Zerkarien

Treten nach dem Baden juckende Hautausschläge auf, handelt es sich häufig um Badedermatitis, auch Entenbilharziose, Zerkarien-Dermatitis oder im Volksmund "Weiherhibbel" genannt.

Erreger und Übertragung

Die Badedermatitis wird durch Larvenstadien (Zerkarien) bestimmter Saugwürmer (vor allem Trichobilharzia-Arten) verursacht. Diese Saugwürmer haben einen komplexen Entwicklungszyklus mit Wirtswechsel. Als natürliche Endwirte (in denen die erwachsenen Saugwürmer leben und sich vermehren) treten verschiedene Arten von Wasservögeln auf, darunter Enten, Gänse und Schwäne. Erwachsene Saugwürmer siedeln in inneren Organen der Endwirte, wie Leber oder Darm. Die Vermehrungsprodukte der Würmer, die Eier, werden mit dem Kot des befallenen Vogels ins Wasser ausgeschieden. Im Wasser schlüpfen die ersten Larvenstadien, die Wimpernlarven, die so klein sind, dass sie in Süßwasserschnecken verschiedener Gattungen (Radix, Lymnea, u.a.) eindringen können und sich in diesem Zwischenwirt durch ungeschlechtliche Vermehrung zu Zerkarien, den frei schwimmenden Larvenstadien (Gabelschwanzlarven), entwickeln. Die Zerkarien verlassen nach ca. 100 Tagen die Schnecke und suchen aktiv schwimmend einen geeigneten Endwirt. Nach erfolgreichem Eindringen in den Endwirt wandelt sich die Zerkarie um zum Wurm. Während der Wanderung zum bevorzugten Ansiedlungsort im Endwirt erreichen die Parasiten die Geschlechtsreife, paaren sich und beginnen mit der Eiablage. Damit ist der Entwicklungszyklus abgeschlossen. Zerkarien bohren sich auf der Suche nach einem geeigneten Endwirt auch in die Haut des Menschen. Dort werden sie in der Regel beim Erstkontakt durch das Immunsystem des Menschen abgetötet.
Generell ist der Mensch im Entwicklungszyklus dieser Saugwürmer ein sogenannter Fehlwirt, in dem sich der Parasit weder über längere Zeit halten noch weiterentwickeln kann.

Gefährdungszeitpunkt

Das Auftreten von Zerkarien hängt mit der Anzahl der verfügbaren Zwischen- und Endwirte zusammen. Vor allem von Juni bis September mit einem Maximum im Juli bis Anfang August ist damit zu rechnen. Eine einzige Schnecke kann ca. 8000-10000 Zerkarien produzieren – aus diesem Grund ist der Durchseuchungsgrad in der Schneckenpopulation eines Gewässers wichtig für die Infektionsgefahr.
In mehreren Studien wurde ein Zusammenhang zwischen dem vermehrten Auftreten der Badedermatitis, der stetig steigenden Anzahl an Badegästen, und dem Klimawandel hergestellt, da sich das Badeverhalten wie z.B. ein längeres Verweilen im Wasser bei warmen Temperaturen verändern kann und sich die Expositionszeit der Badegäste damit verlängert. Die Wassertemperatur und lange Sonnenscheinperioden können einen Einfluss auf die Anzahl der infizierten Schnecken haben, mit der Folge, dass die Infektionsgefahr für die Badegäste steigt.
Zugvögel, die in warmen Wintern in Deutschland bleiben, können ein wichtiges Reservoir für den Parasiten darstellen und somit zu einem Anstieg der Zerkariendichte in den folgenden Sommermonaten und zu einer Zunahme der Badedermatitis-Fälle führen.
Besonders viele Zerkarien können im Wasser sein, wenn es zu einem temperatur- und witterungsabhängigen synchronen Zerkarienausstoß kommt. Dies kann der Fall sein, wenn auf einige kühlere Tage mit bedecktem Himmel ein Schönwettertag folgt. Schwimmer und vor allem spielende Kinder in Flachzonenbereichen, in denen sich die Schnecken bevorzugt aufhalten, können dann von vielen Zerkarien befallen werden.

Erkrankung

Erstinfektionen verlaufen in der Regel ohne klinische Symptome, es kann jedoch gelegentlich auch schon nach wenigen Minuten nach dem erstmaligen Kontakt ein leichtes Hautjucken auftreten, das von kleinen roten Flecken begleitet ist. Wird der gleiche Mensch zu einem späteren Zeitpunkt nochmals befallen, kann dies durch eine Sensibilisierung zu der für das Bild der Badedermatitis typischen allergischen Reaktion, einem juckenden Hautausschlag, dem makulopapulösen Exanthem, führen. Die Symptome klingen nach 10 bis 20 Tagen ab.

Therapie

Die Badedermatitis wird ausschließlich symptomatisch behandelt, vor allem durch die Verabreichung von juckreiz- und entzündungshemmenden Salben, Gelen oder Lotionen.

Prophylaxe

In Gewässern, in denen Zerkarien auftreten, können folgende Verhaltensweisen das Risiko eines Zerkarienbefalls verringern:

Längere Aufenthalte im Flachwasserbereich vermeiden (gerade Kinder sind gefährdet)

Meiden von oder nur kurzer Aufenthalt in Bereichen mit dichtem Wasserpflanzen-Bewuchs

Baden in den frühen Morgenstunden vermeiden, da sich in dieser Zeitspanne die meisten frei schwimmenden und damit infektiösen Zerkarien im Wasser aufhalten

Badeverbot bei massivem Befall, um eine Reduzierung der Zerkarien, die eine max. Lebensspanne von 2,5 Tagen haben, zu ermöglichen

Bevorzugt in tieferen oder leicht strömenden Bereichen schwimmen

Nach dem Schwimmen die Badesachen wechseln

Körper mit einem Handtuch gut abreiben (Zerkarien trocknen schnell aus)

Quallenschutzlotion verwenden

Eine kurzfristige Lösung des Problems durch Eingriffe in die betroffenen Gewässer ist derzeit nicht in Sicht. Ökologische Maßnahmen gegen Wasserschnecken, wie Entkrauten der Uferzone sowie Durchpflügen des Schlamms sind lediglich in Einzelfällen erfolgreich. Das Absammeln und Abtöten von Wasserschnecken sowie das Ausbringen von Fressfeinden der Wasserschnecken sind aus tierschutzrechtlicher und ökologischer Sicht kontraindiziert. Eine Möglichkeit, die Saugwürmer einzudämmen, besteht im konsequenten Fernhalten von Enten und anderen Wasservögeln. Fütterungsverbote und andere Maßnahmen zur Reduzierung der Wasservogeldichte an Badegewässern, vermindern das Risiko eines Zerkarienbefalls und sind auch aus hygienischen Gründen wünschenswert.

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