Pressemitteilung

11.11.2024
Nr. 37/2024

Gesundheit

Demenz im Krankenhaus: Heutige LGL-Fachtagung zeigt Praxisbeispiele guten Delir-Managements in Bayern

Mehr als 60.000 Patientinnen und Patienten bayerischer Krankenhäuser erleiden jährlich ein Delir, einen Zustand akuter Verwirrtheit, der lebensgefährlich werden kann. Der heute von der Koordinierungsstelle Bayern Demenz im Krankenhaus am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) organisierte „2. Bayerische Fachtag Demenz im Krankenhaus – Herausforderung Delirmanagement“ zeigt jedoch: Es gibt bereits erprobte Konzepte für eine angepasste Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Delir, die innerhalb der Krankenhauslandschaft übertragbar sind. 

Bayerns Gesundheits- und Pflegeministerin Judith Gerlach betonte anlässlich der Fachtagung: „In Bayern leben bereits jetzt rund 270.000 Menschen mit Demenz. Prognosen gehen von steigenden Zahlen in den kommenden Jahrzehnten aus. Menschen mit Demenz sind in besonderem Maße gefährdet, während eines Krankenhausaufenthaltes ein Delir zu entwickeln. Dabei ist es unser Ziel, die bayerischen Kliniken auf ihrem Weg zu einem demenzsensiblen Versorgungsangebot zu unterstützen. Deshalb fördern wir die ‚Koordinierungsstelle Bayern Demenz im Krankenhaus‘ gemeinsam mit der sozialen und privaten Pflegeversicherung vorerst bis ins Frühjahr 2026 mit rund 1,3 Millionen Euro.“

„Das Delir stellt für die Betroffenen eine zusätzliche Belastung während des Krankenhausaufenthaltes dar. Und auch das Krankenhauspersonal muss damit unter erschwerten Behandlungsbedingungen arbeiten“, sagte Professorin Dr. Caroline Herr, Amtsleitung Gesundheit des LGL. „Umso wichtiger sind Behandlungskonzepte, die eine ganzheitliche Sichtweise umfassen und bei Bedarf Angehörige einbinden. Das LGL unterstützt Krankenhäuser und deren Mitarbeitende beim Wissens- und Erfahrungsaustausch im Umgang mit Delir und berät zu den Konzepten“, fügte Herr hinzu.

Wichtig für ein wirkungsvolles Delir-Management im Rahmen der Versorgung ist insbesondere, Orientierung und Struktur für die Betroffenen zu schaffen, ihnen Beschäftigungsmöglichkeiten anzubieten und Mobilität zu ermöglichen. Die Erkennung und Vermeidung von Delir bei Demenz kann verschieden angegangen werden, je nach Personal, Struktur und Ausrichtung des jeweiligen Krankenhauses. Bei der Etablierung eines Konzeptes werden idealerweise zunächst medizinische Standards definiert, die über eine zentrale Stelle und ein Delir-Team möglichst weit in den Kliniken ausgerollt werden, um alle Fachdisziplinen ins Boot zu holen. 

Am heutigen Fachtag in Nürnberg, zu dem sich über 100 Teilnehmende aus verschiedenen Berufsgruppen, darunter Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Selbsthilfegruppen einfanden, standen vor allem Maßnahmen im Mittelpunkt, mit denen Delirien frühzeitig erkannt und vermieden werden können. Die Konzepte können dabei die gesamte Tagesstrukturierung umfassen, inklusive eines Angebotes von Beschäftigungsgruppen und eines gemeinsamen Mittagstischs.

Ein Pflegekonzept im Rahmen des Delir-Managements sieht zum Beispiel vor, dass Prophylaxe und Behandlung von Delir im Team von spezialisierten Pflege- und Betreuungskräften auf der Basis des person-zentrierten Ansatzes praktiziert wird. Durch diesen Ansatz sollen Betroffene Geborgenheit und Sicherheit erfahren. Ein weiteres Konzept setzt auf eine persönliche Begleitung der Betroffenen, die bei Notfällen bereits im Notfallzentrum beginnt, die weiteren Stationen über die elektronische Patientenakte informiert, ein einheitliches Medikationsschema definiert und auf Umgebungsgestaltung setzt.

„Ferner zeigt sich, dass die Expertise, die Angehörige in der oft langjährigen, intensiven Betreuung von Menschen mit Demenz mitbringen, eine wichtige Ressource für das Delir-Management darstellen kann. Im Einzelfall kann die Einbindung der Angehörigen mitentscheidend sein“, ergänzte Herr.

Weiterführende Informationen 
Das Thema Menschen mit Demenz im Krankenhaus gewinnt vor dem Hintergrund des demografischen Wandels kontinuierlich an Bedeutung: Mit zunehmendem Alter steigt nicht nur die Wahrscheinlichkeit, an einer Demenz zu erkranken, sondern auch die Häufigkeit der Krankenhauseinweisungen. Die Begleiterscheinungen des Demenzsyndroms führen dazu, dass Menschen mit Demenz eine besonders vulnerable und gleichzeitig häufige Patientengruppe in Akutkrankenhäusern darstellen. 
Akutkrankenhäuser haben in Kooperation zwischen medizinischer Forschung und Pflegewissenschaft eine Reihe delirpräventiver Maßnahmen entwickelt, unter anderem die angepasste Gestaltung von Kommunikation, Prozessen und Umgebung oder die Einbindung von Angehörigen und ehrenamtlich Helfenden in die Versorgung.
Die seit 1. April 2023 bestehende Koordinierungsstelle Bayern Demenz im Krankenhaus wird unter anderem aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention (StMGP) finanziert.