Tuberkuloseüberwachung im bayerischen Alpenraum

Rindertuberkulose ist eine auf den Menschen übertragbare Krankheit (Zoonose), die beim Rind vor allem durch die Erregerspezies Mycobacterium bovis und M. caprae hervorgerufen wird. Sie ist eine sich langsam entwickelnde Infektionskrankheit, die durch die Bildung charakteristischer Gewebsveränderungen (Granulome), sogenannter Tuberkel, in der Lunge, dem Darm und in anderen Organen gekennzeichnet ist. Die Erregerübertragung erfolgt in der Regel durch eine Tröpfcheninfektion über die Luft oder über die Aufnahme kontaminierter Nahrungs- bzw. Futtermittel. Durch intensive Bekämpfungsmaßnahmen wurde die zu Beginn des letzten Jahrhunderts noch weit verbreitete Rindertuberkulose erfolgreich zurückgedrängt.
Die zentralen Werkzeuge bei der Sanierung der Bestände waren die Pasteurisierung der Kuhmilch, die Prämierung von Milch aus Tuberkulose-freien Beständen sowie die zunächst freiwillige, später verpflichtende, regelmäßige Untersuchung aller Rinderbestände mittels intrakutanem Tuberkulin-Test, verbunden mit der Beseitigung von Reagenten ("Testung und Schlachtung").

Seit 1997 ist Deutschland amtlich anerkannt frei von Rindertuberkulose. Dieser Status wird erteilt, wenn 99,9 % der Bestände frei von Tuberkulose sind und wird aufrecht erhalten, wenn jährlich in weniger als 0,1 % der Bestände infizierte Tiere auftreten. Die amtliche Tuberkuloseüberwachung beim Rind erfolgt seit 1997 über die Schlachttier- und Fleischuntersuchung, bei der seitdem nur noch vereinzelt Tuberkulosefälle registriert wurden. Eine erneute Zunahme von Tuberkuloseausbrüchen wurde jedoch in den Jahren 2008/2009 und 2012/2013 mit einem Schwerpunkt in der Region Allgäu, insbesondere im Landkreis Oberallgäu, registriert. Neben Rindern ist vor allem das Rotwild mit dem Erreger M. caprae infiziert. In den angrenzenden österreichischen Regionen ist das Rotwild offiziell als Reservoirwirt für M. caprae definiert. Im Rahmen von Forschungsprojekten die in Kooperation mit dem Genzentrum der Tierärztlichen Fakultät der Universität München und mit den Kolleginnen und Kollegen aus Österreich durchgeführt wurden, wurden über 300 M. caprae Isolaten aus Rotwild und Rind mittels Gesamtgenomanalyse analysiert. Dadurch konnte gezeigt werden, dass sich genetisch definierte Subtypen regional begrenzt entwickelt haben und zwischen Rind- und Rotwildpopulationen wechselseitig übertragen werden.

Untersuchungs- und Monitoringprogramme

Infolge des Tuberkulosegeschehens im Oberallgäuwurde im Jahr 2012 ein Untersuchungsprogramm für den gesamten bayerischen Alpenraum entwickelt, das sowohl in der Rinderpopulation als auch beim Rotwild ausgedehnte Untersuchungen zum Vorkommen des Erregers beinhaltete. Daraufhin wurden in den Landkreisen entlang der Alpenkette ca. 500.000 Rinder aus über 15.000 Betrieben und 800 Referenztiere aus Landkreisen außerhalb des Alpenraumes untersucht. Der Schwerpunkt lag dabei auf Tieren im Alter von über 24 Monaten und auf Tieren, die im Sommer auf Alm- und Alpweiden gehalten werden. Parallel zu dem bayerischen Überwachungsprogramm wurde ein auf Grundlage der Tbc-Verordnung bundesweit vorgeschriebenes Monitoring umgesetzt; hierfür wurden weitere 4.200 Tiere aus 138 Betrieben aller Regierungsbezirke Bayerns untersucht. Im Ergebnis konnten insgesamt 59 Ausbrüche der Rindertuberkulose, vorwiegend in den Landkreisen des Allgäus, festgestellt und eine Sanierung der betroffenen Bestände eingeleitet werden. Im Rahmen der Programme führte das LGL den Großteil weiterführender Laboruntersuchungen zur Abklärung und Bestätigung der Ergebnisse von Hauttests durch. Darüber hinaus wurde das LGL vom StMUV mit der Koordination der Berichterstattung der beteiligten Veterinärämter und Regierungen und der Auswertung epidemiologischer Daten betraut.

Rotwild entlang der Alpenkette

Begleitend zu den Untersuchungen in Rinderbeständen untersucht das LGL seit 2009 auch das Vorkommen und die Verbreitung von Tuberkuloseerregern beim Rotwild entlang der Alpenkette. Organmaterial der im Rahmen der Jagdstrecke erlegten Tiere untersucht das LGL nach einem jährlich neu festgelegten Probenkontingent in Kooperation mit dem bayerischen Jagdverband (BJV) pathologisch-anatomisch, molekularbiologisch und kulturell auf das Vorkommen von Mykobakterien. Mit dem natürlichen Vorkommen von einzelnen Tuberkulosefällen in Wildtierpopulationen ist grundsätzlich immer zu rechnen. Im Rahmen des Rotwildmonitorings konnte eine Häufung von Tuberkulosenachweisen für einzelne Berggebiete im Allgäu sowie für Teile des Karwendels festgestellt werden. Als Erreger wurde in allen Fällen M. caprae identifiziert. Nähere Informationen zu den Untersuchungserbnissen des Rotwildmonitorings können unter nachfolgendem Link eingesehen werden.

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