10 Jahre Gesundheitsregionenplus – vom Modellprojekt zum Erfolgskonzept

Signet Jahresbericht 2024

Abstract

Ende 2024 beschloss der Bayerische Landtag eine Änderung des Gesundheitsdienstgesetzes (GDG), wodurch eine gesetzliche Grundlage für die sektorenübergreifenden Netzwerke der Gesundheitsregionenplus geschaffen wurde. Mit dem nahtlosen Übergang vom Förderprogramm in eine dauerhafte Dienstaufgabe des bayerischen Öffentlichen Gesundheitsdiensts (ÖGD) ist eine nachhaltige Struktur für Kooperation und Koordination entstanden. Der Beitrag zeigt zentrale Erfolge initiierter Maßnahmen, gegründeter Arbeits- und Projektgruppen sowie der in den Netzwerken vor Ort beteiligten Akteure seit dem Start der Gesundheitsregionenplus im Jahr 2015 auf.

Hintergrund

Bereits seit 2015 bestehen mit den Gesundheitsregionenplus in Bayern sektorenübergreifende regionale Netzwerke zur Vernetzung der unterschiedlichen Akteure im Gesundheits-, Pflege-, Sozial- und Bildungsbereich sowie der Versorgungsangebote vor Ort. Hervorgegangen aus dem Modellprojekt „Regionale Gesundheitskonferenzen“ , entwickelten sich die vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention (StMGP) initiierten und vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) fachlich sowie zuwendungsrechtlich begleiteten Gesundheitsregionenplus über die Jahre zum Erfolgskonzept. Ende 2024 feierten sie ihr zehnjähriges Bestehen. Die Anzahl teilnehmender bayerischer Landkreise bzw. kreisfreier Städte ist über zwei fünfjährige Förderphasen hinweg kontinuierlich gewachsen. Auch die Aufgaben und Handlungsfelder wurden stetig weiterentwickelt. Das Erfolgsrezept bleibt der Gedanke der regionalen Vernetzung: Gemeinsam im Netzwerk Lösungsansätze für regionale Herausforderungen im Gesundheitsbereich entwickeln und so einen Beitrag für eine bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Gesundheitsförderung/Prävention, Gesundheitsversorgung und Pflege leisten. Dabei werden regionale Bedarfe und Besonderheiten berücksichtigt. Mit diesem Ansatz greifen die Gesundheitsregionenplus bestehende Herausforderungen und Forderungen nach mehr Koordination und Kooperation im Gesundheitswesen auf. Bundesweit sind solche Gesundheitskonferenzstrukturen neben Bayern nur in vier weiteren Bundesländern gesetzlich verankert, nämlich in Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Berlin und Baden-Württemberg.

Ende 2024 hat der Bayerische Landtag mit einer Änderung des Gesundheitsdienstgesetzes (GDG) eine gesetzliche Grundlage für die Gesundheitsregionenplus geschaffen und somit den nahtlosen Übergang vom Förderprogramm in eine dauerhafte Dienstaufgabe des gesamten bayerischen ÖGD ermöglicht. Das LGL, welches auch weiterhin die fachliche Begleitung der Gesundheitsregionenplus übernimmt, die beteiligten Netzwerkpartner und die zahlreichen eingebundenen Fachakteure können nun die aufgebauten Strukturen gemeinsam mit den jeweiligen Gesundheitsämtern flächendeckend fortführen. Zukünftig können sie die vielfältigen Maßnahmen und Projekte noch nachhaltiger als bisher verankern – mit dem Ziel einer besseren Gesundheit für alle und mehr gesundheitlicher Chancengleichheit.

