Informationen zum neuen Tierarzneimittelrecht

Signet Jahresbericht 2021/22

Abstract

Seit Anfang 2022 gelten u.a. für Tierärztinnen und Tierärzte sowie Tierhaltende landwirtschaftlicher Nutztiere neue rechtliche Vorgaben in Bezug auf den Umgang mit Tierarzneimitteln. Am 28.01.2022 trat eine Tierarzneimittelverordnung der EU (VO (EU) 2019/6) in Kraft, die auch national eine tiefgehende Umstrukturierung des Tierarzneimittelrechts zur Folge hatte. Neben den Rechten und Pflichten, die sich aus den Regelungen der VO (EU) 2019/6 für die Tierärzteschaft und Tierhaltenden ergeben, müssen auch Anforderungen aus dem nationalen Tierarzneimittelgesetz und nachgeordneten Rechtsvorschriften beachtet werden. Dieser Artikel bietet einen kurzen Überblick über einige Neuerungen des Tierarzneimittelrechts und die Aufgaben des LGL im Zusammenhang mit der neuen Rechtslegung.

Hintergrund

Ein erklärtes Ziel der EU ist die Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen sowohl im human- als auch im veterinärmedizinischen Bereich. In der Veterinärmedizin ist bereits seit Anfang des Jahrhunderts der Einsatz von Antibiotika zur Wachstumsförderung sowie auch der Einsatz bestimmter Wirkstoffgruppen bei Nutztieren verboten. Die EU-Tierarzneimittelverordnung enthält nun weitergehende Vorgaben zur Anwendung von Antibiotika bei Tieren. Unter anderem gibt sie vor, dass eine Liste antimikrobieller Wirkstoffe erstellt wird, die weder bei Nutztieren noch bei einer anderen Tierart angewendet werden dürfen, auch nicht im Rahmen einer Umwidmung. Die Liste wird auf Basis rechtlich vorgegebener Kriterien erstellt und enthält Wirkstoffe, die für die Behandlung lebensbedrohlicher Erkrankungen des Menschen besonders wichtig sind. Auf Grundlage einer umfangreichen Analyse der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) wurden die Kriterien zur Bestimmung der Wirkstoffe und darauf basierend die Wirkstoffliste selbst festgelegt, wobei auch berücksichtigt wurde, ob die betreffenden Wirkstoffe für die Veterinärmedizin unverzichtbar sind.

Die EU-Verordnung zum Tierarzneimittelrecht enthält auch viele Vorgaben im Zusammenhang mit der Anwendung von Tierarzneimitteln und ihrer Abgabe bzw. Verschreibung durch Tierärzte. Eine wichtige Regelung betrifft die der Anwendung von Tierarzneimitteln gemäß ihren Zulassungsbedingungen bzw. gemäß ihrer Packungsbeilage. Anders als bisher sind nun alle Angaben der Zulassungsbedingungen bei der Anwendung von Tierarzneimitteln strikt zu beachten. Die Tierärztin oder der Tierarzt darf dabei z. B. nicht mehr von der vorgegebenen Dosierung oder der Anwendungsdauer abweichen. Ausnahmsweise können Tierärztinnen und Tierärzte aber ein Arzneimittel verwenden, das nicht für die zu behandelnde Tierart oder das Anwendungsgebiet zugelassen ist. Hierfür gelten bestimmte strenge Regeln, die im Rahmen einer sogenannten Umwidmung in einzelnen Schritten (Kaskade) zu prüfen sind. Ein Arzneimittel darf dabei nur durch die Tierärztin oder den Tierarzt umgewidmet werden. Diese Regelungen sind nicht neu, jedoch ist die Umwidmungskaskade mit Inkrafttreten der EU-Verordnung flexibler geworden, sodass beispielsweise Tierarzneimittel aus einem anderen Mitgliedstaat einfacher eingesetzt werden können. In bestimmten Ausnahmefällen können nun gegebenenfalls sogar Tierarzneimittel aus Drittländern wie den USA zum Einsatz kommen, sofern die EU-Vorgaben eingehalten werden. Um europäischen Tierärztinnen und Tierärzten die Übersicht über die im Binnenmarkt verfügbaren Tierarzneimittel zu erleichtern, ist eine zentrale EU-weite Produktdatenbank eingerichtet worden.
(https://medicines.health.europa.eu/veterinary/de).

Maßnahmen

Das LGL veröffentlichte auf seinen Internetseiten eine umfangreiche Liste an häufig gestellten Fragen (FAQs), um Tierärztinnen und Tierärzte, Tierhaltende und die bayerischen Überwachungsbehörden über die neuen Vorgaben zu informieren. Zudem schulte das LGL in verschiedenen Veranstaltungen die bayerischen Amtstierärztinnen und -ärzte hinsichtlich der neuen Rechtsvorgaben für Tierarzneimittel. Vorträge zu diesem Thema hat das LGL außerdem bei der Bundeswehr und für Praktikanten der Pharmazie und der Lebensmittelchemie gehalten.