Pflanzenschutzmittelrückstande in pflanzlichen Lebensmitteln – Untersuchungsergebnisse 2010
Allgemeiner Überblick
Im Jahr 2010 untersuchte das LGL mit umfassenden Multimethoden 2.561 pflanzliche Lebensmittel auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln. Rund ein Drittel aller untersuchten Lebensmittel (32 %) enthielt keine bestimmbaren Rückstände (siehe Tabelle 1). Wie in den vorhergehenden Jahren war der Anteil der Proben aus ökologischem Anbau mit 23 % im Vergleich zum Marktanteil überproportional vertreten. 77 % der Bio-Proben wiesen keine Rückstände auf. Bei konventionellen Produkten waren dagegen nur 18 % der Proben rückstandsfrei. Der Anteil an Proben mit Rückständen über den zulässigen Höchstgehalten ging auf 5 % (132 Proben) zurück. Die Quote für die konventionelle Ware sank auf 7 %. Immer wieder traten mehrere überhöhte Rückstände in einer Probe auf, sodass das LGL insgesamt 190 Höchstgehaltsüberschreitungen für einzelne Wirkstoffe feststellte.
Lebensmittel | Probenzahl | ohne R | mit R kleiner HG | mit R größer HG |
---|---|---|---|---|
Gesamt | 2561 | 811 | 1618 | 132 |
Anteil | 32% | 63% | 5% | |
konventionell | 1977 | 18% | 75% | 7% |
biologisch | 584 | 77% | 23% | 0% |
Vorjahre zum Vergleich | ||||
2009 | 2151 | 31% | 62% | 7% |
konventionell | 1664 | 17% | 74% | 9% |
biologisch | 487 | 77% | 23% | 0% |
2008 | 2231 | 33% | 60% | 7% |
konventionell | 1812 | 21% | 71% | 8% |
biologisch | 419 | 85% | 14% | 1% |
2007 | 2312 | 29% | 59% | 12% |
konventionell | 1912 | 19% | 67% | 14% |
biologisch | 400 | 80% | 19% | 1% |
2006 | 2326 | 18% | 68% | 14% |
konventionell | 2161 | 13% | 72% | 15% |
biologisch | 165 | 75% | 24% | 1% |
R = Rückstand, HG = Höchstgehalt nach VO (EG) Nr. 396/2005 |
Rückstandssituation in Obst und Gemüse
Im konventionellen Anbau dürfen chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel nach den Vorgaben der amtlichen Zulassung eingesetzt werden. Hier sind also entsprechende Rückstände zu erwarten. Konventionelles Obst wies 2010 gegenüber den Vorjahren deutlich weniger Höchstgehaltsüberschreitungen auf (siehe Tabelle 2), allerdings stieg der durchschnittliche Rückstandsgehalt von 0,46 mg/kg im Jahr 2009 auf 0,57 mg/kg im Jahr 2010 an.
Lebensmittel | Probenzahl | ohne R | mit R kleiner HG | mit R größer HG |
---|---|---|---|---|
Obst | 829 | 75 | 732 | 22 |
Anteil | 9% | 88% | 3% | |
Vorjahre zum Vergleich | ||||
2009 | 678 | 7% | 88% | 5% |
2008 | 768 | 11% | 83% | 6% |
2007 | 774 | 9% | 83% | 8% |
2006 | 827 | 6% | 84% | 10% |
Obsterzeugnisse | 45 | 2 | 35 | 8 |
Gemüse | 896 | 208 | 607 | 81 |
Anteil | 23% | 68% | 9% | |
Vorjahre zum Vergleich | ||||
2009 | 699 | 20% | 71% | 9% |
2008 | 715 | 25% | 68% | 7% |
2007 | 734 | 22% | 65% | 13% |
2006 | 805 | 16% | 69% | 15% |
Gemüseerzeugnisse | 9 | 1 | 5 | 3 |
Pflanzliche Öle, Fette | 33 | 23 | 10 | 0 |
Getreide, Getreideerzeugnisse | 8 | 1 | 6 | 1 |
Hülsenfrüchte, Ölsamen | 10 | 1 | 6 | 3 |
Kartoffeln | 28 | 10 | 18 | 0 |
Pilze, Pilzerzeugnisse | 32 | 1 | 30 | 1 |
Wein | 16 | 1 | 14 | 1 |
Tee, teeähnliche Erzeugnisse | 20 | 2 | 16 | 2 |
Säuglingsnahrung | 35 | 32 | 2 | 1 |
Gewürze | 13 | 2 | 3 | 8 |
Sonstige | 3 | 1 | 2 | 0 |
Gesamt | 1977 | 360 | 1486 | 131 |
Anteil | 18% | 75% | 7% | |
R = Rückstand, HG = Höchstgehalt nach VO (EG) Nr. 396/2005 |
Bei einheimischer Ware wiesen unter 1 % der Proben überhöhte Rückstände auf. Bei Produkten aus dem Ausland lag der Anteil mit 4 % höher (siehe Abbildung 1). Bei einer Probe türkischer Trauben war wegen stark überhöhter Rückstände von Methomyl ein gesundheitliches Risiko nicht völlig auszuschließen. Bei konventionellem Gemüse blieb der Anteil an Höchstmengenüberschreitungen wie im Vorjahr bei 9 %, jedoch stieg die durchschnittliche Belastung von 0,37 mg/kg im Jahr 2009 auf 0,49 mg/kg im Jahr 2010 an. Deutsche Erzeugnisse waren in allen Jahren seltener belastet als ausländische (siehe Abbildung 1). Der Anteil an Grenzwertüberschreitungen bei inländischen Produkten stieg geringfügig von 2 % auf 3 % an, dagegen lag die Quote bei ausländischer Ware auch wegen der ungünstigen Rückstandssituation bei Kräutern und Fruchtgemüse aus Drittländern weiterhin bei 14 %. Vier Produkte, Gurken und Paprika aus der Türkei, Tomaten aus Italien und Kopfsalat aus Deutschland wiesen jeweils so hohe Rückstände auf, dass ein gesundheitliches Risiko nicht völlig auszuschließen war. Das LGL veranlasste daraufhin eine europäische Schnellwarnung.