Aufgaben und Kennzahlen Gesundheitsregionenplus

Die vor Ort in den Gesundheitsregionenplus bearbeiteten Themen sind vielfältig. Sie reichen von

  • der Schaffung gesundheitsfördernder Lebens- und Umweltverhältnisse im Handlungsfeld Gesundheitsförderung und Prävention,
  • der Optimierung der ambulanten und stationären Versorgung im Handlungsfeld Gesundheitsversorgung bis hin
  • zur Verbesserung der Koordination, Kooperation und Steuerung pflegerischer Versorgungsstrukturen im Handlungsfeld Pflege - etwa durch die Einführung von Pflegekonferenzen.

Exemplarische Projektbeispiele sowie Ergebnisse zu übergreifenden Themen können dem Evaluationsbericht des LGL entnommen werden. Zudem können über eine Suchfunktion auf der Webseite des LGL einzelne Maßnahmen der Gesundheitsregionenplus in den bayerischen Landkreisen und kreisfreien Städten gefunden werden.

Ein Blick auf die bisher initiierten Maßnahmen in den Handlungsfeldern (Stand: Juni 2024) verdeutlicht die hohe Aktivität in den regionalen Netzwerken der Gesundheitsregionenplus. Dem Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention wurden 564 initiierte Maßnahmen (Durchschnitt: 9,1 pro Gesundheitsregionplus), dem Handlungsfeld Gesundheitsversorgung wurden 362 Maßnahmen (5,8 Projekte pro Gesundheitsregionplus) und dem Handlungsfeld Pflege wurden 252 Maßnahmen (4,1 pro Gesundheitsregionplus) zugeordnet. Bei der Initiierung von Maßnahmen – aufbauend auf regionalen Bestands- und Bedarfsanalysen sowie der Gesundheitsberichterstattung – wurden Synergieeffekte genutzt und Lücken in den lokalen Strukturen identifiziert. Doppel- oder Parallelstrukturen sollen vermieden und eine enge Verzahnung mit bestehenden regionalen Aktivitäten und Initiativen vorgenommen werden.

Eine zentrale Rolle bei der Konzipierung und Durchführung der Projekte nehmen die Arbeits- und Projektgruppen ein, von denen in jeder Gesundheitsregionplus jeweils eine oder mehrere in den Handlungsfeldern Gesundheitsförderung/Prävention und Gesundheitsversorgung und Pflege bestehen. Sie diskutieren konkrete regionale Probleme und Herausforderungen und entwickeln Lösungswege. Deren thematische Ausrichtung sowie eine mögliche Unterteilung in Unterarbeitsgruppen erfolgen nach Bedarf.

In diesen Gruppen versammeln sich insbesondere

  • Vertreterinnen und Vertreter der örtlich tätigen Einrichtungen und Institutionen der Gesundheitsförderung und Prävention,
  • Vertreterinnen und Vertreter der örtlich tätigen Einrichtungen und Institutionen der Gesundheitsförderung und Prävention,
  • der medizinischen und pflegerischen Versorgung,
  • der Kostenträger,
  • der Selbsthilfe und des Patientenschutzes,
  • der Hilfseinrichtungen,
  • der Verwaltung oder weiterer Institutionen, die Berührungspunkte mit den zu beratenden Themen haben.

Die hohe Mitwirkungsbereitschaft in den Arbeits- und Projektgruppen der Gesundheitsregionenplus drückt sich etwa in der Zahl gegründeter Gruppen sowie der Anzahl der Mitglieder aus: Bayernweit wurden bisher 541 Arbeits- und Projektgruppen gegründet, wovon knapp 69 % aktiv sind (Stand Juni 2024). In ihnen sind insgesamt bis zu 7.030 Arbeitsgruppenmitglieder (113 pro Gesundheitsregionplus) tätig.

