Desinfektionsmittelrückstände in Speiseeis 2010 bis 2013

Speiseeis bietet Mikroorganismen aufgrund seiner Zusammensetzung gute Wachstumsbedingungen, solange es noch nicht gefroren ist. Bei der Herstellung von Speiseeis ist daher die Betriebshygiene sehr wichtig. Reinigungsmittel, die speziell für Eisdielen bzw. die handwerkliche Speiseeisherstellung angeboten werden, enthalten oft neben den schmutzlösenden Bestandteilen einen bioziden Wirkstoff zur Desinfektion. Häufig werden für diesen Anwendungszweck quartäre Ammoniumverbindungen (QAV) verwendet. QAV sind kationische Tenside, die sowohl in Wasser als auch in Fett löslich sind und dadurch Schmutz und Fett in Wasser binden können. Einige dieser Stoffe wirken keimtötend, zum Beispiel Benzalkoniumchloride (BAC) oder Dimethyldidecylammoniumchlorid (DDAC-C10). BAC werden deshalb auch als Arzneimittelbestandteil eingesetzt. Dabei handelt es sich bei BAC um keine einzelne chemische Verbindung, sondern um ein Gemisch von strukturell ähnlichen Substanzen, die sich nur in der Anzahl der Kohlenstoffatome einer Seitenkette unterscheiden. Von den Desinfektionsreinigern, die durch die deutsche veterinärmedizinische esellschaft für den Einsatz im Lebensmittelbereich zugelassen sind, enthält mehr als die Hälfte QAV. QAV haften nach ihrer Anwendung als Desinfektionsmittel gut an behandelten Oberflächen. Sie werden durch Wasser schlecht abgespült, von protein- und fettreichen Lebensmitteln aber gut aufgenommen. Wird deshalb nach der Desinfektion nicht ausreichend mit Trinkwasser – am besten heiß – gespült, können Reste auf Lebensmittel übergehen.

Rechtliche Einordnung

Dimethyldidecylammoniumchlorid (DDAC-C10) und Benzalkoniumchloride (BAC) sind lebensmittelrechtlich Pflanzenschutzmittelwirkstoffe ohne gesetzlich festgelegte Rückstandshöchstgehalte. Nach Verordnung EG 396/2005 gilt für solche Stoffe ein allgemeiner Rückstandshöchstgehalt von 0,01 mg/kg. Der ständige Ausschuss für die Lebensmittelkette und die Tiergesundheit der EU (StALuT) hat nach einer Risikoabschätzung mit Beschluss vom 13. Juli 2012 einen zeitlich befristeten Toleranzwert von 0,5 mg/kg für DDAC-C10 sowie auch für die Summe an BAC mit den Kettenlängen von zwölf bis sechzehn Kohlenstoffatomen festgelegt. Darüber liegende Gehalte werden unabhängig von der analytisch nicht bestimmbaren Ursache beanstandet.

Entwicklung der vergangenen Jahre

Das LGL untersucht seit dem Jahr 2009 systematisch Speiseeis und andere Milchprodukte auf Rückstände von Benzalkoniumchloriden und DDAC-C10. Die meisten Eisproben stammten aus handwerklicher Herstellung in Eisdielen, mobilen Verkaufsständen oder der Systemgastronomie. Die Anzahl der vom LGL in den vergangenen vier Jahren jeweils analysierten Proben und die festgestellten Gehalte an BAC bzw. DDAC-C10 sind in der Abbildung dargestellt.

Balkendiagramm: Anzahl der vom LGL in den vergangenen vier Jahren jeweils analysierten Proben und die festgestellten Gehalte an BAC bzw. DDAC-C10

Abbildung: Anzahl der vom LGL in den vergangenen vier Jahren jeweils analysierten Proben und die festgestellten Gehalte an BAC bzw. DDAC-C10

Dabei wurde unterschieden zwischen Proben, in denen weder Rückstände an BAC noch DDAC-C10 nachweisbar waren, Proben, in denen die festgestellten Gehalte eines oder beider Wirkstoffe unter dem Toleranzwert des StALuT von 0,5 mg/kg lagen und Proben, bei denen für einen oder beide Wirkstoffe der Toleranzwert von 0,5 mg/kg überschritten war. Seit 2010 nimmt der Anteil der Proben ohne BAC- oder DDAC-C10-Rückstände zu, während immer weniger Proben Gehalte unter oder gar über dem Toleranzwert aufweisen. Auffällig ist das Jahr 2011, in dem sich die festgestellten Gehalte in einem ähnlichen Verhältnis wie im Jahr 2013 verteilten. Ursache hierfür ist, dass im Jahr 2011 mit 18 von 31 Proben überwiegend industriell hergestelltes Speiseeis aus dem Einzelhandel untersucht wurde. In diesem konnte das LGL ebenso wie in vier Proben eines industriellen Herstellers aus dem Jahr 2010 keine oder nur Spurengehalte an BAC oder DDACC10 unter der analytischen Bestimmungsgrenze feststellen. Bei den Proben aus der Lebensmittelindustrie kommt offenbar zum Tragen, dass dort die Hygienemaßnahmen zentral von einer Fachabteilung gesteuert werden und bei den weitgehend geschlossenen Systemen andere Reinigungsverfahren wie etwa die Cleaning-in-Place (CIP)-Reinigung zum Einsatz kommen. Bei Eisdielen oder mobilen Verkaufsständen handelt es sich dagegen in der Regel um kleinere Familienbetriebe, die unter Umständen über die Problematik nicht in dem Maße informiert sind wie industrielle Hersteller und wegen der offenen Herstellungsweise eine größere Notwendigkeit zur Desinfektion sehen. Deshalb wird das LGL zur Minimierung der QAV-Rückstände den Schwerpunkt der Untersuchungen auch in Zukunft auf Proben aus der handwerklichen Speiseeisherstellung legen und bereits bei Gehalten unterhalb des Toleranzwertes des StALuT den Herstellern einen Hinweis auf die Rückstandsproblematik mit möglichen Maßnahmen geben.

Mehr zu diesem Thema

Allgemeine Informationen zum Thema