Welche Ursachen beeinflussen die Muttermilchbelastung der einzelnen Mutter?

Da die Fremdstoffbelastung der Muttermilch von zahlreichen Faktoren beeinflusst wird, können die einzelnen Messwerte stark schwanken. Folgende wichtigen Einflüsse sind zu nennen:

Alter der Mutter

Das Alter der Mutter korreliert mit den Rückstandskonzentrationen in der Frauenmilch. Die Zunahme der Fremdstoffgehalte mit dem steigenden Alter der Mutter wurde beispielsweise für Polychlorierte Biphenyle (PCB) und Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT) festgestellt. Auch bei den Gehalten an Polychlorierte Dibenzodioxine und Furane (PCDD/PCDF) ist bei erstgebärenden Müttern schätzungsweise mit einer Zunahme von 0,47 ng internales TEq/kg Fett pro Lebensjahr der Mutter zu rechnen. Dies hat seine Ursachen in der längeren Anreicherungszeit der Fremdstoffe im mütterlichen Organismus und den höheren Expositionen der älteren Mütter durch Umweltmedien wie z. B. der Nahrung in zurückliegenden Lebensjahrzehnten.

Körpergewicht

Bei Frauen, die während der Stillperiode stark an Gewicht abnehmen, werden in der Muttermilch höhere Gehalte an fettlöslichen Fremdstoffen gefunden. Grund dafür ist, dass sich die Fremdstoffe im verbleibenden Fettgewebe stärker konzentrieren.

Anzahl der insgesamt gestillten Säuglinge

Die Fremdstoffkonzentrationen fettlöslicher Verbindungen in der Muttermilch sind bei Erstgebärenden am höchsten und nehmen mit jedem weiteren gestillten Kind ab. Gemäß Humanbiomonitoring-Kommission beträgt die durchschnittliche Rückstandsbelastung bei Frauen, die ihr zweites oder drittes Kind stillen, nur ca. 65-75% der Belastung der Erstgebärenden.

Ernährung

Der Einfluss der mütterlichen Ernährung auf die Stoffgehalte in der Muttermilch hängt vom untersuchten Fremdstoff ab.

Bei fettlöslichen, schwer abbaubaren Stoffen wie PCDD/PCDF, PCB und Polybromierte Diphenylether (PBDE) wird angenommen, dass bei häufigem Verzehr tierischer Lebensmittel mit hohem Fettanteil wie z. B. Wurstwaren, fettreiche Fischsorten auch die Fremdstoffkonzentration in der Muttermilch ansteigt. Dies konnte explizit in einer neueren Untersuchung des Bundesinstitutes für Risikokommunikation gezeigt werden: Beim Vergleich der Konzentrationen PBDE in der Muttermilch von Vegetarierinnen und Stillenden mit "normaler " Mischernährung lagen bei Vegetarierinnen die PBDE-Gehalte um 15-40% niedriger.

Stillzeit nach der Geburt

Wie der Konzentrationsverlauf des Fremdstoffs in Abhängigkeit von der Stilldauer aussieht, hängt vom untersuchten Schadstoff ab.

So wurde bei fettlöslichen schwerabbaubaren Fremdstoffen wie z. B. den PCDD/PCDF und den coplanaren PCB mit zunehmender Stilldauer eine Abnahme beobachtet. Bei einer 3monatigen Laktation mit täglich 700 ml Milch und 20-30 g Fett mit maximal 2 kg Milchfett schätzt die Human-Biomonitoring Kommission, dass 10-30% der im Körper gespeicherten Rückstände ausgeschleust werden.

Folgendem Beispiel demonstriert die Zusammenhänge: Ausscheidung von PCDD/PCDF und PCB in die Muttermilch über eine Stilldauer von ca. 23 Monaten.

Abbildung 1: Rückstände PCDD/PCDF und coplare PCB in Abhängikeit von der Stilldauer

Säulendiagramm: Rückstände PCDD/PCDF und coplare PCB in Abhängikeit von der Stilldauer

(Quelle: modifiziert nach [Schecter et al. 1998])

Die stärkste Abnahme scheint zudem beim Übergang von Kolostrum zu reifer Frauenmilch zu erfolgen. Vergleichbares gilt für die Ausscheidung von Eisen in der Muttermilch.

Allerdings gibt es andere Beispiele, bei denen eine konstante Ausscheidung des Stoffes über die Stillzeit erfolgt (Beispiel: Nickel, Arsen, Barium, Cadmium).

Physiologische Einflussfaktoren auf den Fettgehalt

Die Gehalte der Schadstoffe werden auf den Fettgehalt bezogen. Folgende Einflussfaktoren werden berücksichtigt, um eine Muttermilchprobe mit einem ausreichend hohen Fettgehalt für die Untersuchung zu erhalten:

  • Fettgehalt der Frauenmilch im Tagesverlauf
    Wie Untersuchungen zeigen, schwankt der Fettgehalt der Muttermilch innerhalb von 12 Stunden (zwischen ca. 3,2 und 8% Milchfett). Am niedrigsten soll der Fettgehalt frühmorgens sein, tagsüber soll er um das 2,5fache ansteigen. Andere Arbeitsgruppen berichten über veränderte Fettgehalte der Muttermilch im Tagesverlauf, halten aber die Fettgehalte zu bestimmten Tageszeiten für nicht vorhersagbar.
  • Fettgehalt der Frauenmilch während des Stillens
    Die Fettgehalte von Vorder- und Hintermilch einer Stillmahlzeit sind unterschiedlich. Zuerst trinkt nämlich das Baby die fettarme, Vitamin-, Mineralstoff- und Immunglobulin-haltige "Vordermilch", um seinen Durst zu löschen. Dann folgt eine kalorienreiche und fette "Hintermilch", um das Baby zu sättigen. Die Menge an Lipiden steigt im Durchschnitt von 2,4 auf 7,5 g/100 ml während des Stillvorgangs.
  • Fettgehalt der Frauenmilch während der Stilldauer
    In der Literatur wurde gezeigt, dass der Gesamtfettgehalt der Muttermilch während der Stillperiode schwankt: z. B. wurde eine Zunahme des Fettgehalts von 3,9 g/100 ml zwei Wochen nach der Geburt auf 5,2 g/100 ml 16 Wochen nach der Geburt festgestellt. In anderen Arbeiten konnte dieser kontinuierliche Anstieg bis zur 16 Woche nicht bestätigt werden. Kolostrum enthält durchschnittlich ca. 1,2 g Fett/100 ml Milch und Übergangsmilch ca. 3 g Fett/100 ml Milch.
  • Milchgewinnung
    Frauenmilch kann durch Ausstreichen der Brust (kein Zusammenhang zum Stillvorgang), mechanisches Abdrücken der Brust während des Stillvorgangs oder durch Einsetzen von Milchpumpen gewonnen werden. Die Art der Probengewinnung hat Einfluss auf den Fettgehalt der Muttermilch.