Radioaktivitätsuntersuchung von Wildpilzen und Wildschweinfleisch - Untersuchungsergebnisse 2017

Anlass und Hintergründe der Untersuchungen

Die heutige Radiocäsiumbelastung in Wildpilzen und Wildfleisch ist größtenteils auf den Reak-torunfall 1986 in Tschernobyl zurückzuführen.

Die Höhe der radioaktiven Cäsiumbelastung bei Wildpilzen wird im Wesentlichen durch die Pilzsorte und das Ausmaß der lokalen Bodenkontamination bestimmt. Zu berücksichtigen ist zudem die lange Halbwertszeit für Cäsium-137 von 30 Jahren und der Umstand, dass in den humusreichen Waldböden, im Gegensatz zu bewirtschafteten Ackerböden, das deponierte Cäsium-137 in den oberen Schichten für das Pilzmyzel leicht verfügbar bleibt. Das ebenfalls bei der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl freigesetzte künstliche Radionuklid Cäsium-134 hat aufgrund der Halbwertszeit von ca. 2 Jahren keine radiologische Bedeutung mehr.

Wildtiere wie Reh, Hirsch und Wildschwein nehmen das Cäsium-137 unter anderem über den Verzehr von Wildpilzen auf und reichern es auf diesem Wege im Muskelfleisch an. Daher bestimmen drei Faktoren die Cäsiumbelastung in Wildfleisch maßgeblich: die Tierart, die lo-kale Bodenkontamination und die Pilzsorte. Insbesondere bei Wildschweinen können auf-grund des Verzehrs von Wildpilzen auch 31 Jahre nach dem Reaktorunglück noch deutliche Grenzwertüberschreitungen auftreten. Aufgrund der Empfehlung der Kommission (2003/274/Euratom) findet der in Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 733/2008, geändert durch die Verordnung (EG) 1048/2009, aufgeführte EU-Grenzwert für Radiocäsium (Summe aus Cäsium-134 und Cäsium-137) von 600 Bq/kg, ebenfalls Anwendung auf Wildfleisch.

Ziel der Untersuchungsprogramme

Ziel der jährlichen Wildpilzuntersuchungen ist es, Proben von bayerischen Wildpilzen auf de-ren Belastung mit Cäsium-137 zu überprüfen und festzustellen, in welche Richtung sich die Belastung mit radioaktivem Cäsium entwickelt. Die Wildschweinuntersuchungen 2017 dienen dem bayerischen Verbraucherschutz, um Wildschweinproben aus dem bayerischen Einzel- bzw. Großhandel auf deren Cäsium-137-Belastung zu überprüfen und somit zu gewährleisten, dass der geltende Grenzwert von 600 Bq/kg Cäsium 137 eingehalten wird.

Planung und Durchführung der Untersuchungen

Mit Hilfe der Gammaspektrometrie wurden 128 Proben von Wildpilzen auf den Gehalt an Cäsium-137 untersucht. Dabei stammten 113 Pilzproben aus dem Inland, wobei es sich ausschließlich um Proben von Pilzsammlern zum Eigenverbrauch bzw. von Eigensammlungen der Kreisverwaltungsbehörden handelte. Zum anderen wurden 15 Pilzproben aus EU-Drittländern auf deren Cäsium-137-Gehalt untersucht. Pilzimporte aus EU-Drittländern werden während der Pilzsaison stichprobenartig durch das LGL überprüft, um kontaminierte Ware von der Einfuhr und somit aus dem Handel auszuschließen. Die Einfuhr von Importpilzproben ist in der Verordnung (EG) Nr. 733/2008 geregelt.

Außerdem wurden im Berichtszeitraum 2017 191 Wildschweinproben aus dem Handel auf deren Cäsium-137-Gehalt untersucht. Die 191 Proben stammten ausschließlich aus dem bayerischen Einzel- bzw. Großhandel. 18 von diesen Wildschweinproben hatten ihren Ursprung im Ausland.

Untersuchungsergebnisse

Radiocäsium-Gehalte in Wildpilzen

Die Untersuchungsergebnisse für die Pilzproben aus dem Jahr 2017 lagen in den Messbereichen der vergangenen Jahre. Einige heimische Pilzsorten wiesen im Durchschnitt höhere Cäsium-137-Gehalte auf. Hierbei war insbesondere der Maronenröhrling zu nennen. Pfifferlinge und Steinpilze aus bayerischen Wäldern waren gegenüber dem Maronenröhrling generell niedriger belastet. Pilzimporte aus EU-Drittländern werden während der Pilzsaison stichprobenartig durch das LGL überprüft, um kontaminierte Ware von der Einfuhr und somit aus dem Handel auszuschließen. Im Berichtsjahr 2017 wurden 15 Importproben auf deren Cäsium-137-Gehalt untersucht, dabei wurde bei keiner Importprobe eine Grenzwertüberschreitung von 600 Bq/kg Radiocäsium festgestellt.

