Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Tomaten von Januar 2006 bis Juni 2006

Hintergrund der Untersuchungen

Tomate

Tomaten sind nach der Kartoffel die am meisten verzehrte Gemüsesorte in Deutschland.

Ihre Beliebtheit verdankt die rote Frucht dem guten Geschmack und der vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten, einerseits als frisches Gemüse und andererseits in Form von Tomatenprodukten wie beispielsweise Tomatenmark, Ketchup und Dosentomaten.

Zudem gilt die Tomate aufgrund ihrer hohen Gehalte an Vitamin C, Kalium und sekundären Pflanzenstoffen als äußerst gesunde Frucht.

Zu den sekundären Pflanzenstoffen zählen die für die Farbe verantwortlichen Carotinoide, insbesondere das Lycopin, das ca. 90 % des Carotinoidgehaltes der Tomate ausmacht.

Die im Handel angebotenen Tomaten werden nur zu einem geringen Teil (< 10 %) in Deutschland angebaut, meist stammen sie aus Spanien, den Niederlanden, Italien oder Marokko.

Um die Belastungssituation der Tomaten ständig zu verfolgen, werden Rückstanduntersuchungen regelmäßig durchgeführt. Der vorliegende Beitrag berichtet über die Ergebnisse der von Januar 2006 bis Juni 2006 genommenen Proben (Stichtag für die Ergebnisse: 07.06.2006).

Zusammenfassung

Im Zeitraum Januar 2006 bis Juni 2006 wurden insgesamt 65 Proben Tomaten aus dem Groß- und Einzelhandel untersucht. Die Proben stammten aus verschiedenen Herkunftsländern in etwa entsprechend ihrer Marktpräsenz in Bayern. Knapp die Hälfte der Proben kam aus Spanien, das zweithäufigste Herkunftsland waren die Niederlande.

Die Rückstandssituation hat sich im Vergleich zum Vorjahr nicht verbessert, eher etwas verschlechtert. Nur 11 % der Proben waren rückstandsfrei, 83 % wiesen Rückstände unterhalb der zulässigen Höchstmengen auf und bei 6 % waren die Höchstmengen überschritten.

Kuchendiagramm: Anteil rückstandshaltiger Tomaten

Abbildung 1: Anteil rückstandshaltiger Tomaten (01/2006 – 06/2006)

Ergebnisse im Detail

Einen Überblick über die Rückstandssituation gibt die Tabelle 1. Die Probenzahlen je Herkunftsland sind teilweise gering, so dass manche Aussagen statistisch nicht zu verallgemeinern sind. Im Durchschnitt wurden 5,1 Rückstände pro Probe gefunden, der mittlere Rückstandsgehalt lag bei 0,18 mg/kg. Damit sind die untersuchten Tomaten als mittelmäßig belastet anzusprechen, im Vergleich etwa zu den stärker belasteten Paprikaschoten, in denen im durchschnittlich 7,9 Rückstände pro Probe und 0,35 mg/kg Rückstandsgehalt gefunden wurden. Die statistischen Zahlen deuten auf eine gewisse Verschlechterung der Rückstandssituation im Vergleich zum Vorjahr hin, da sich die Anzahl an rückstandsfreien Proben deutlich verringert hat, während die Anzahl der Höchstmengenüberschreitungen praktisch unverändert blieb. Die Anzahl der nachgewiesenen verschiedenen Stoffe, die Anzahl der Rückstände pro Probe und der durchschnittliche Rückstandsgehalt pro Probe sind im Vergleich zum Vorjahr angestiegen.

Tabelle 1: Ergebnisübersicht Tomaten (01/2006 – 06/2006)
Herkunftsland Gesamtzahl ohne R mit R kleiner als HM mit R größer als HM verschiedene Stoffe Anzahl R pro Probe 1) Gehalt R pro Probe 1) (mg/kg)
Belgien 2 0 2 0 4 2,5 0,03
Deutschland 3 1 2 0 1 0,7 0,01
Frankreich, einschl. Korsika 2 0 2 0 2 1,0 0,01
Italien 6 0 6 0 14 2,8 0,04
Marokko 5 0 4 1 20 5,8 0,30
Niederlande 10 1 9 0 20 2,8 0,10
Spanien 31 2 26 3 51 7,3 0,26
Türkei 1 0 1 0 9 9,0 0,23
ungeklärt 5 3 2 0 9 2,2 0,13
Gesamt 65 7 54 4 64 5,1 0,18
- - 11% 83% 6% - - -
zum Vergleich: - - - - - - -
2005 (gesamt) 66 32% 61% 7% 56 3,3 0,09

R = Rückstand; HM = Höchstmenge; 1) Durchschnitt

Bei vier Proben (6 %) wurden Höchstmengenüberschreitungen festgestellt. Betroffen waren hierbei zwei fungizid (gegen Pilze) wirksame und zwei insektizid (gegen Insekten) bzw. akarizid (gegen Milben) wirksame Stoffe.

Bei zwei Proben aus Spanien wurden die Höchstmengen für Tau-Fluvalinat und bei einer für Lufenuron überschritten. Diese Überschreitungen betrafen "allgemeine" Höchstmengen im Bereich der Bestimmungsgrenze, weil bei den entsprechenden Stoffen eine spezielle Regelung für Tomaten nicht existiert (siehe Tabelle 2).

