Rückstandshöchstgehalte für Pflanzenschutzmittel-Rückstände

Was bezwecken Rückstandshöchstgehalte?

Rückstandshöchstgehalte dienen dem vorbeugenden Schutz des Verbrauchers vor unnötig hohen Rückständen und gewährleisten einen hohen Sicherheitsabstand vor möglichen gesundheitlichen Risiken. Sie beziehen sich stets auf die Angebotsform der Lebensmittel, d. h. bei Obst und Gemüse auf das ungewaschene, ungeputzte und nicht geschälte Erzeugnis.

Rückstandshöchstgehalte sollen sicherstellen, dass die Lebensmittel oder ihre Rohstoffe entsprechend den Regeln produziert und die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Höchstmengenüberschreitungen zeigen deshalb einen nicht vorschriftsmäßigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln an, der einen Rechtsverstoß nach sich zieht.

Rückstandshöchstgehalte sind somit in erster Linie juristische Grenzwerte, keine toxikologischen Grenzwerte.

Wo sind Rückstandshöchstgehalte geregelt?

Rückstandshöchstgehalte für Pflanzenschutzmittel-Rückstände werden heute innerhalb der Europäischen Gemeinschaft nach einheitlichen Kriterien festgesetzt.

Bis zum 01. September 2008 waren sie für den Europäischen Wirtschaftsraum im Wesentlichen in vier Richtlinien für Getreide (RL 86/362/EWG), tierische Lebensmittel (RL 86/363/EWG) und pflanzliche Lebensmittel (RL 76/895/EWG, RL 90/642/EWG) geregelt. Sie wurden in Folgerichtlinien ständig aktualisiert. Dabei wurden für neue Stoffe Rückstandshöchstgehalte festgesetzt oder aber bestehende Regelungen modifiziert, wenn neue Erkenntnisse eine Anpassung der Rückstandshöchstgehalte notwendig machten.

Diese europäischen Richtlinien galten allerdings nicht unmittelbar in den Mitgliedstaaten, sondern mussten innerhalb vorgegebener Fristen in einzelstaatliches Recht umgesetzt werden. In Deutschland wurden die zulässigen Höchstmengen in der Rückstands-Höchstmengenverordnung (RHmV) geregelt. Sie enthält neben einer Vielzahl bereits europaweit einheitlicher Grenzwerte auch nationale Höchstmengen für Stoffe, bei denen eine europäische Regelung noch aussteht.

Eine besondere Regelung war nach § 54 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) möglich. Danach durften ausländische Lebensmittel aus Mitgliedstaaten des europäischen Wirtschaftsraums höhere Rückstände enthalten als es nach der RHmV erlaubt war, wenn diese Lebensmittel die Grenzwerte des Herkunftsstaates einhielten und dort rechtmäßig im Handel waren. Die Genehmigung wurde vom Inverkehrbringer beantragt und vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit erteilt, wenn dadurch keine gesundheitlichen Risiken zu erwarten waren. Mit einer solchen Ausnahmegenehmigung wurde die Forderung nach freiem Warenverkehr innerhalb der Europäischen Union erfüllt.

Mit der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs wurde das Rückstandsrecht in der Europäischen Union harmonisiert. Seit dem Inkrafttreten dieser Höchstmengen zum 1. September 2008 gelten diese direkt in jedem Mitgliedsstaat, ohne in nationales Recht umgesetzt werden zu müssen. Die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 beinhaltet aber noch weitere wichtige Regelungen. Wenn für eine Kombination von Wirkstoff und Erzeugnis kein expliziter Rückstandshöchstgehalt festgesetzt ist, gilt ein pauschaler Grenzwert von 0,01 mg/kg. Auf diesem Wege bleibt nichts ungeregelt. Zulassungen dürfen nur noch erteilt werden, wenn Rückstandshöchstgehalte für die Kombination von Wirkstoff und Erzeugnis festgelegt sind, ansonsten müssen die Rückstandshöchstgehalte zusammen mit der Zulassung beantragt werden.