Ist Bio drin, wenn Bio darauf steht?
Im Gegensatz zur konventionellen Erzeugung muss beim ökologischen Anbau auf den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln verzichtet werden, damit Produkte mit den Bezeichnungen „ökologisch“ oder „biologisch“ ausgelobt werden dürfen. Mit modernen, empfindlichen Analysetechniken lassen sich auch in Bio-Lebensmitteln gelegentlich Rückstände nachweisen. Häufig stammen diese aus einer Abdrift von konventionell angebauten Kulturen, der Aufnahme aus kontaminierten Böden oder von Kontaminationen während der Verarbeitung (Reinigung, Sortierung und Verpackung). Als Orientierungswert für den begründeten Verdacht einer Anwendung von Pflanzenschutzmitteln wird vom LGL ein Rückstandsgehalt von 0,01 mg/kg herangezogen. Dieser entspricht dem strengen Grenzwert für Säuglingsnahrung und dem niedrigsten rechtlich festgesetzten Höchstgehalt für konventionelle Erzeugnisse. Lebensmittelrechtlich werden Proben mit höheren Rückständen als „irreführend gekennzeichnet“ beurteilt.
Positiver Trend bei Obst und Gemüse aus ökologischem Anbau
75 % der Obst- und 83 % der Gemüseproben aus ökologischem Anbau enthielten keine Rückstände (siehe Tabelle 3). Die in den anderen Proben nach gewiesenen Pflanzenschutzmittelrückstände lagen meist unter dem Orientierungswert von 0,01 mg/kg. Durchschnittlich betrug der Gehalt an Pflanzenschutzmitteln pro Probe nur 0,004 mg/kg. Bio-Obst und -Gemüse enthielten somit weiterhin erheblich weniger Pflanzenschutzmittelrückstände als konventionelle Ware (0,52 mg/kg). Der positive Trend der vergangenen Jahre setzte sich somit fort. Bei keiner der Obst- und Gemüseproben musste das LGL die Auslobung als Bio-Produkt bemängeln.
Bedeutende Herkunftsländer für die Öko-Ware waren Deutschland (32 % der Proben), Italien (25 %) und Spanien (11 %). Deutsche Produkte waren zu 87 % rückstandsfrei, Lebensmittel aus Spanien zu 83 % und aus Italien zu 68 %. Rechtliche Grenzwerte waren lediglich in einer deutschen Probe Zucchini für das Organochlorinsektizid Heptachlor (Höchstgehalt 0,01 mg/kg) überschritten. Da Zucchini als Gurkengewächs Organochlorinsektizide über viele Jahre hinweg aus noch kontaminiertem Boden anreichern kann, war in diesem Fall nicht von einer gezielten Anwendung des Insektizids auszugehen.
