Radioaktivität in Lebensmitteln – Untersuchungsergebnisse 2012

Die in der Umwelt Bayerns noch messbare künstliche Radioaktivität ist vor allem auf den Reaktorunfall 1986 in Tschernobyl (Ukraine) zurückzuführen. Eine wichtige Vorsorgemaßnahme zum Schutz der Bevölkerung gegen mögliche gesundheitliche Gefahren durch Radioaktivität ist die ständige Überwachung von Lebensmitteln. Dazu werden in Bayern jährlich über 1.000 Lebensmittelproben untersucht. Für die Erstellung der Probenpläne und die Bewertung der Ergebnisse ist das LGL zuständig. Die Messungen der Proben nimmt das LfU vor. Die untersuchten Lebensmittel aus dem Handel und von den Erzeugern weisen nur noch äußerst geringe Gehalte künstlicher Nuklide in Form von Radiocäsium (Summe aus Cäsium-137 und Cäsium-134) auf (siehe Tabelle). Vereinzelt weisen aber auch 26 Jahre nach Tschernobyl Wildpilze und Wildschweine nennenswerte Aktivitäten auf. Bei Wildpilzen spielt neben der Pilzart die lokale Bodenkontamination eine entscheidende Rolle für die Belastung mit Radiocäsium. Bei Waldböden liegt, anders als bei bewirtschafteten Ackerböden, das deponierte Cäsium in den oberen Schichten. Zudem ist Radiocäsium in humusreichen Böden leicht für die Pilze verfügbar.

Tabelle: Untersuchte Radioaktivitätsproben 2012
Bezeichnung Probenzahl Radiocäsiumaktivität in Bq/kg bzw. Bq/L
Import Inland Min. Max. MW
Sammelmilch 208 < 1 < 1 < 1
Rindfleisch 3 95 < 1 7 < 1
Kalbfleisch 7 < 1 < 1 < 1
Schweinefleisch 2 51 < 1 < 1 < 1
Geflügelfleisch 2 27 < 1 < 1 < 1
Getreide 1 71 < 1 1 < 1
Kartoffeln 3 27 < 1 < 1 < 1
Gemüse 13 123 < 1 < 1 < 1
Beeren- und Kernobst 48 < 1 52 2
Säuglingsnahrung 23 < 1 < 1 < 1
Trink/-Rohwasser 34 < 1 < 1 < 1
Gesamtnahrung 72 < 1 5 < 1
Wildpilze gesamt 11 143
Maronenröhrlinge 50 18 1.325 311
Pfifferlinge 10 21 < 1 1.490 106
Steinpilze 1 16 1 179 36
Rotkappen 4 4 64 21
Birkenpilze 7 1 2.626 423
Sandröhrlinge 4 < 1 41 26
Rotfußröhrlinge 5 3 266 95
Andere Wildpilze 36 < 1 7.376 344
Wildbret gesamt 4 241
Reh 105 < 1 428 24
Hirsch 2 16 < 1 16 3
Wildschwein 2 116 < 1 9.836 270
sonstiges Haarwild 4 < 1 28 10
Gesamtprobenzahl 39 1.170

Radioaktivität in Wildpilzen

Das LGL hat 2012 in neun von 50 Proben Maronenröhrlinge aus Bayern Radiocäsiumwerte über dem Grenzwert von 600 Bq/kg festgestellt. Entsprechend hohe Aktivitäten wiesen fünf weitere Pilzproben auf. Aktivitäten über 1.000 Bq/kg Radiocäsium lagen bei einer Probe Pfifferlinge, bei einer Trüffelprobe, bei einer Probe Semmelstoppelpilze, bei einer Probe Weißer Rasling und einer Birkenpilzprobe vor. Steinpilze sind deutlich geringer belastet und auch bei Pfifferlingen wurden bis auf eine Probe Werte unter 600 Bq/kg gemessen. Pilzimporte aus den osteuropäischen Nicht-EU-Staaten werden während der Pilzsaison überwacht, um kontaminierte Ware von der Einfuhr auszuschließen. Bei elf Proben stellte das LGL im Jahr 2012 jedoch keine Grenzwertüberschreitungen fest.