Das Kernelement der Gesundheitsregionplus bildet eine Gesundheitskonferenz, das sogenannte Gesundheitsforum. Es tagt mindestens einmal jährlich und setzt sich insbesondere aus delegierten Vertretungen der örtlichen Institutionen und Einrichtungen aus Gesundheitsförderung und Prävention, der medizinischen Versorgung, der Pflege sowie weiteren relevanten regionalen Akteuren des Gesundheitswesens zusammen. Den Vorsitz im Gesundheitsforum hat in der Regel die jeweilige Landrätin/der jeweilige Landrat bzw. die jeweilige Oberbürgermeisterin/der jeweilige Oberbürgermeister der Gesundheitsregionplus inne. Im Durchschnitt setzt sich ein Gesundheitsforum aus rund 40 Mitgliedern zusammen, woraus sich eine bayernweite Mitgliederzahl in den Gesundheitsforen von bis zu 2.508 Personen ergibt.

Geschäftsstelle der Gesundheitsregionplus

Als Anlaufstelle für alle Akteure der Gesundheitsregionplus und als Koordinierungsstelle zwischen dem Gesundheitsforum, den Arbeits- und Projektgruppen sowie den landesweit tätigen Gremien des Gesundheitswesens fungiert die Geschäftsstelle der Gesundheitsregionplus. Mit der nun vollzogenen Änderung des Gesundheitsdienstgesetzes (GDG) und der einheitlichen Aufgabenerfüllung durch den bayerischen ÖGD geht in der Regel eine Ansiedelung der Geschäftsstelle am örtlichen Gesundheitsamt einher. Die Geschäftsstelle ist mit Fachpersonal aus den Bereichen Public Health/Gesundheitswissenschaften, Gesundheitsmanagement sowie Health Communication und angrenzenden Fachbereichen besetzt. Sie übernimmt ein vielfältiges Aufgabenspektrum von Netzwerkarbeit und -management, der Sammlung und Aufbereitung von Daten, der Beratung von Politik und Verwaltung bis hin zur Erstellung von Fachkonzepten sowie Entwicklung von Umsetzungsstrategien.

Erfolgsfaktor: Begleitung durch das LGL

Mit der geschaffenen gesetzlichen Grundlage für die Gesundheitsregionenplus bleibt auch die Funktion der im LGL eingerichteten Fachlichen Leitstelle Gesundheitsregionenplus in bewährter Weise bestehen. Das LGL leistet demnach weiterhin einen Beitrag zur Qualitätssicherung und -entwicklung der sektorenübergreifenden Netzwerke. Einer der Schwerpunkte der Aufgaben liegt in der fachlichen Beratung und Fortbildung der Geschäftsstellen der Gesundheitsregionenplus. Hierzu gehört unter anderem die Organisation fachlicher und überfachlicher Fortbildungen, Austauschformate für Geschäftsstellenleitungen sowie der zweimal jährlich stattfindenden Tagung der Geschäftsstellenleitungen. Im Sinne des Wissenstransfers fungiert das LGL zudem als Schnittstelle sowohl zwischen den einzelnen Netzwerken als auch zwischen Land und der kommunalen Ebene. Darüber hinaus entwickelt die Fachliche Leitstelle Gesundheitsregionenplus fachlich-konzeptionelle Grundlagen, Handlungshilfen und Leitfäden und übernimmt die Evaluation des Gesamtprogramms.

Fazit und Ausblick

Mit dem zehnjährigen Jubiläum und dem Übergang der Gesundheitsregionenplus vom Förderprogramm in eine dauerhafte Dienstaufgabe des gesamten bayerischen ÖGD übernimmt Bayern eine Vorreiterrolle bei der Umsetzung der im Leitbild für einen modernen ÖGD festgehaltenen Koordinations- und Kooperationsaufgaben im Gesundheitswesen. Spätestens ab 2027 besteht in jedem bayerischen Gesundheitsamt ein sektorenübergreifendes Netzwerk der an Prävention/Gesundheitsförderung, Versorgung oder Pflege beteiligten Stellen zur einheitlichen Aufgabenerfüllung. Schon jetzt sind die Gesundheitsregionenplus als nachhaltige Struktur für Kooperation und Koordination aus der bayerischen Gesundheitslandschaft nicht mehr wegzudenken.

Literatur