Mit dem Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 sind die meisten Regelungen der RHmV nicht mehr gültig. Die RHmV ist jedoch weiterhin von Bedeutung, da über sie die sonstigen Stoffe, wie schützende Zusatzstoffe und Wirkungsverstärker, und bestimmte Erzeugnisse, wie Fische und Fischerzeugnisse, geregelt werden. Weiterhin gilt die RHmV durch eine Übergangsvorschrift noch für die Erzeugnisse, die vor dem 1. September 2008 hergestellt oder eingeführt wurden. Auch wurde die Strafbewehrung der RHmV auf die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 ausgeweitet. Mit der Harmonisierung wurden auch die besonderen Regelungen nach § 54 LFGB hinfällig.

Spezielle Grenzwerte für Säuglinge und Kleinkinder sind in der Diät-Verordnung geregelt. Danach gelten für Pflanzenschutzmittel-Rückstände Grenzwerte von 0,01 mg/kg bzw. noch strengere Regelungen für einzelne Stoffe in den Erzeugnissen.

Wie entstehen Rückstandshöchstgehalte?

Die Höhe der festgesetzten Grenzwerte wird aus Rückstandsdaten abgeleitet, wie sie in kontrollierten Feldversuchen der Pflanzenschutzmittelhersteller nach guter landwirtschaftlicher Praxis gewonnen werden. Solche Versuche sind genau vorgegeben. Für die Bewertung wird die ungünstigste Rückstandssituation erfasst. Ergänzend werden toxikologische Untersuchungen ausgewertet, die für jeden Stoff vorgenommen werden müssen und deren Ergebnisse in Kenndaten über akute Toxizität (LD50, ARfD-Wert) und Langzeitwirkungen (NOAEL, ADI-Wert) fließen, aber auch Informationen zur Kanzerogenität, Mutagenität, Teratogenität und Ähnliches enthalten.

Anhand dieser Daten wird von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) oder den von ihr beauftragten Behörden entsprechend den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) geprüft, ob die vorgeschlagenen Höchstmengen auch unter sehr ungünstigen Bedingungen keine gesundheitsschädigenden Auswirkungen beim Menschen erwarten lassen. Anderenfalls erhält das Mittel keine Zulassung. Neben den möglichen Einflüssen einer lebenslangen kontinuierlichen Aufnahme auf die Gesundheit des Menschen werden bei einer solchen Bewertung auch besondere Stoffeigenschaften berücksichtigt, die z. B. bei saisonalem Hochverzehr akute Einflüsse auf die menschliche Gesundheit haben können.

Rückstandshöchstgehalte können nach der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 nun nicht nur diejenigen beantragen, die die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels beantragen, sondern auch Erzeuger und Importeure von Lebens- und Futtermittelerzeugnissen, Personen und Organisationen mit einem berechtigten Interesse an Gesundheitsfragen sowie die Mitgliedstaaten der EU.

Für welche Produkte gibt es Rückstandshöchstgehalte?

Grundsätzlich sind nun Höchstmengen für jedes Lebensmittel oder für jede Produktgruppe festgelegt, unabhängig davon, ob eine Anwendung des Pflanzenschutzmittels bei dieser Kultur zugelassen ist. Aufgrund der oft unterschiedlichen Anwendungsbedingungen bei verschiedenen Kulturen und den daraus resultierenden Rückstandsmengen, werden für verschiedene Lebensmittel auch unterschiedliche Grenzwerte festgesetzt. Um missbräuchliche Anwendungen in Kulturen zu unterbinden, für die das Mittel nicht zugelassen ist, werden für diese Lebensmittel pauschal sehr niedrige Höchstmengen an der analytischen Bestimmungsgrenze des Pflanzenschutzmittels festgelegt.

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