Determinanten für eine hausärztliche Berufswahl und zur Haltung von Studierenden der Medizin gegenüber der Allgemeinmedizin: eine webbasierte Umfrage an drei bayerischen Medizinischen Fakultäten

Prof. Dr. med. Antonius Schneider, Institut für Allgemeinmedizin der Technischen Universität München (TUM), Klinikum rechts der Isar:

Ziele

Der zunehmende Hausärztemangel wird immer mehr zu einem realen Versorgungsproblem. Ziel war es, an drei Universitäten mit unterschiedlichem Grad der Institutionalisierung des Fachs Allgemeinmedizin Einflussfaktoren zu ermitteln, die die Motivation für eine spätere hausärztliche Tätigkeit begünstigen.

Methodik

In einem standardisierten Fragebogen wurde die Haltung gegenüber dem Fach Allgemeinmedizin und die Bereitschaft zur Niederlassung in eigener hausärztlicher Praxis bzw. Motivation zur Arbeit in Anstellungsverhältnissen erfasst. Einflussfaktoren auf Haltung und Motivation für eine spätere hausärztliche Tätigkeit wurden mittels binär logistischer Regression berechnet.

Ergebnisse

940 (15,2%) Studierende von insgesamt 6182 Studierenden aus drei bayerischen Universitäten (Erlangen, LMU und TUM) haben sich an einer internetbasierten Umfrage beteiligt. 585 (62,7%) waren weiblich. Das Durchschnittsalter betrug 25,0 Jahre (Standardabweichung 3,7). Die durchschnittliche Abiturnote war 1,6 (Standardabweichung 0,5). 718 (76%) der Studierenden könnten sich eine hausärztliche Arbeit vorstellen, wobei die Anstellung der Selbstständigkeit vorgezogen wird (65,5 vs. 35,1%). Für die wertschätzende Haltung gegenüber der Allgemeinmedizin zeigt sich die „Existenz eines Lehrstuhls“ als stärkster Prädiktor (OR 1,57; 95%CI 1,13-2,417). Die stärksten Prädiktoren für die Motivation zu einer späteren hausärztlichen Tätigkeit sind „weibliches Geschlecht“ (OR 2,56; 95%CI 1,80-3,56) und die „Existenz eines Lehrstuhls“ (OR 1,68; 95%CI 1,14-2,46). Eine weniger gute Abiturnote war mit einer höheren Bereitschaft zur Selbständigkeit assoziiert (OR 1.39; 95%CI 1.02-1.90).

Schlussfolgerungen

Diese Studie zeigt, dass durchaus viele Studierenden gegenüber einer hausärztlichen Tätigkeit aufgeschlossen sind, allerdings präferenziell im Angestelltenverhältnis und nicht in selbstständiger Niederlassung. Eine Institutionalisierung der Allgemeinmedizin scheint bedeutsam zu sein für eine positive Einstellung zum Fach und zur Motivation für eine spätere hausärztliche Tätigkeit. Darüber hinaus sollten die Berufswünsche des ärztlichen Nachwuchses von den gesundheitspolitischen Akteuren berücksichtigt werden. Es müssen Versorgungskonzepte entwickelt werden, die auf einfacherem Weg eine Tätigkeit im Anstellungsverhältnis ermöglichen, z.B. durch hausärztliche Medizinische Versorgungszentren.
Schneider A, Karsch-Völk M, Rupp A, Fischer MR, Drexler H, Schelling J, Berberat P. Predictors of a positive attitude of medical students towards general practice - a survey of three Bavarian medical faculties. GMS Z Med Ausbild 2013;30(4):Doc45.