Tuberkulose-Situation in Bayern 2021

Im Jahr 2021 wurden nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) insgesamt 524 Tuberkulose-Fälle an das LGL übermittelt (Datenquelle SurvNet, Datenstand 15.03.202). Diese Fallzahl entspricht einer Inzidenz von 4,0 Fällen pro 100.000 Einwohner.

Zeitlicher Verlauf

Die Meldezahlen waren seit dem Jahr 2002 mit über 1100 Neuerkrankungen bis zum Jahr 2007 fast kontinuierlich zurückgegangen. In den Jahren 2007 bis 2014 bewegte sich die jährliche Fallzahl mit gewissen Schwankungen auf einem Plateau zwischen ca. 600 -700 Meldungen. Für das Jahr 2015 war aufgrund der Migrationsbewegungen mit 1047 Fällen gegenüber 692 Fällen im Vorjahr erstmals wieder eine deutliche Zunahme der Meldungen auf ein ähnlich hohes Niveau wie zuletzt im Jahr 2003 (1023 Fälle) zu beobachten. Während im Jahr 2016 mit 1036 Fällen noch eine nur knapp unter dem Niveau vom Vorjahr liegende Anzahl zu verzeichnen war, ergab sich ab dem Jahr 2017 (872 Fälle) wieder ein Rückgang der Meldungen, der sich in den Folgejahren weiter fortsetzte. In den Jahren 2018, 2019 und 2020 wurden 854, 750 und 627 Fälle, für das Jahr 2021 524 Fälle an das LGL übermittelt (Stichtag 15.03.2022, s. Abbildung 1).

In einem Säulendiagramm sind die gemeldeten Tuberkulose-Neuerkrankungen in Bayern für die Jahre 2001 bis 2021 dargestellt (Datenquelle: SurvNet; Datenstand: 15.03.2021)

Abb. 1: Anzahl übermittelter Tuberkulose-Neuerkrankungen in Bayern für die Meldejahre 2001-2021 (Datenquelle: SurvNet; Datenstand: 15.03.2021)

Geographische Verteilung

Die höchste Tuberkulose-Inzidenz in Bayern wurde im Meldejahr 2021 im Regierungsbezirk Mittelfranken verzeichnet mit 4,8 Fällen pro 100.000 Einwohner, gefolgt von Oberbayern mit einer Inzidenz von 4,4 Fällen pro 100.000 Einwohner. Für Oberfranken ergab sich eine Inzidenz von 4,2, für Unterfranken von 3,8 und für Niederbayern von 3,6. Die niedrigsten Inzidenzen mit 3,3 bzw. 2,7 Fällen pro 100.000 Einwohner wiesen Schwaben und die Oberpfalz auf. Die Inzidenz für Bayern gesamt betrug 4,0 Fälle pro 100.000 Einwohner (s. Tabelle 1).

Tab. 1: Anzahl und Inzidenzen (Fälle/100.000 Einwohner) übermittelter Tuberkulose-Neuerkrankungen in Bayern je Regierungsbezirk für das Meldejahr 2021 (Datenquelle: SurvNet; Datenstand: 15.03.2022)
Regierungs-Bezirk 2021
Anzahl (n) Inzidenz
Mittelfranken 85 4,8
Niederbayern 45 3,6
Oberbayern 206 4,4
Oberfranken 45 4,2
Oberpfalz 30 2,7
Schwaben 63 3,3
Unterfranken 50 3,8
Gesamt 524 4,0

Demographische Verteilung

Insgesamt wurden wie in den Vorjahren auch im Jahr 2021 Tuberkulose-Erkrankungen deutlich häufiger bei Männern als bei Frauen gemeldet (357 gegenüber 167 Erkrankungsfällen, Inzidenz 5,5 bzw. 2,5 Fälle/100.000 Einwohner).

Die altersgruppierten Inzidenzen (s. Abbildung 2) zeigten einen Hauptgipfel bei Männern der Altersgruppe 20-24 Jahre, gefolgt von den Altersgruppen 25-29 Jahre und Männern ab 80 Jahren sowie Jugendlichen zwischen 15-19 Jahren.

Bei Frauen ergaben sich Inzidenzgipfel in den Altersgruppen 25-29 Jahre und 30-39 Jahre sowie in der Altersspanne 15-24 Jahre.

14 Fälle (2,6 % der gemeldeten Tuberkulose-Fälle) traten bei Kindern unter 15 Jahren auf. Das entspricht einer Inzidenz von 0,8 Fällen pro 100.000 Einwohnern. Es waren 4 männliche und 10 weibliche Kinder betroffen.

In einem Säulendiagramm sind die Inzidenzen übermittelter Tuberkulose-Neuerkrankungen in Bayern (d.h. Fälle pro 100.000 Einwohner) für das Meldejahr 2021 aufgeschlüsselt nach Altersgruppen und Geschlecht dargestellt (Datenquelle: SurvNet; Datenstand: 15.03.2022)

Abb. 2: Inzidenz (Fälle/100.000 Einwohner) übermittelter Tuberkulose-Neuerkrankungen in Bayern 2021, aufgeschlüsselt nach Altersgruppen und Geschlecht (Datenquelle: SurvNet; Datenstand: 15.03.2022)

Angaben zum Geburtsland der Erkrankten lagen bei 516 von 524 (Fällen (98,5%) vor. Dabei betrafen 149 Fälle (30 %) in Deutschland gebürtige Personen, 367 (70%) Fälle Patienten mit einem Geburtsort außerhalb Deutschlands.