Tabelle 1 : Cäsium-137-Gehalte von Wildpilzen
Bezeichnung Probenzahlen Cäsium-137-Gehalt in Bq/kg
Import Inland Minimum Maximum MW
Wildpilze 15 113 - - -
Maronenröhrlinge - 33 11 427 147
Pfifferlinge 6 9 1 337 60
Steinpilze 6 10 < 1 426 77
andere Wildpilze 3 61 < 1 844 60

Radiocäsium-Gehalte in Wildschweinfleisch

Die Untersuchungen im Jahr 2017 bestätigten die niedrigen Cäsium-137-Gehalte in Wildschweinfleisch aus dem bayerischen Einzel- bzw. Großhandel der vergangenen Berichtsjahre mit einem Cäsium-137-Mittelwert bezogen auf die 191 Handelsproben von 35 Bq/kg. Dabei wiesen 61 % der Wildschweinproben aus dem Handel einen Cäsium-137-Gehalt von unter 10 Bq/kg auf, 30 % der Handelsproben lagen unter 100 Bq/kg. Lediglich zwei Handelsproben überschritten 2017 den EU-Grenzwert von 600 Bq/kg. Die 18 Wildschweinproben aus dem Ausland fielen durch äußerst niedrige Cäsium-137-Gehalte auf.

Tabelle 2: Übersicht über die Cäsium-137-Belastung von Wildschweinfleisch aus dem Handel 2017
Bezeichnung Probenzahlen Cäsium-137-Gehalt in Bq/kg
Ausland Inland Minimum Maximum MW
Wildschwein
(Handel)
18 173 < 1 803 35

Die Abbildung verdeutlicht die Cäsium-137-Belastung von Wildschweinfleisch aus dem Handel 2017 anhand eines Säulendiagrammes.

Abbildung: Cäsium-137-Belastung von Wildschweinfleisch aus dem Handel 2017

Fazit

Aufgrund der Halbwertszeit des Cäsium-137 von ca. 30 Jahren und des speziellen chemischen Verhaltens von Cäsium im Waldboden, nimmt die Cäsiumbelastung im Boden und demzufolge bei heimischen Wildpilzen oder im Wildschweinfleisch, nur sehr langsam ab. Somit ist auch in den nächsten Jahren bei Wildpilzen mit einer Cäsiumbelastung in vergleichbarer Höhe wie in den vergangenen Jahren zu rechnen. Ein akutes Gesundheitsrisiko kann beim Verzehr von Wildpilzen oder von Wildschweinfleisch auch oberhalb des Grenzwertes von 600 Bq/kg ausgeschlossen werden. Eine Portion Wildpilze von 0,5 kg oder eine entsprechende Portion Wildschweinfleisch mit einer Radiocäsiumbelastung von 600 Bq/kg hat an der durchschnittlichen jährlichen natürlichen Strahlenbelastung eines Verbrauchers in Deutschland gerade mal einen 0,19 %igen Anteil.

Pilzimportproben, die aus EU-Drittländern stammen und für den deutschen Einzel- bzw. Großhandel bestimmt sind, wiesen auch 2017, wie bereits in den vergangenen Jahren, nur Cäsium-137-Gehalte deutlich unter dem EU-Grenzwert von 600 Bq/kg auf.

Generell weisen auch die aus dem Handel stammenden Wildschweinproben im Durchschnitt nur geringe Cäsium-137-Belastungen auf. Dies belegt auch die Wirksamkeit der Eigenkontrollen der Jäger, die mit Hilfe der Qualifizierten Wildbretmessstellen ein wirksames Instrument zur Eigenkontrolle zur Verfügung haben und somit gewährleisten können, dass nur Fleisch mit einer möglichst geringen Cäsium-137-Belastung in den Handel gebracht wird. Hinsichtlich der Tatsache, dass Wildschweinfleisch in einzelnen Fällen bis heute auch noch stark erhöhte Cäsium 137-Gehalte aufweisen kann, ist es im Interesse des Verbraucherschutzes, auch in den nächsten Jahren, eine bayernweite Überwachung von Wildschweinfleisch aus dem Einzel- bzw. Großhandel aufrechtzuerhalten. Auch im Fall der Wildpilze gibt die Fortführung der Messungen insbesondere Aufschluss über die grundsätzliche Entwicklung der Cäsiumbelastung in bayerischen Waldpilzen.