerweise in Wohnungen. Es wurden mittlere Feinstaubgehalte (als PM2,5) von 432 µg/m³ und mittlere Partikelanzahlkonzentrationen von 319.000 Partikel/m³ gemessen. Zum Vergleich: In unbelasteten Wohninnenräumen werden ungefähr 20-30 µgPM2,5/m³ und 10.000-20.000 Partikel/m³ beobachtet. Die während der Untersuchung gefundenen Konzentrationen sind mit denen von verrauchten Gaststätten vergleichbar.

Die Kohlenmonoxid-Gehalte lagen zeitweise deutlich über den Leitwerten zur Luftqualität der WHO (25 ppm für 1 Stunde und 10 ppm für 8 Stunden) und überschritten selbst den Arbeitsplatzgrenzwert von 30 ppm.

Mittlerweile liegen zum Projekt folgende Ergebnisse vor:

Wissenschaftliche Veröffentlichungen

H. Fromme, S. Dietrich, D. Heitmann, H. Dressel, J. Diemer, T. Schulz, R. Jörres, K. Berlin, W. Völkel (2009) Indoor air contamination during a waterpipe (narghile) smoking session. Food Chem Toxicol 47, 1636-1641 (Online unter: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19394392)

Link zum Kurzbericht (PDF 121 KB)

Weitere Veröffentlichungen

Mittlerweile liegt eine weitere umfangreiche Übersichtsarbeit aus dem LGL zu der Thematik vor:

H. Fromme, W. Schober (2016). Die Wasserpfeife (Shisha) – Innenraumluftqualität, Human-Biomonitoring und Gesundheitseffekte. Bundesgesundheitsbl 59, 1593-1604. (Online unter: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27778085)

Literatur

  1. Al Rashidi M, Shihadeh A, Saliba NA. 2008. Volatile aldehydes in the mainstream smoke of the narghile waterpipe. Food Chem Toxicol online published: doi:10.1016/j.fct.2008.09.007.
  2. BA F-K (Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg) (Hg.). 2007. Studie "Vorsicht Wasserpfeife". Berlin.
  3. BfR 2006. Gesundheits- und Suchtgefahren durch Wasserpfeifen. Aktualisierte gesundheitliche Bewertung Nr. 037/2006 des BfR vom 15.April 2005. Berlin, 31.7.2006.
  4. BzgA (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung). 2007. Förderung des Nichtrauchens bei Jugendlichen. Eine Repräsentativbefragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Köln; (online: www.bzga.de/studien).
  5. Knishkowky B, Amitai Y. 2005. Water-pipe (narghile) smoking: an emerging health risk behavior. Pediatrics 116; 113-119.
  6. Maziak W, Rastam S, Ibrahim I, Ward KD, Eissenberg T. 2008. Waterpipe-associated particulate matter emissions. Nicotine Tob Res 10; :519-523.
  7. Monn Ch, Kindler P, Meile A, Brändli O. 2007. Ultrafine particle emissions from waterpipes. Tob Control 16; 390-393.
  8. Monzer B, Sepetdjian E, Saliba N, Shihadeh A. 2008. Charcoal emissions as a source of CO and carcinogenic PAH in mainstream narghile waterpipe smoke. Food Chem Toxicol 46; 2991-2995.
  9. Sepetdjian E, Shihadeh A, Saliba NA. 2008. Measurement of 16 polycyclic aromatic hydrocarbons in narghile waterpipe tobacco smoke. Food Chem Toxicol 46; 1582-1590.
  10. Shihadeh A. 2003. Investigation of mainstream smoke aerosol of the argileh water pipe. Food Chem.Toxicol. 41; 143-152.
  11. Shihadeh A., Saleh R. 2005. Polycyclic aromatic hydrocarbons, carbon monoxide, “tar�?, and nicotine in the mainstream smoke aerosol of narghile water pipe. Food Chem.Toxicol. 43; 655-661.
  12. WHO Study Group on Tobacco Product Regulation. 2005. Waterpipe tobacco smoking: health effects, research needs and recommended actions by regulators. WHO Geneva.

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