Bei einer Probe aus Marokko wurden drei Überschreitungen der gesetzlich zulässigen Höchstmengen festgestellt. Sie betrafen jedoch Stoffe, für die aufgrund von Allgemeinverfügungen nach § 54 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) höhere Rückstände erlaubt wurden. Diese Allgemeinverfügungen gelten allerdings nur für Mitgliedstaaten der EUbzw. des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR), zu denen Marokko nicht gehört. Sie konnten deshalb hier aus formaljuristischen Gründen nicht herangezogen werden; anderenfalls wären die Rückstandsgehalte der Probe rechtlich akzeptabel gewesen.

Insgesamt wurden fünf Proben aus ökologischem Landbau untersucht. Davon waren zwei Proben (aus Spanien) völlig rückstandsfrei und jeweils eine Probe aus Marokko bzw. Italien enthielten eine bzw. zwei für Bioware zulässige Spuren an Pestizid-Rückständen.

Bei einer spanischen Probe wurden für Bioprodukte überhöhte Rückstände nachgewiesen, so dass die Probe aufgrund irreführender Kennzeichnung zu beanstanden war.

Tabelle 2: Tomaten-Proben mit Höchstmengenüberschreitungen (01/2006 – 06/2006)
Herkunftsland Anzahl HMÜ Stoff Rückstands-Gehalt (mg/kg) zulässige Höchstmenge(mg/kg) ARfD-Ausschöpfung
Marokko 3 Cyprodinil (F)
0,24
0,05 (0,5)*
11
Fludioxonil (F)
0,055
0,05 (0,5)*
n.nw.
Pyriproxyfen (I)
0,013
0,01 (1,0)*
n.nw.
Spanien 1 Tau-Fluvalinat (I, A)
0,020
0,01
18
Spanien 1 Lufenuron (I)
0,012
0,01
n.f.
Spanien 1 Tau-Fluvalinat (I, A)
0,021
0,01
19

HMÜ = Höchstmengenüberschreitung, A = Akarizid, F = Fungizid, I = Insektizid
ARfD = Akute Referenz Dosis; n.nw. = nicht notwendig; n. f. = nicht festgelegt
* Werte in Klammer: Allgemeinverfügung nach § 54 LFGB (nur für Herkunft EU / EWR)

Bei allen Höchstmengenüberschreitungen wird eine toxikologische Risikoabschätzung durchgeführt. Dazu wird am Beispiel eines Kindes von 2 bis unter 5 Jahren überprüft, in welchem Maß bei einem einmaligen Verzehr die Akute Referenz Dosis (ARfD)ausgeschöpft ist. Bei Überschreitung des ARfD-Wertes sind gesundheitliche Risiken nicht mit der gebotenen Sicherheit auszuschließen. In solchen Fällen erfolgt über das Europäische Schnellwarnsystem (RASFF) eine entsprechende Mitteilung an die Mitgliedstaaten. Das war bei keiner der betroffenen Proben erforderlich.

Insgesamt wurden 64 verschiedene Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe nachgewiesen. Stoffe mit mehr als vier Nachweisen sind in der Abbildung 2 aufgelistet. Unter den aufgeführten 22 Wirkstoffen finden sich 15 Fungizide und 7 Insektizide/Akarizide.

Balkendiagramm: Häufig nachgewiesene Stoffe in Tomaten

Abbildung 2: Häufig nachgewiesene Stoffe in Tomaten (01/2006 – 06/2006)

A= Akarizid, F = Fungizid, I = Insektizid

Häufig wurden in einer Probe mehrere Stoffe gleichzeitig gefunden, das Maximum lag bei 13 Stoffen in jeweils zwei Proben aus Spanien. Eine der beiden Proben war wegen einer Höchstmengenüberschreitung von Tau-Fluvalinat zu beanstanden. Sie wies einen Gesamtrückstandsgehalt von 0,49 mg/kg auf. Die drei anderen beanstandeten Proben enthielten einmal zehn Rückstände ( Gesamtrückstandsgehalt 0,44 mg/kg) bzw. zweimal je elf Rückstände (Gesamtrückstandgehalt 0,41 mg/kg bzw. 0,29 mg/kg).

Das Problem der Mehrfachrückstände wird teilweise sehr emotional und kontrovers diskutiert, insbesondere wegen noch lückenhafter Kenntnisse über mögliche additive Wirkungen der unterschiedlichen Stoffe im menschlichen Organismus. Auch im Hinblick auf "gute Agrarpraxis" sind extreme Mehrfachbefunde sehr diskussionsbedürftig.

Säulendiagramm: Mehrfachrückstände in Tomaten

Abbildung 3: Mehrfachrückstände in Tomaten (01/2006 – 06/2006)

Fazit

Die untersuchten Tomaten erwiesen sich als mittelmäßig mit Pflanzenschutzmittel-Rückständen belastet. Der Anteil an Höchstmengenüberschreitungen war vergleichsweise gering und die verletzten Höchstmengen waren nicht toxikologisch begründet. Demnach war auch in keinem Fall die Akute Referenz Dosis (ARfD) überschritten, so dass gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die einzelnen nachgewiesenen Rückstände nach der derzeitigen Datenlage sicher auszuschließen waren.

Im Vergleich zum Vorjahr sind sowohl die Anzahl der Proben mit Rückständen, die Anzahl der nachgewiesenen verschiedenen Stoffe, die Anzahl der Rückstände pro Probe als auch der durchschnittliche Rückstandsgehalt pro Probe angestiegen.

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