Für außerhalb Deutschlands Geborene zeigten sich in der Altersspanne von 15-59 Jahren deutlich höhere Inzidenzen als bei den in Deutschland Gebürtigen im gleichen Altersbereich. Der Hauptgipfel lag bei der Altersgruppe der 30-39jährigen gefolgt von weiteren Gipfeln bei den Altersgruppen der 20-24jährigen, den 25-29jährigen und den 40-59jährigen. Umgekehrt fanden sich höhere Inzidenzen bei in Deutschland geborenen Erwachsenen ab einem Alter von 60 Jahren mit Inzidenzgipfeln in den Altersgruppen 60-69 bzw. ab 80 Jahren. In dieser Altersspanne nahmen die Inzidenzen für Personen mit ausländischem Geburtsland mit steigendem Alter dem gegenüber ab (s. Abbildung 3).

In einem Säulendiagramm ist die Tuberkulose-Inzidenz in Bayern (d.h. Fälle pro 100.000 Einwohner) für das Meldejahr 2021 - aufgeschlüsselt nach Altersgruppen und Geburtsort in Deutschland oder im Ausland - dargestellt. (Datenquelle: SurvNet; Datenstand: 15.03.2022)

Abb. 3: Inzidenz (Fälle/100.000 Einwohner) übermittelter Tuberkulose-Neuerkrankungen in Bayern für das Melde-Jahr 2021, aufgeschlüsselt nach Altersgruppe und Geburtsort in Deutschland oder im Ausland (Datenquelle: SurvNet; Datenstand: 15.03.2022)

Klinische Aspekte

Die Lunge wurde bei 381 (72,7 %) der übermittelten Tuberkulose-Erkrankungen als hauptsächlich betroffenes Organ angegeben. Davon wiesen 63 Fälle (16,5 %) die sog. geschlossene (nicht-infektiöse) Krankheitsform auf. Bei den offenen Tuberkulosen handelte es sich in 206 Fällen (54%) um die besonders infektiöse Form mit positiver Mikroskopie (mikroskopischer Nachweis von säurefesten Stäbchen in Untersuchungsmaterial aus den Atemwegen).

Bei den 143 (27,3%) ausschließlich extra-pulmonalen, nicht-infektiösen Erkrankungen waren anteilsmäßig die Lymphknoten - extrathorakal 50 Fälle, intrathorakal 26 Fälle - und die Pleura mit 15 Fällen die am häufigsten befallenen Organe, gefolgt von Knochen und Gelenken (einschließlich Wirbelsäule - 21 Fälle), Peritoneum/Verdauungstrakt (11 Fälle) sowie Urogenitaltrakt (7 Fälle). Eine disseminierte Tuberkulose wurde in 5 Fällen übermittelt, ein Befall des ZNS (einschließlich Hirnhaut) sowie ein Befall sonstiger Organe jeweils in 4 Fällen.

Insgesamt 14 Patienten (4 davon weiblich) verstarben an ihrer Tuberkulose-Erkrankung (gemäß Basisdaten; 16 Fälle ohne Angaben zum Verstorben-Status). Dies entspricht einer Letalität von 2,7%. Betroffen waren im Meldejahr 2021 wie in den Vorjahren in der Mehrheit ältere Personen ab 70 Jahren (9 von 14 Fällen, Median 77 Jahre, 8 mit Geburtsort in Deutschland). Hauptsächlich betroffenes Organ bei den Verstorbenen war überwiegend die Lunge (12 von 14 Fällen) sowie je einmal Hirnhaut bzw. sonstiges Organ.

Nachgewiesene Erreger und Resistenz

Angaben zum Erreger lagen bei insgesamt 457 (87,1 %) von 524 Tuberkulose-Fällen vor. Davon wurde für 79 Fälle M.tuberculosis-Komplex ohne weitere Differenzierung übermittelt. Bezogen auf die Spezies-Differenzierung war M.tuberculosis mit 363 Fällen die häufigste nachgewiesene Spezies. M.bovis bovis (5 Fälle), M.bovis und M.africanum (jeweils 4 Fälle) sowie M.bovis caprae (2 Fälle) wurden nur vereinzelt isoliert. Multiresistente Erreger (sog. Multi-Drug-Resistance - MDR - gleichzeitige Resistenz gegenüber den beiden wichtigsten Tuberkulose-Medikamenten Isoniazid und Rifampicin) wurden in 2021 bei 9 Fällen (darunter kein Fall mit XDR-TB) festgestellt (2020: 12 Fälle, davon 1 Fall mit XDR-TB, d.h. extensiv resistente Tuberkulose mit gleichzeitiger Resistenz gegenüber Isoniazid und Rifampicin sowie zusätzlichen Resistenzen gegenüber wichtigen Reserve-Medikamenten).

Fazit

Nach einem Anstieg der Tuberkulose-Fallzahlen in den Jahren 2015 und 2016 ergab sich in den Folgejahren wieder eine anhaltende Abnahme der Meldezahlen. Wie in den Vorjahren überwogen auch im Jahr 2021 männliche Patienten. Ein Großteil der gemeldeten Fälle war nicht in Deutschland geboren. Der beständig hohe Anteil an übermittelten infektiösen Erkrankungen in Bayern zeigt, dass Prävention, Diagnostik und Therapie der Tuberkulose weiterhin relevante Aufgaben für den Öffentlichen Gesundheitsdienst und die ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung bleiben. Zeitnahe Diagnostik von Tuberkuloseerkrankungen sowie eine stringente Umsetzung der Empfehlungen zur Behandlung der Tuberkulose sowie zu Umgebungsuntersuchungen und zur Prävention sind essentiell, um weitere Fortschritte in der Tuberkulosekontrolle zu erzielen.

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