Chrom (VI) in Lederrohwaren – Untersuchungsergebnisse 2022
Anlasse und Hintergründe
Bei der routinemäßigen Untersuchung von Lederwaren wurden bisher regelmäßig Proben wegen ihres erhöhten Gehalts an Chrom(VI) und einer damit einhergehenden Grenzwertüberschreitung beanstandet. Um möglichen Ursachen für eine hohe Konzentration an Chrom(VI) in den Lederwaren auf den Grund zu gehen und Mängel frühzeitig abzustellen, sollte Rohleder, das für die Verarbeitung zu Lederhosen oder anderen Trachtenwaren aus bayerischen Betrieben vorgesehen war, überprüft und im Falle einer Beanstandung eine Betriebskontrolle veranlasst werden.
Nach Artikel 3 Nr. 3 REACH-V ist ein Erzeugnis ein Gegenstand, der bei der Herstellung eine spezifische Form, Oberfläche oder Gestalt erhält, die in größerem Maße als die chemische Zusammensetzung seine Funktion bestimmt. Somit ist das angeforderte Rohleder als Erzeugnis einzustufen und die Grenzwerte der REACH-V sind anzuwenden.
Ziel der Untersuchungen
Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) hat im Rahmen einer Schwerpunktaktivität die Einhaltung der Vorgaben gemäß Art. 67 Abs. 1 i. V. m. Anhang XVII Eintrag 47 Nr. 5 und 6 REACH-V für gelagertes, noch nicht verarbeitetes Leder, welches für die Herstellung von Bedarfsgegenständen bestimmt ist, geprüft. Zudem wurde untersucht, ob sich ein Zusammenhang zwischen den angegebenen Herstellungs- und Lagerungsbedingungen (v. a. der Dauer) und dem Gehalt an Chrom(VI) ermitteln lässt.
Planung und Durchführung
Dem LGL wurden insgesamt 22 Proben Lederrohware zur Untersuchung vorgelegt. Bei den Proben handelte es sich nach den Angaben der Hersteller v. a. um Lederstücke aus Hirsch (31,8 %), Ziege (31,8%), Wildbock (13,6 %) und Kalb (9,1 %), die größtenteils spezifisch für die Herstellung von Lederhosen (63,6 %) vorgesehen waren. Als Herkunftsländer des Leders wurden Indien (18,2 %), Pakistan (9,1 %), Ungarn (9,1 %), Österreich (9,1 %), Deutschland (9,1 %), sowie allgemein die EU (18,2 %) angegeben. Bei zwölf der Proben wurde zudem damit geworben, dass diese nicht mittels Chromgerbung, sondern über vegetabile (sechs Proben, 27,3%) oder sämische Gerbung (sechs Proben, 27,3%) hergestellt wurden. Um zu bestätigen, dass derartige Betriebe Chrom(VI)-unverdächtig arbeiten, wurden auch diese Proben untersucht.
Die chemische Analyse erfolgte nach der ASU Methode 82.02-11. Dafür wurden die Proben zerkleinert, mit wässrigem Phosphatpuffer extrahiert und das Extrakt ggf. mittels Festphasenextraktion entfärbt. Nach Zugabe von einem Farbreagenz erfolgte die Bestimmung des ggf. gebildeten rot-violetten Chromkomplexes photometrisch. Über die ermittelten Konzentrationen von Proben und Blindwert, sowie der eingewogenen Mengen, wurden schließlich die Gehalte an Chrom(VI) in den Lederrohwaren in der Einheit mg/kg berechnet.
Untersuchungsergebnisse
Bei zehn der 22 untersuchten Lederrohwaren (45,5 %) wurde Chrom(VI) nachgewiesen. Dabei wurde nur von einer Probe (4,5 %), einem Ziegenleder aus Indien, mit einem Chrom(VI)-Gehalt von 8,1 ± 1,6 mg/kg der Grenzwert der REACH-V überschritten. Bei einer weiteren Probe unbekannter Gerbungsart aus Pakistan konnte ein Gehalt von 1,8 ± 0,4 mg Chrom(VI) pro kg Lederrohware ermittelt werden.
Auch bei fünf der sechs Proben, bei denen eine vegetabile Gerbung angegeben war, wurde Chrom(VI) analytisch erfasst. Bei einer dieser Proben lag der Gehalt an Chrom(VI) mit 1,4 ± 0,3 mg/kg dabei oberhalb der Bestimmungsgrenze des Verfahrens. Unter den sechs sämisch gegerbten Proben wurde ebenfalls ein antikes Lederstück mit einem Gehalt von 1,4 ± 0,3 mg Chrom(VI) pro kg Lederrohware positiv getestet. Gegebenenfalls wurden bei diesen Proben mehrere Gerbungsmethoden ohne Deklaration kombiniert.
Ein Trend, inwiefern die Lagerbedingungen den Chrom(VI)-Gehalt beeinflussen könnten, konnte anhand der Ergebnisse der 22 untersuchten Proben nicht erkannt werden. Bei der beanstandeten Probe war mit knapp drei Monaten zwischen Lieferung und Probenahme keine längere Lagerzeit gegeben als bei anderen Proben, welche keinen erhöhten Gehalt aufwiesen. So konnte bei einer Hirschlederprobe, die bereits seit dem Frühling 2020 gelagert wurde, kein Chrom(VI) nachgewiesen werden.
Fazit
Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Anforderungen des Art. 67 Abs. 1 i. V. m. Anhang XVII Eintrag 47 Nr. 5 und 6 REACH-V vom überwiegenden Anteil der untersuchten Proben (95,5 %) eingehalten wurden.
Bei fünf der genannten Proben konnte trotz der angegebenen vegetabilen Gerbung Chrom(VI) nachgewiesen werden; ebenso bei einer der sämisch gegerbten Proben. Um den Ursachen hierfür auf den Grund zu gehen, wurde die Durchführung von Betriebskontrollen und erneute Beprobung der betroffenen Betriebe empfohlen. Eine mögliche Erklärung wäre die Kombination verschiedener Gerbungsmethoden. So wird beispielsweise in Frankreich, Holland und Italien unter Semichromleder sowohl eine Chromgerbung mit vegetabiler Nachgerbung als auch eine vegetabile Gerbung mit Chromnachgerbung verstanden.
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