Lebensmittel | Probenzahl | ohne R | mit R kleiner HG | mit R größer HG |
---|---|---|---|---|
Obst | 132 | 99 | 33 | 0 |
Anteil | 75,00% | 25,00% | 0,00% | |
Vorjahre zum Vergleich | ||||
2009 | 108 | 76,90% | 23,10% | 0,00% |
2008 | 129 | 85,20% | 14,00% | 0,80% |
2007 | 158 | 72,20% | 27,20% | 0,60% |
2006 | 47 | 70,20% | 27,70% | 2,10% |
Obsterzeugnisse | 30 | 17 | 13 | 0 |
Gemüse | 153 | 127 | 25 | 1 |
Anteil | 83,00% | 16,30% | 0,70% | |
Vorjahre zum Vergleich | ||||
2009 | 124 | 83,90% | 16,10% | 0,00% |
2008 | 173 | 88,40% | 11,00% | 0,60% |
2007 | 146 | 80,10% | 18,50% | 1,40% |
2006 | 31 | 61,30% | 38,70% | 0,00% |
Gemüseerzeugnisse | 7 | 7 | 0 | 0 |
Pflanzliche Öle | 8 | 3 | 5 | 0 |
Getreide, Getreideerzeugnisse | 141 | 115 | 26 | 0 |
Kartoffeln | 6 | 6 | 0 | 0 |
Pilze | 1 | 0 | 1 | 0 |
Wein | 26 | 7 | 19 | 0 |
Tee | 5 | 3 | 2 | 0 |
Säuglingsnahrung | 73 | 66 | 7 | 0 |
Gewürze | 2 | 1 | 1 | 0 |
Gesamt | 584 | 451 | 132 | 1 |
Anteil | 77,20% | 22,60% | 0,20% | |
R = Rückstand, HG = Höchstgehalt nach VO (EG) Nr. 396/2005 |
Trockenobst
Das LGL untersuchte 30 Proben Bio-Trockenobst, vor allem Rosinen und Aprikosen. 57 % der Proben wiesen keine Rückstände auf. Bei Rosinen aus der Türkei und Apfelchips aus Österreich lag der begründete Verdacht eines Einsatzes synthetischer Pflanzenschutzmittel nahe. In den anderen Fällen waren die Rückstände so gering, dass nicht auf die Anwendung der Wirkstoffe zu schließen war.
Getreide aus ökologischem Anbau
Ein besonderer Schwerpunkt bei den Bio-Lebensmitteln waren Getreide (54 Proben) und Getreideerzeugnisse (87 Proben). 82 % der Proben wiesen keine Rückstände auf. Bei Weizen wurde lediglich in einer von 24 Proben ein Rückstand nachgewiesen, der aber nicht den begründeten Verdacht einer Pflanzenschutzmittelanwendung rechtfertigte. Dagegen war bei zwei von 30 Roggenproben die Bio-Kennzeichnung wegen der Gehalte des Wachstumsregulators Chlormequat infrage zu stellen. Im Allgemeinen war die Rückstandssituation bei Getreide wie im Vorjahr erfreulich gut. Bei den Getreideerzeugnissen untersuchte das LGL überwiegend Müslibestandteile, vor allem Haferflocken, aber auch Dinkelflocken. 80 % der Proben war rückstandsfrei. Jedoch fielen drei von 47 Proben Haferflocken durch Gehalte des Wachstumsregulators Chlormequat auf, die den begründeten Verdacht einer Anwendung nahelegten. Ansonsten war bei den Bio-Getreideerzeugnissen durch das LGL hinsichtlich der Pflanzenschutzrückstände nichts zu bemängeln.
Wein aus ökologischem Anbau
In die Betrachtung der Lebensmittel aus ökologischem Anbau wurde auch Wein einbezogen. Bei zehn von 26 Proben lag der begründete Verdacht einer Verwendung chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel vor. Darin waren allerdings fünf Verfolgsproben zu einer zuvor auffälligen Probe enthalten. Das bedeutet, zu einer auffälligen Probe eines Herstellers hat das LGL fünf verschiedene Produkte desselben Herstellers untersucht und als auffällig bewertet. In den auffälligen Weinen wies das LGL zwischen zwei und elf Rückstände nach. Die Weine wiesen auf die Trauben umgerechnete Gehalte von bis zu 0,25 mg/kg auf. Damit wurde zwar der Orientierungswert von 0,01 mg/kg deutlich überschritten, allerdings lagen die Gehalte unter den zulässigen Höchstgehalten. Die durchschnittlichen Rückstandsgehalte der auffälligen Weine entsprachen in etwa denen der vom LGL untersuchten konventionellen Weine. Die als unauffällig eingestuften Weine enthielten dagegen nur geringe Spuren an Pflanzenschutzmitteln.
Fazit
Die Rückstandssituation bei pflanzlichen Lebensmitteln aus konventioneller Erzeugung hat sich auch 2010 für den Verbraucher noch nicht wesentlich verändert. Nach wie vor sind in sehr vielen Produkten, insbesondere bei Obst und Gemüse, Rückstände nachweisbar. Die Gehalte sind allerdings in der Regel gering. Auch wenn die Beanstandungen rückläufig sind, zeigen diese und die vereinzelt notwendigen Schnellwarnungen Handlungsbedarf auf. Dementsprechend sind Erzeuger und Handel auch weiterhin gefordert, alle Anstrengungen zu unternehmen, die Rückstandsbelastung zu minimieren, insbesondere bei den Importproben. Dennoch wird dem Verbraucher aufgrund der Vitamine und Mineralstoffe weiterhin der Verzehr von frischem Obst und Gemüse empfohlen. Dabei kann er sich durch eine abwechslungsreiche Ernährung mit saisonalen und regionalen Produkten sowie Waschen und Schälen vor einer übermäßigen Rückstandsbelastung schützen. Eine gute Alternative sind Bio-Produkte, die weitgehend rückstandsfrei sind und somit ihre Auslobung in der Regel berechtigterweise tragen.