Pilotstudie zur Aufnahmekinetik von synthetischen Mikro- und Nanopartikeln – Einfluss der Partikelgröße auf die intestinale Resorption beim Menschen

Das Projekt wurde gemeinsam vom Sachgebiet Chemikaliensicherheit und Toxikologie des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und dem Institut und der Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin der LMU München im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz durchgeführt.

Hintergrund

Synthetische Partikel (sP) werden weltweit in vielen Technikfeldern und Industriezweigen zur Optimierung von Produkten und Produktionsprozessen eingesetzt. Dadurch steigt das Risiko einer Weiterverteilung in den verschiedenen Umweltmedien und möglicherweise einer Anreicherung von sP in der unmittelbaren Lebenswelt des Menschen. Durch Aerosolisierung, Schmutzwassertransport oder Abrasion und Korrosion (z. B. von Straßen und Gebäuden) können sP leicht in der Umwelt freigesetzt werden. Dies betrifft in erster Linie Partikel, die nicht in einer festen Matrix eingebunden, sondern auf Trägermaterialien fixiert sind. Dazu gehören Oberflächen, die mit Silberpartikeln beschichtet sind, um die Haltbarkeit von Produkten zu erhöhen, aber auch Funktionstextilien mit antimikrobieller Ausrüstung durch Nanosilber (Abbildung 1). Die aufgelagerten sP können durch Abrieb oder Auswaschung vom Menschen direkt nach Freisetzung in der Umwelt und indirekt über die Belastung des Nahrungsmittelpfades aufgenommen werden.

Mikroskopische Aufnahme von Nanosilberpartikeln

Abbildung 1: REM-Aufnahme von Nanosilberpartikeln

Bei der Projektplanung lagen zahlreiche Studien zur inhalativen Aufnahme vor, die die Resorption von Partikeln aus dem Lungengewebe und den Weitertransport in Sekundärorgane belegten. Experimentelle Daten zur Aufnahme von mikro- und nanoskaligen sP aus dem Magen-Darm-Trakt fehlten dagegen weitgehend. Die Informationen sind jedoch im Rahmen der Risikovorsorge notwendig, da Nanopartikel möglicherweise im Darm schneller resorbiert werden als mikroskalige Partikel desselben Materials. Dies hätte erhebliche Implikationen, da eine erhöhte Aufnahme von Nanopartikeln das zelluläre Gleichgewicht empfindlich stören und adverse Effekte in sekundären Zielorganen nach sich ziehen könnte. So zeigten Mäuse, die oral Mikrokupfer verabreicht bekamen, in allen Geweben weder pathologische Veränderungen noch erhöhte Kupferspiegel. Die gleiche Menge Nanokupfer lagerte sich hingegen präferentiell in Niere, Milz und Leber ab und induzierte pathologische Veränderungen in den Organen der behandelten Tiere (Chen et al., 2007. Identification of target organs of copper nanoparticles with ICP-MS technique. J. Radioanal. Nucl. Chem. 272: 599-603). Die Übertragbarkeit solcher Effekte auf den Menschen war unklar. Aus diesem Grund war ein besseres Verständnis der toxikokinetischen Eigenschaften von mikro- und nanoskaligen sP im menschlichen Organismus dringend erforderlich.

Ziel der Studie

Das Projekt zielte darauf ab, die Aufnahmekinetik von umweltrelevanten synthetischen Mikro- und Nanopartikeln aus dem Magen-Darm-Trakt des Menschen zu charakterisieren. Von besonderem Interesse waren Partikel, die sich durch äußere Einträge in der unmittelbaren Lebenswelt des Menschen anreichern (Silber) oder in größeren Mengen gezielt eingesetzt werden (Titandioxid). In einem experimentellen Ansatz sollte möglichst umfassend geklärt werden, ob Nanopartikel nach oraler Zufuhr schneller intestinal resorbiert werden als mikroskalige Partikel desselben Materials. Im Rahmen eines Humanbiomonitorings bei gesunden Probanden und Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (Morbus Crohn) wurden der zeitliche Verlauf der Partikelaufnahme durch Konzentrationsmessungen in Blut und Urin analysiert und größenspezifische Kinetikprofile errechnet. Zusätzlich sollte auch der Einfluss des Einnahmemediums (Wasser, kleines Frühstück) auf die intestinale Resorption der Partikel untersucht werden.

Folgende Kernfragen sollten mit dem Projekt beantwortet werden:

  • Werden oral aufgenommene Nanopartikel im Darm schneller resorbiert als mikroskalige Partikel desselben Materials und wie lang ist die Verweildauer im menschlichen Organismus?
  • In welchen (Einnahme-)Medien (flüssig/fest) werden Mikro- bzw. Nanopartikel besonders bevorzugt über den Magen-Darm-Trakt aufgenommen?
  • Lassen sich ggf. potenzielle Risikogruppen unter den Verbrauchern (z. B. Patienten mit Morbus Crohn) identifizieren?

Arbeitsprogramm

An jeweils zwei Versuchstagen nahmen die Studienteilnehmer in VE-Wasser suspendierte Nano- oder Mikropartikel (Titandioxid oder Silber) zusammen mit einem kleinen Frühstück zu sich. Im Rahmen eines Humanbiomonitorings wurde mittels sequentieller induktiv gekoppelter Hochfrequenzplasma-Massen-Spektrometrie (ICP-MS) der zeitliche Verlauf der Partikelresorption über den Magen-Darm-Trakt durch Konzentrationsmessungen in Blut und Urin analysiert und größenspezifische Kinetikprofile errechnet. Bei Planung und Konzeption der Studie stand die Ethik-Kommission der Bayerischen Landesärztekammer beratend zur Seite.

Ergebnisse

Bericht zum Forschungsvorhaben: Wirkung von Umweltpartikeln nach oraler Aufnahme (PDF,1,27 MB)

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