Evaluation von Gesundheitsnetzwerken

Prof. Dr. Günther E. Braun, Forschungszentrum für Management im Gesundheitswesen im Institut für Management öffentlicher Aufgaben an der Fakultät für Wirtschafts- und Organisationswissenschaften, Universität der Bundeswehr München

Einführung

Der Evaluation von Gesundheitsnetzwerken kommt eine hohe Bedeutung zu. Laufende, begleitende Evaluationen eines Netzwerks lassen sich von expost-Evaluationen zum Ende der Vertragslaufzeit von innovativen, netzwerkbasierten Versorgungsformen unterscheiden. Schon seit Jahren beschäftigen wir uns mit Evaluationen verschiedener Netzwerke. Denn Evaluationen sind die Basis für die Weiterentwicklung von solchen organisationsbezogenen Innovationen im Gesundheitswesen. Konzeptionalisierung und Durchführung von Evaluationen von Gesundheitsnetzwerken stellt ein Forschungsprojekt am Forschungszentrum für Management im Gesundheitswesen dar. Es ist eingebettet in den Forschungsschwerpunkt „Theorie und Praxis von Gesundheitsnetzwerken“.

Wichtige Veröffentlichung im Forschungsprojekt

G.E. Braun, M.Gröbner und R. Seitz: Evaluation vernetzter Versorgungsstrukturen. Ergebnisse einer empirischen Untersuchung. In: Gesundheitsökonomie und Qualitätsmanagement (2008), Jg. 13, S.1-7.

Ziele einer ausgewählten Studie im Forschungsprojekt

Das 2008 größte deutsche Gesundheitsnetzwerk, das GOIN (Gesundheitsorganisation Ingolstadt), wird im Hinblick auf ausgewählte veranlasste Leistungen evaluiert. GOIN und ihre Vertragspartner, der BKK Landesverband Bayern und die AOK Bayern, haben als Vertragsgrundlage den Strukturvertrag nach 73a SGB V gewählt. Ziele der Studie bestehen darin, zur Transparenz des Versorgungsgeschehens eines konkreten Netzwerks anhand detaillierter Versorgungsindikatoren beizutragen. Auf der Basis der Evaluationsergebnisse besteht die Möglichkeit, vernetzte Versorgung weiterzuentwickeln.

Methodik der Studie

Im Rahmen eines Kooperationsprojekts mit dem Landesverband der BKK Bayern wurde ein spezifisches Evaluationskonzept entwickelt. Dabei wurden die Phasen der Netzgründung und Netzetablierung unterschieden. Das Evaluationskonzept sieht vor, die Netzversorgung des GOIN mit der Regelversorgung unter Verwendung des Matching-Ansatzes zu vergleichen. Die Versorgungsindikatoren wurden so definiert, dass Routinedaten der GKV benützt werden können. Sie wurden den folgenden Leistungsbereichen entnommen: Arbeitsunfähigkeit und Krankengeld, stationäre Leistungen und Verbrauch von Arzneimitteln als Schwerpunktbereich der Analyse. Bei den Arzneimitteln dürfte der Einfluss des Netzes am größten sein.

Ausgewählte Ergebnisse der Studie

Die Ergebnisse beziehen sich einmal auf die Gesamtheit der beteiligten Patienten und zum anderen auf ausgewählte Morbiditätsgruppen. Morbiditätsgruppenübergreifende Ergebnisse zeigen u.a. auf, dass sich höhermorbide Patienten frühzeitiger in das Netzwerk einschreiben als niedrigmorbide. Es zeigt sich auch, dass ca. 10% der Versicherten ca. 87% der Gesamtkosten verursachen. Bei den morbiditätsgruppen-spezifischen Ergebnissen lässt sich z.B. beim Indikator „Arztkontakt mehrfach chronisch erkrankter Versicherter mit mindestens einem Arztkontakt im Quartal“ ein signifikant stärkerer Abfall der Arztkontakte in der Netzversorgung im Vergleich zur Regelversorgung über die Jahre der Netzetablierung erkennen. Grundsätzlich ist bei der Interpretation der Ergebnisse die Bedeutung der zugrunde liegenden Methode zu berücksichtigen.

Schlussfolgerung der Studie

Die Studie zeigt in besonderer Weise den im Gesundheitswesen bekannten Sachverhalt der „Marktspaltung (Begriff nach Rebscher). Wenige Versicherte tragen in besonders hohem Maße zu den Gesamtkosten bei. Hier gilt es deshalb beim Netzmanagement zukünftig verstärkt anzusetzen, um auf diese Weise einen nennenswerten Teil des Effizienzpotentials von Netzwerken zu heben. Insgesamt sind weitere konkrete Evaluationsstudien deutscher Gesundheitsnetzwerke unerlässlich. Die bereits vorhandenen Evaluationsstudien zu den „Leuchtturmprojekten“ einer regionalen Vollversorgung (wie z.B. im Rahmen des „Gesunden Kinzigtals“) sind dabei hervorzuheben.