Süßer Genuss mit Risiko? Glycerin in zuckerfreiem Slush-Eis auf dem Prüfstand

Anlass und Hintergrund der Untersuchungen

Slush-Eis gehört zu den beliebten Erfrischungsgetränken, welche besonders an heißen Sommertagen gerne getrunken bzw. „geschlürft“ werden. Gerade kleinere Kinder lieben die leuchtenden Farben, den süßen Geschmack und die halbgefrorene Konsistenz. Doch was viele nicht wissen: Zuckerreduzierte Produkte können einen problematischen Zusatzstoff enthalten: Glycerin (E 422).

Slushi-_Eismaschinen © Smarterpix / BreakingTheWalls

Abbildung: Slush-Eis ist eine beliebte Erfrischung im Sommer

Eigentlich als Feuchthaltemittel oder Verdickungsmittel genutzt und zugelassen [1], wird Glycerin in zuckerreduzierten Produkten teilweise in ungewöhnlich hohen Mengen verwendet, um die Slush-Eis-Eigenschaften aufrechtzuerhalten und ein komplettes Gefrieren der Flüssigkeit zu verhindern. In zuckerhaltigen Produkten wird dies durch den Zucker gewährleistet. Hohe Glycerin-Konzentrationen können aber nicht nur die Qualität des Produkts beeinflussen, sondern möglicherweise auch gesundheitliche Risiken mit sich bringen.

Den britischen Lebensmittelüberwachungsbehörden sind zwei Fälle in Schottland aus den Jahren 2021 und 2022 bekannt, in denen Kinder wegen einer Glycerinvergiftung durch übermäßigen Konsum von Slush-Eis-Getränken ins Krankenhaus eingeliefert wurden.
Aufgrund einer behördlichen Warnmeldung aus England [2], in der betont wurde, dass die Aufnahme von Glycerin in erhöhten Mengen insbesondere bei Kindern unter vier Jahren zu Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Hypoglykämie oder Bewusstlosigkeit führen kann, untersuchte das LGL im Herbst 2024 sowie Frühjahr 2025 insgesamt 53 Slush-Eis-Proben auf ihren Gehalt an Glycerin.

Rechtsgrundlagen

Glycerin (E 422) ist gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 als Zusatzstoff u.a. in aromatisierten Getränken und damit auch für Slush-Eis und Sirup zugelassen. Für Glycerin gelten keine festen Höchstmengen, sondern die sogenannte quantum-satis-Regel. Das bedeutet, dass Lebensmittelhersteller nur so viel einsetzen dürfen, wie nach den Grundsätzen guter Herstellungspraxis notwendig ist, um die gewünschte technologische Wirkung zu erzielen. Dabei dürfen Verbraucherinnen und Verbraucher weder getäuscht noch ihre Gesundheit gefährdet werden. Die tatsächlich eingesetzte Menge hängt somit vom jeweiligen Verwendungszweck ab und liegt im Rahmen der guten Herstellungspraxis in der Verantwortung des Unternehmens. Sie ist grundsätzlich auf das notwendige Minimum beschränkt, um z. B. die Textur oder Stabilität des Produkts zu verbessern.
Obwohl Glycerin einen süßlichen Geschmack hat, ist es nicht als Süßungsmittel zugelassen. Seine Verwendung zur Verbesserung der Textur oder zur Absenkung des Gefrierpunktes war nicht ausdrücklich Anlass der Zulassung, steht einer Anwendung aber rechtlich grundsätzlich nicht entgegen.

Durchführung

Probe eines Slushi-Eises © LGL

Abbildung: Slush-Eis-Probe im Labor, hier mit Pfirsich-Maracuja-Geschmack

Im Herbst 2024 sowie im Frühjahr 2025 wurden insgesamt 53 Proben von Slush-Eis sowie die dafür verwendeten Sirupe durch die Lebensmittelkontrolle in ganz Bayern entnommen und zur Untersuchung an das LGL gesendet. Dabei wurden sowohl zuckerfreie Produkte als auch solche mit Zucker auf ihren Glyceringehalt geprüft.

Von den insgesamt 53 Proben waren 29 zuckerfrei und teils mit Süßungsmitteln gesüßt, während die restlichen 24 Proben Zucker enthielten. Die eingesandten Proben umfassten eine vielfältige Auswahl an Geschmacksrichtungen. Dazu gehörten Erdbeere, Orange, Himbeere, Cola, Waldmeister, Pfirsich, Maracuja, Zitrone, Blaubeere, Kirsche, Wassermelone, Mango, Apfel, Kokos und Minze.

Ergebnisse – Kennzeichnung und chemische Prüfung

Das LGL prüfte alle vorgelegten Proben hinsichtlich der vorhandenen Glycerinmengen.

