Nachweis von BoHV-2 bei einer klinisch erkrankten Kuh in Bayern
Abstract
In einem Milchviehbestand wies das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) bei einer Milchkuh mit Fieber und schmerzhaften Euter- und Zitzenhautveränderungen Bovines Alphaherpesvirus 2 (BoHV-2) nach. BoHV-2 ist der Erreger der Bovinen Herpesmammillitis (BHM). Der Nachweis erfolgte mittels Real-Time-PCR, Virusanzucht und Elektronenmikroskopie aus dem veränderten Hautmaterial. Das Vorkommen von Antikörpern gegen BoHV-2 in Europa ist beschrieben, der direkte Nachweis des Virus aus Gewebeproben klinisch erkrankter Tiere ist dagegen äußerst selten.
Hintergrund
Bei der Bovinen Herpesmammillitis (BHM) handelt es sich um eine schmerzhafte Erkrankung von Euter und Zitzen beim Rind, die sich unter anderem durch die Bildung von Blasen und tiefgreifende Defekte der betroffenen Hautareale auszeichnet. Der Erreger dieser Erkrankung, das Bovine Alphaherpesvirus 2 (BoHV-2), wird vorwiegend durch den Melkakt übertragen, aber auch stechende oder beißende Insekten verbreiten das Virus als mechanische Vektoren.
Das LGL schätzte in einer vorangegangenen bayernweiten Studie den Anteil von Rindern mit Antikörpern gegen das Virus (Seroprävalenz) gegen BoHV-2 auf etwa 5%. Auch europaweit werden BoHV-2-spezifische Antikörper regelmäßig detektiert. Dennoch gelingt die gesicherte Diagnose bei klinischen Verlaufsformen durch den direkten Nachweis des Virus oder eine Virusanzucht aus Proben der veränderten Haut nur selten. So untersuchte das LGL im Rahmen der Studie von 2017 bis 2019 239 Proben erkrankter Rinder, wies jedoch BoHV-2-Genom in keiner Probe nach.
Im Sommer 2024 zeigte eine vierjährige Milchkuh ein gestörtes Allgemeinbefinden, Fieber und geschwürige Veränderungen von Zitzen- und Euterhaut, aus denen klares Sekret austrat (Abbildung 1). Der Hoftierarzt entnahm daraufhin Krustenmaterial und schickte dieses zur Abklärung von Euter- und Kuhpocken sowie BHM an das LGL. Das LGL untersuchte die Probe im ersten Schritt mittels Real-Time-PCR.
Abbildung 1: Euter der erkrankten Milchkuh mit den für die Bovine Herpesmammillitis typischen Läsionen der Haut
Ergebnisse
In der Probe wies das LGL BoHV-2 mit sehr hoher Genomlast (Cq-Wert 11) nach (Abbildung 2). Auch unter dem Elektronenmikroskop gelang die Darstellung der Viruspartikel (Abbildung 3). Um im nächsten Schritt festzustellen, ob es sich um infektiöses, vermehrungsfähiges Virus handelt, erfolgte die Anzucht auf KOP-R-Zellen. Bereits nach zwei Tagen waren in der Zellkultur Herpesvirus-typische Veränderungen lichtmikroskopisch zu erkennen (Abbildung 4).
Abbildung 2: Nachweis von BoHV-2-Genom in der Probe in der Real-Time-PCR (Zweifachansatz, logarithmische Darstellung). Die X-Achse bildet die Anzahl der Amplifikationszyklen (Cycles) ab, die Y-Achse die Fluoreszenzintensität (RFU = Relative Fluorescence Unit).
Abbildung 3: Elektronenmikroskopische Darstellung der BoHV-2-Viruspartikel aus der Probe der erkrankten Kuh.
Abbildung 4: Durch Wachstum von BoHV-2 verursachter Herpesvirus-typischer, zytopathogener Effekt auf KOP-R-Zellkultur.
Fazit
Der vorliegende Fall zeigt zum einen, dass eine aussagekräftige labordiagnostische Untersuchung die aufmerksame Beobachtung der Tiere und rasche Einsendung von geeignetem Probenmaterial voraussetzen. Zum anderen wird deutlich, dass durch BoHV 2 verursachte Hautveränderungen klinisch nicht sicher von solchen, die durch Viren der Familie Poxviridae hervorgerufen werden, unterschieden werden können. Somit ist die differentialdiagnostische Abklärung einer BHM bei einem Verdacht auf Euter- oder Kuhpocken grundsätzlich sinnvoll.
Maßnahmen
Das LGL untersucht seit mehreren Jahren routinemäßig Gewebeproben von Rindern mit entsprechender Symptomatik parallel auf BoHV-2, Para- und Orthopoxviren mittels Real-Time-PCR. Möglichkeiten, der BHM beispielsweise durch Sanierung oder Impfung entgegenzuwirken, sind noch nicht oder wenig erforscht. Bei Auftreten von Krankheitsfällen ist insbesondere auf gute Melkhygiene zu achten.
Ausblick
Die Infektion mit BoHV-2 ist nicht als Tierseuche nach EU-Tiergesundheitsrecht gelistet. Sie hat aber in einigen Ländern, zum Beispiel in Italien, in der Vergangenheit immer wieder zu Krankheitsausbrüchen geführt, die abhängig vom Schweregrad auch mit wirtschaftlichen Einbußen durch Mastitiden (Euterentzündungen) und Leistungsabfall einhergingen. Dagegen sind in anderen Ländern, beispielsweise den Niederlanden, keine klinischen Ausbrüche bekannt. Auch wird der Erreger dort nur extrem selten direkt detektiert, obwohl Antikörper regelmäßig nachgewiesen werden.
Nach Kenntnis des LGL konnte in Deutschland bisher kein kausaler Zusammenhang zwischen Hautläsionen und einem Nachweis von BoHV-2 hergestellt werden. Daher wird vermutet, dass die Infektionen hierzulande häufig symptomlos verlaufen und somit keine wichtige Rolle für Landwirtschaft und Nutztierhaltung spielen. Das LGL wird weiterhin beobachten, ob diese Annahme weiterhin Bestand haben wird und es sich im vorliegenden Fall um einen Einzelfall handelt oder ob in Zukunft vermehrt nicht nur Antikörper, sondern auch das Virus selbst bei klinisch kranken Rindern nachgewiesen wird.



