Gesundheitsökonomische Analyse eines Case-Managementprogramms bei älteren Herzinfarktpatienten (KORINNA-Studie)

Prof. Dr. Reiner Leidl, Prof. Dr. Rolf Holle, Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, Institut für Gesundheitsökonomie und Management im Gesundheitswesen (IGM):

Ziel

Im Rahmen einer randomisierten Interventionsstudie sollte untersucht werden, ob sich bei älteren Patienten mit akutem Herzinfarkt durch ein risikoadaptiertes Case-Management Rehospitalisierungen vermeiden lassen und mit welchen Kosten bzw. Einsparungen dies ggf. verbunden ist.

Methodik

In der monozentrischen Studie wurden 340 Patienten mit akutem Herzinfarkt und Alter ab 65 Jahren im Klinikum Augsburg rekrutiert und per Zufall der Interventions- bzw. Kontrollgruppe zugewiesen. In der Interventionsgruppe erhielten die Patienten über ein Jahr einen oder bei Bedarf mehrere Hausbesuche durch geschultes Personal sowie vierteljährliche telefonische Beratungen, die Teilnehmer in der Kontrollgruppe erhielten die übliche Versorgung. In beiden Gruppen wurden der Gesundheitszustand und die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen alle drei Monate telefonisch erfragt.

Primäres Zielkriterium war die Zeit ab Entlassung vom Basisaufenthalt bis zur ersten ungeplanten Rehospitalisierung (bzw. bis zum Tod außerhalb des Krankenhauses). Sekundäre Zielkriterien, wie klinische Messparameter, Funktionsfähigkeit, Depressivität und gesundheitsbezogene Lebensqualität wurden bei der Untersuchung nach einem Jahr erhoben. Kosten der Krankenhausaufenthalte wurden aus den administrativen Daten ermittelt, alle anderen Kosten wurden aus den Patientenangaben nach dem Unit Cost-Ansatz geschätzt. Für die gesundheitsökonomische Analyse wurde die Kostendifferenz zwischen den Interventionen in Relation zur Differenz der qualitätsadjustierten Lebensjahre (QALYs) gesetzt.

Ergebnisse

In die Analyse wurden 329 Patienten mit einem mittleren Alter von 75 Jahren einbezogen, 62% davon waren Männer und 47% hatten entweder Diabetes oder Herzinsuffizienz als Komorbidität. Innerhalb eines Jahres gab es in der Interventionsgruppe 62 und in der Kontrollgruppe 78 Zielereignisse. Dabei zeigte sich aber ein Überkreuzen der Kaplan-Meier-Kurven mit mehr frühen Ereignissen in der Interventionsgruppe und mehr späten Ereignissen in der Kontrollgruppe. Insgesamt gab es keinen statistisch signifikanten Effekt in Bezug auf den primären Endpunkt (Hazardrate 1,01, 95% Konfidenzintervall 0,72 – 1,41). Bei den sekundären Zielkriterien zeigte sich ein statistisch signifikanter Vorteil für die Interventionsgruppe in Bezug auf das LDL-Cholesterin, die Handgreifkraft sowie auf den SCREEN-II Ernährungsscore. Auch in der gesundheitsökonomischen Analyse konnte im 1-Jahres-Zeitraum kein Vorteil der Intervention nachgewiesen werden. Den Interventionskosten in Höhe von 130 Euro pro Patient standen Einsparungen gegenüber (570 Euro pro Jahr und Patient unadjustiert), und die qualitätsadjustierten Lebensjahre waren in beiden Gruppen fast identisch.

Schlussfolgerung

Das angebotene Case-Management für ältere Patienten mit Herzinfarkt wurde zwar gut angenommen, hatte jedoch innerhalb des ersten Folgejahres keine statistisch nachweisbare Verbesserung bzgl. der Rehospitalisierung und bzgl. der Kosten zur Folge. Das Follow-up im Rahmen der Studie wurde auf drei Jahre erweitert, um auch die mittelfristigen Effekte analysieren zu können.