Das Konsiliarlabor für Diphtherie feiert 25-jähriges Bestehen mit Untersuchung der 2000. Probe

Pünktlich zum 25-jährigen Bestehen des Konsiliarlabors für Diphtherie (KLD) wurde am LGL die 2000. Probe auf Diphtherie-Erreger untersucht.

Aufgrund der Mitte der 1990er Jahre grassierenden Diphtherie-Epidemie wurde im Jahr 1997 das KLD gegründet. Dieses war 10 Jahre am Max von Pettenkofer-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität angesiedelt. In dieser Zeit wurden jährlich 5 bis 20 Proben bzw. Bakterienstämme zur weiteren Differenzierung und zum Nachweis von Diphtherietoxin (DT) mittels tox-PCR und ggf. per Elek-Test eingesandt.

Seit 2007 ist das KLD am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Oberschleißheim angesiedelt. Inzwischen ist die Anzahl jährlicher Untersuchungen (Abbildung 1) drastisch auf ca. 200-300 Proben angestiegen.

In den 25 Jahren seines Bestehens war das KLD an zahlreichen Meilensteinen der Diphtherie-Diagnostik und –epidemiologie beteiligt:

  • Erstbeschreibung der Gensequenz des Diphtherietoxins von C. ulcerans (entscheidender Virulenzfaktor und für die Diphtherie-Symptomatik verantwortlich) (2003; 2005)
  • Etablierung eines Multi Locus Sequence Typing (MLST)-Schemas zur molekulargenetischen Feintypisierung von C. diphtheriae (beteiligt; 2010) und C. ulcerans (federführend; 2014)
  • Evaluierung eines Lateral Flow Immune Assays zum Nachweis von Diphtherietoxin (2020-2022)
  • Beteiligung am WHO Laboratory Manual Diagnosis of Diphtheria and other related Infections (2021) (https://apps.who.int/iris/handle/10665/352275)
  • Erstmalige Nachweise einer zoonotischen Haustier-Mensch-Übertragung von C. ulcerans mittels MLST bzw. Gesamtgenomsequenzierung (Next Generation Sequencing, NGS), seither mehrere andere Fallberichte von Tier-zu-Mensch-Übertragungen (2009, 2011, 2014, 2015)
  • Erster Nachweis einer Diphtherie-Übertragung durch Bissverletzung seit fast 400 (!) Jahren (2011), die letzte Beschreibung stammte vom Luis de Mercado, Leibarzt der spanischen Könige Philipp II. und III.
  • Erster Nachweis eines Diphtherie-Ausbruchs in Deutschland seit fast 40 Jahren (2019)
  • Erstnachweise von C. ulcerans in zahlreichen Tierarten, z.B. Schweinen, Igeln oder Wasserratten (2014, 2015, 2019, 2021)
  • Erstnachweis einer möglichen Mensch-zu-Mensch-Übertragung von C. ulcerans (2015)
  • Erstnachweis einer C. diphtheriae-Infektion in einem Wildtier (Rotfuchs) (2016)
  • Erste NGS-basierte Ausbruchsuntersuchungen von Hautdiphtherie weltweit (2016, 2018)
  • Erstbeschreibung von C. silvaticum, einer von drei neuen Spezies des C. diphtheriae-Komplex (2020)
  • Beteiligung an einer multizentrischen EUCAST MHK-Studie zur Generierung C. diphtheriae und C. ulcerans spezifischer MHK-Grenzwerte für zahlreiche Antibiotika (2021-2022)

Auch der Umfang des angebotenen Methodenspektrums im KLD wurde in den letzten Jahren massiv ausgeweitet und umfasst neben der Empfindlichkeitsprüfung klinisch relevanter first line Antibiotika und neu entwickelter real time PCR-Verfahren auch modernste molekulare Typisierungsverfahren wie das am und mit dem KL etablierte Multi Locus Sequencing Typing (MLST) für Corynebacterium diphtheriae und C. ulcerans oder cgMLST und Next Generation Sequencing (NGS).

Im Jahr 2021 wurden mehr als 300 humane und veterinärmedizinische Proben zur Untersuchung auf potentiell toxigene Corynebakterien (mit deutlicher Zunahme zoonotischer tox-positiver C. ulcerans, tox-negativer, zum Teil auch invasiver C. diphtheriae bei Risikopersonen sowie zahlreicher Umgebungsuntersuchungen aus dem veterinärmedizinischen Bereich) am KLD untersucht. Im 1. Quartal 2022 wurden bereits über 50 Proben analysiert, mit einem Anteil tox-positiver C. diphtheriae und C. ulcerans Isolate von 9 % (Stand 29.03.2022).

Darüber hinaus ist das KLD auch beratend für einsendende Ärzte, Gesundheitsämter, diagnostische Laboratorien und das Robert Koch-Institut (RKI) tätig. Im Rahmen des European Diphtheria Surveillance Networks der ECDC fungiert das KLD als National Focal Point für Diphtherie.

Abbildung 1:Konsiliarlabor für Diphtherie, eingesandte Proben 1997-2022 (Stand 29.03.2022) Bild vergrössern

Abbildung 1: Konsiliarlabor für Diphtherie, eingesandte Proben 1997-2022 (Stand 29.03.2022)


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