Businesspläne von Gesundheitsnetzwerken

Prof. Dr. Günther E. Braun, Forschungszentrum für Management im Gesundheitswesen im Institut für Management öffentlicher Aufgaben an der Fakultät für Wirtschafts- und Organisationswissenschaften, Universität der Bundeswehr München:

Im Gegensatz zu Krankenhäusern, die im Laufe einer jahrzehntelangen (teilweise jahrhundertelangen) Entwicklung eine ausgereifte Organisationskultur gebildet haben, sind Gesundheitsnetzwerke fragile Organisationen. Erst seit einigen Jahren vorhanden, ggf. erst kurz vor einer Gründung stehend, vielfältige Interessen berücksichtigend, gerade in sog. polyzentrischen Netzwerken, die eine Vielzahl von tendenziell gleichberichtigten Dienstleistern vereinen, haben Netzwerke ein hohes Risiko, rasch wieder zu zerfallen. Insofern bedarf es eines Managements von Gesundheitswerken, um eine Stabilität zu erreichen. Die betriebswirtschaftliche Managementforschung der St. Gallener Schule weist auf normative, strategische und operative Managementkonzepte und folgende Managementfunktionen hin, die es auch in Netzwerken zu erfüllen gilt: Visionen, Missionen und Leitbilder entwerfen, Ziele setzen, Pläne entwickeln, systematische und zeitnahe Entscheidungen treffen, organisatorische Aufbau- und Ablaufstrukturen entwerfen, moderne Steuerungs- und Anreizkonzepte einsetzen, Personalakquisition und -entwicklung realisieren sowie schließlich geeignete Kontrollformen implementieren.

Eine Geschäftsidee und einen Businessplan für vorgesehene Gesundheitsnetzwerke zu generieren, stellt eine wichtige Aufgabe eines Netzwerkmanagements dar. Die Geschäftsidee umreißt in knapper Weise eine gute, auf Alleinstellung fokussierte Versorgungsidee, analysiert den Gesundheitsmarkt in Abgrenzung zur Regelversorgung und weist schon im Sinne eines „letter of intent“ auf Qualitäts- und ökonomische Vorteile eines Netzwerks hin. Umfassender und detaillierter wird im Businessplan selbst die Geschäftsidee behandelt. Geschäftsidee und Businessplan zusammen sind betriebswirtschaftliche Instrumente bei Unternehmensgründungen und von Kapitalgebern gefordert. Selbstverständlich sind bei ihrer Entwicklung für Gesundheitsnetzwerke die Rahmenbedingungen und Besonderheiten des deutschen Gesundheitswesens zu berücksichtigen.

Die Struktur eines Business-Plans kann sich an verschiedenen Systematiken orientieren, z.B. an der von McKinsey. Danach sind folgende Teile wesentlich: executive summary, Netzteam, Marketing („Kernstück des Business Plans“), Organisation und Rechtsform, Realisierungsfahrplan, Ökonomische Risiken und Finanzierung. Von besonderer Wichtigkeit ist gleich am Anfang die Vorstellung des Gründungsteams, weil die Kapitalgeber ihnen das Gründungskapital und die laufende Finanzierung anvertrauen. Der Marketingteil ist umfassend und bezieht sich nicht nur auf Werbung und Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen der Kommunikationspolitik des Netzwerks, sondern umschließt Leistungs-, Preis- und Distributionspolitik. Des Weiteren gehören zu überzeugenden Businessplänen eine Darstellung von Risiken, die im Laufe der Entwicklung des Netzwerks auftreten können, und mögliche Gegensteuerungsstrategien, die beide in Szenarien abzubilden sind. Zum Schluss eines Businessplans findet sich die Berechnung finanzwirtschaftlicher Konsequenzen sämtlicher Prämissen. Es geht um die Berechnung des Startkapitals und laufenden Kapitals, die Ausgestaltung des Vergütungssystems der Leistungserbringer, um Kosten- und Liquiditätsverläufe und Einsparpotentiale und Gewinne. Der Businessplan im Rahmen des Gründungsmanagements wird später im Leben eines Gesundheitsnetzwerks in eine rollende Geschäftsplanung überführt. Sämtliche Aussagen des ursprünglichen Businessplans sind dann laufend zu überprüfen, anzupassen oder ggf. zu verwerfen.

Zentrale Aufgaben des Themenbereichs „Businessplanung von Gesundheitsnetzwerken“ liegen in der Entwicklung allgemeingültiger Strukturen von Businessplänen im Gründungs- und laufenden Management eines Netzwerks. Gemäß der Erkenntnisperspektive der Versorgungsforschung ist dabei ein interdisziplinärer Ansatz, unter besonderer Berücksichtigung einer betriebswirtschaftlichen Expertise, anzustreben. Evaluationen von Gesundheitsnetzwerken sollten sich auch auf ihre Businesspläne erstrecken und dabei eine (allgemeingültige) Beschreibung, Erklärung und Gestaltung von Businessplänen vorantreiben.

Projekt

Simulationsmodell zur Finanzierungsrechnung im Businessplan von Gesundheitsnetzwerken