Bambusartikel und herkömmliche Melaminartikel

Bereits in den vergangenen Jahren berichtete das LGL über die zunehmende Verbreitung von sogenannten Bambusartikeln für den Lebensmittelkontakt. Dabei handelt es sich um beliebte Alternativen zu Einwegartikeln aus Pappe und herkömmlichen Kunststoff. Die Zusammensetzung dieser Produkte ist meist jedoch nicht gleich auf den ersten Blick sichtbar. Im Gegensatz zu Produkten, bei denen die natürliche Struktur des Bambus zu erkennen ist, weisen die erwähnten Bambusartikel eine einheitlich strukturierte, häufig bunt gefärbte oder bedruckte Oberfläche auf. Sie bestehen meist aus dem formgebenden Kunststoff Melaminformaldehydharz mit Bambus- und ggf. Maismehl als Füllmaterialien. Aufgrund dieser Zusammensetzung kann es zu einer Freisetzung von Formaldehyd und Melamin in das Lebensmittel kommen. Diese Bambusartikel sind von herkömmlichen Melaminartikeln zu unterscheiden, welche ebenfalls aus Melaminformaldehydharz jedoch ohne alternative Materialien wie Bambusfasern als Füllstoff bestehen.

Das LGL untersuchte im Jahr 2019 insgesamt 54 Proben, darunter 29 Bambusartikel und 25 herkömmliche Melaminartikel, auf einen Übergang von Formaldehyd und Melamin aus den Gegenständen ins Lebensmittel sowie deren Kennzeichnung.

Prüfung der Migration von Formaldehyd und Melamin

Die europäische Kunststoffverordnung, Verordnung (EU) Nr. 10/2011, legt für die Stoffe Formaldehyd und Melamin Grenzwerte für den Übergang in das Lebensmittel von 15 mg/kg und 2,5 mg/kg fest.

Von den insgesamt 54 untersuchten Proben überschritten fünf Proben den Grenzwert für Formaldehyd um ein Vielfaches und waren aufgrund dieser hohen Formaldehydgehalte geeignet die menschliche Gesundheit zu gefährden, so dass jeweils ein Rückruf eingeleitet wurde. Bei wiederholter inhalativer Exposition in geringerer Konzentration wirkt Formaldehyd an der Schleimhaut von Nase und Rachen reizend und zellschädigend. Bei oraler Aufnahme kann es zu einer Reizung der gastrointestinalen Schleimhaut kommen.
Bei diesen fünf Proben handelte es sich um Bambusartikel.
Der Grenzwert für Melamin wurde bei acht Bambusproben (28 % der untersuchten Bambusartikel) deutlich überschritten. Im Vergleich dazu lagen bei allen herkömmlichen Melaminartikel die Formaldehyd- und Melamingehalte unter dem gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert.

Prüfung der Kennzeichnung

Neben dem stofflichen Übergang von Formaldehyd und Melamin beanstandete das LGL bereits im vergangen Jahr vor allem die Kennzeichnung und Aufmachung vieler Bambusartikel. Diese werden mit Aussagen, wie „100 % Bambus“ oder „biologisch abbaubar“ beworben. Diese Angaben legen nahe, dass die Produkte ausschließlich aus natürlichen Materialien hergestellt werden. Die am LGL durchgeführten Untersuchungen zeigten jedoch, dass die Proben auch aus dem Kunststoff (Melaminformaldehydharz) bestehen. Es ist Verbrauchern, die Kunststoffe im Haushalt gezielt vermeiden wollen, in solchen Fällen nicht möglich zu erkennen, dass es sich bei diesen Produkten nicht um eine kunststofffreie Alternative handelt.

Das LGL beanstandete aufgrund von irreführenden Angaben neun von 29 Bambusproben (31 %). Bei herkömmlicher Melaminware ist durch die Beschaffenheit der Probe sowie deren Produktbezeichnung eine Verwechslung mit natürlichen Materialien nicht gegeben. Es wurde keine der 25 herkömmlichen Melaminproben aufgrund irreführender Angaben beanstandet.

Generell ist bei der Verwendung von Melaminformaldehydharz-Artikeln zu beachten, dass diese beim Erhitzen von Lebensmitteln in der Mikrowelle oder bei hohen Temperaturen im Ofen gesundheitlich bedenkliche Mengen an Melamin und Formaldehyd freisetzen können. Daher müssen entsprechende Verwendungshinweise wie „nicht mikrowellengeeignet“ vorhanden und für den Verbraucher klar sichtbar sein. Bei vier untersuchten Proben, drei Bambusartikeln und einem herkömmlichem Melaminartikel, beanstandete das LGL daher das Fehlen solcher Verwendungshinweise.

Fazit

Insgesamt wurden 14 von 29 Bambusartikeln beanstandet. Einen Überblick über die Beanstandungsgründe gibt folgende Abbildung.

 Kreisdiagramm zur folgenden Tabelle

die weiße Zahl im farbigem Kreissektor zeigt die Anzahl der beanstandeten Artikel

Tablle zu den Beanstandungsgründen der 14 beanstandeten Bambusartikel

Beanstandungsgrund Anzahl Beanstandungen
Fehlender Verwendungshinweis 3
Übergang von Melamin 8
Übergang von Formaldehyd 5
Irreführende Kennzeichnung 9

Aufgrund dessen, dass bei einigen Proben mehrere Parameter nicht die gesetzlichen Anforderungen erfüllten, übersteigt die Summe der Beanstandungsgründe die Anzahl der beanstandeten Proben.

Zusammenfassend zeigen die Untersuchungen, dass die Beanstandungsquote bei Bambusartikeln mit 48 % deutlich höher liegt als die Quote bei herkömmlicher Melaminware (8 %).

Nach kontroversen Diskussionen hat die EU-Kommission in der sog. „Bambus-Note“ vom 23. Juni 2020 auf die fehlende Verkehrsfähigkeit von Lebensmittelkontaktmaterialien aus Kunststoff hingewiesen, die unter Verwendung von nicht zugelassenen Füllstoffen wie Bambus- und/oder Maismehl hergestellt werden.