Radioaktivität bei Wildschweinen

In direktem Zusammenhang mit den erhöhten Radiocäsiumwerten in Wildpilzen stehen die erhöhten Kontaminationswerte bei Wildschweinen. Da sich diese Tiere gerne auch von Pilzen ernähren, kann es im Fleisch der Wildschweine zur Anreicherung von Radiocäsium kommen. So wiesen zehn Proben von insgesamt 118 Wildschweinen Aktivitäten über dem Grenzwert von 600 Bq/kg Radiocäsium auf. 79 Wildschweinproben stammten direkt aus dem Einzel- bzw. Großhandel. Lediglich bei einer Probe aus dem Handel stellte das LGL einen Radiocäsiumgehalt knapp über dem Grenzwert fest. Eine Gesundheitsgefahr für die Verbraucher konnte ausgeschlossen werden. Die Aktivitäten bei den verbleibenden 78 Proben aus dem Handel lagen deutlich unter dem Grenzwert. Die Einzelergebnisse der im Rahmen der Überwachung der Umweltradioaktivität durchgeführten Messungen sind auf der Internetseite des LfU veröffentlicht. Zusätzlich untersuchte das LGL im Rahmen einer Übung für den Katastrophenfall 968 Proben aus dem gesamten Frischesortiment. Die Proben waren ohne einen auffälligen Befund.

Jahresvergleich - Radiocäsiummessungen in Wildpilzen und Wildschweinfleisch

27 Jahre nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl sind in unseren Grundnahrungsmitteln im Gegensatz zu wild wachsenden Pilzen und Wildbret nur noch Spuren an radioaktivem Cäsium zu finden. Im Waldboden deponiertes Cäsium verbleibt vorwiegend in den oberen Bodenschichten. Das Pilzmyzel bestimmter Pilzarten reichert diese Nuklide an, sodass es bei diesen Pilzen zu einer Cäsiumanreicherung kommen kann.

Da Wildschweine bei der Nahrungssuche dieselben oberen Bodenschichten aufwühlen, in denen auch das Pilzmyzel wächst, stehen erhöhte Kontaminationswerte bei Wildschweinen in direktem Zusammenhang mit den erhöhten Radiocäsiumwerten in Wildpilzen aus derselben Region.

14 % bis 29 % der Radiocäsiummesswerte in Maronen lagen in den vergangenen drei Jahren über 600 Bq/kg (siehe Abbildung). Auch in Zukunft ist zu erwarten, dass bei einigen Pilzarten eine unverändert hohe Radioaktivität gemessen wird. Bei bayerischen Wildschweinen lagen die Gehalte an Cäsium-137 bei 15 % (2010), 24 % (2011) und 9 % (2012) der Proben über dem EU-Grenzwert von 600 Bq/kg. Für diese scheinbar verwirrenden Unterschiede sind klimatische und geografische Faktoren verantwortlich. Das Phänomen tritt dann auf, wenn die Wildschweine bei Nahrungsmangel und schlechter oder fehlender Baummast durch Eicheln oder Bucheckern im Winter vermehrt Futter aus den oberen, stärker mit Cäsium belasteten Bodenschichten aufnehmen, sofern Frost und Schneelagen es zulassen.

Das Säulendiagramm zeigt die Entwicklung der Radiocäsiumbelastung von Maronen und Wildschweinfleisch.
Bei Maronen wiesen im Jahr 2010 71 % der Proben Aktivitäten unter 600 Bq/kg auf, im Jahre 2011 waren es 86 % der Proben und 2012 82 %. Demzufolge wies im Jahr 2010 ein Anteil von 29 % Aktivitäten von über 600 Bq/kg auf. Im Jahr 2011 lag dieser Anteil bei 14 % und im Jahr 2012 bei 18 %.
Bei Wildschweinfleisch wies im Jahr 2010 ein Anteil von 85 % der Proben Aktivitäten unter 600 Bq/kg auf, im Jahre 2011 waren es 76 % der Proben und 2012 91 %. Der Anteil an Proben mit Aktivitäten von über 600 Bq/kg lag bei 15 % im Jahr 2010. Im Jahr 2011 betrug dieser Anteil 24 % und im Jahr 2012 9 %.

Abbildung: Jahresvergleich - Radiocäsium in Maronen und Wildschwein

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