Alle untersuchten zuckerfreien Proben bzw. deren Sirupe (nach Einstellung auf Trinkstärke) enthielten Glycerin in Mengen von 18 – 93 g/l. Die Konzentrationsangaben beziehen sich dabei auf das Volumen des verzehrfähigen Eises.
In den Slush-Eis-Proben sowie den Sirupen mit regulärem Zuckergehalt konnte hingegen kein Glycerin nachgewiesen werden. Von den 53 untersuchten Proben wurden 24 Proben aufgrund erhöhter Glycerinmengen beanstandet. Es handelt sich dabei ausschließlich um zuckerfreie Produkte. Bei den Bewertungen wurden auch die jeweils vor Ort individuell angebotenen Bechergrößen, möglicherweise vorhandene Warnhinweise und sog. „Refill“-Angebote berücksichtigt.

Aufgrund der gehäuften auffälligen Ergebnisse in den Bundesländern hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eine toxikologische Bewertung von Slush-Eis-Getränken ohne Zucker, die teilweise hohe Mengen an Glycerin enthalten, durchgeführt. Glycerin wird zwar als Lebensmittelzusatzstoff allgemein als sicher bewertet, in großen Mengen kann es aber zu gesundheitlichen Problemen führen. Ausgehend von Humanstudien, bei denen sowohl bei Patienten als auch gesunden Probanden nach hohen Glycerin-Aufnahmemengen adverse Wirkungen aufgetreten sind, hat das BfR analog zur Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority, EFSA [3]) für die Risikoabschätzung von Glycerin eine therapeutische Dosis von 250 mg/kg Körpergewicht als gesundheitlichen Bewertungsmaßstab herangezogen [4]. Unterhalb dieser Dosis ist das Auftreten gesundheitlicher Effekte unwahrscheinlich, wohingegen eine zunehmende Überschreitung dieser Dosis mit einem zunehmenden Risiko für Gesundheitsschäden verbunden ist.
Nach Einschätzung des BfR können insbesondere kleine Kinder aufgrund ihres geringeren Körpergewichts empfindlich reagieren. Bereits bei vergleichsweise geringen Mengen sind Nebenwirkungen wie Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen oder Kopfschmerzen möglich.

Besonders für Kinder unter vier Jahren gilt deshalb: Sie sollten vorsorglich kein Slush-Eis mit Glycerin verzehren. Grundsätzlich empfiehlt das BfR, die Gehalte an Glycerin in solchen Getränken möglichst gering zu halten, um Risiken für Kinder zu vermeiden [4].

In Abhängigkeit von der enthaltenen Glycerinmenge im Slush-Eis muss daher eine Fallunterscheidung vorgenommen werden:

  • Eine sichere Verwendung von Slush-Eis für Verbraucherinnen und Verbraucher, insbesondere für Kleinkinder und Kinder, kann nach Auffassung des LGL nur gewährleistet werden, wenn bei Glycerinzusatz ein klarer Warnhinweis angebracht wird, der, in Abhängigkeit vom tatsächlichen Glyceringehalt und der angebotenen Portionsgröße, vor allem Eltern, mit klarer Altersgrenze ausreichend und eindeutig vor dem Verzehr warnt (z. B. „Nicht zum Verzehr durch Kinder unter 4 Jahren geeignet“ oder „Nicht für Kinder unter 10 Jahren bestimmt“).
    Dieser Hinweis muss vom Hersteller des Sirups, bis zur Abgabe des verzehrfertigen Slush-Eises an die Verbraucherinnen und Verbraucher durchgängig präsent sein. Dabei sollte der Warnhinweis an den Verkaufsständen so gestaltet sein, dass er von den Verbraucherinnen und Verbrauchern eindeutig als Sicherheitshinweis wahrgenommen wird, etwa durch das Anbringen an auffälliger und unübersehbarer Stelle.
  • Auf der anderen Seite kann nach den Ergebnissen unserer Untersuchungen keine konkrete Altersgrenze für einen unbedenklichen Verzehr solcher Produkte festgelegt werden, da die Glyceringehalte und die Portionsgrößen auf dem Markt zu sehr variieren.
    So wurden bei den Untersuchungen des LGL einzelne Slush-Eis-Proben mit sehr hohen Glyceringehalten auch für Erwachsene (>18 Jahren) als gesundheitsschädlich beurteilt. Derartige Proben dürfen auch nicht mit einem entsprechendem Warnhinweis in den Verkehr gebracht werden.

Fazit

Zusammenfassend wurden in 24 der 53 untersuchten Proben erhöhte Glycerinmengen nachgewiesen. Hierbei handelt es sich ausschließlich um zuckerfreie Produkte, welche das LGL als gesundheitsschädlich eingestuft hat. Insgesamt lag die Beanstandungsquote bei den zuckerfreien Produkten bei über 80%. Besonders Kleinkinder sind aufgrund ihres geringen Körpergewichts durch die hohen Glyceringehalte gesundheitlich gefährdet. Wirklich frei von Glycerin waren bei unseren Untersuchungen ausschließlich die zuckerhaltigen Varianten.

Verbraucherinnen und Verbraucher, vor allem Eltern, sollten sich vor dem Kauf von zuckerfreiem Slush-Eis gegebenenfalls beim Verkaufspersonal nach der Zusammensetzung erkundigen und unbedingt mögliche Warnhinweise beachten.

Literatur

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