Die Süßholzpflanze (Glycyrrhiza glabra)

Süßholz ist eine mehrjährige krautig wachsende Pflanze, die zur Familie der Hülsenfrüchte gehört. Die Pflanzengattung Süßholz (Glycyrrhiza glabra) besteht aus 20 bis 30 verschiedenen Arten, die vor allem in Asien, Amerika, Australien, den osteuropäischen Staaten und im Mittelmeerraum wachsen oder kultiviert werden. Sie ist eine wichtige Nutzpflanze und Bestandteile der Wurzel finden Verwendung als Süßungsmittel und Aromaspender. Als Lakritz-Aroma wird Süßholz in der Lebensmittel- und Tabakindustrie eingesetzt und findet Anwendung in süßholzhaltigen (Arznei-)Tees oder Getränken. Die Wirksamkeit der Pflanze als biologisches Schädlingsbekämpfungsmittel im ökologischen Gemüseanbau z.B. zur Bekämpfung der Tomatenfäule wird derzeit erforscht.

Pflanzeninhaltsstoffe und deren Bedeutung

Für die Süßholzpflanze (Glycyrrhiza glabra) sind etwa 400 verschiedene Inhaltsstoffe bekannt. Die Hauptkomponente der Wurzel (2-15%) ist das Glykosid „Glycyrrhizin“, ein Kalium-, Magnesium -oder Calciumsalz der Glycyrrhizinsäure. Aber auch ca. 300 verschiedene Flavonoide (z.B. Glabridin, Liquritin, Liquiritigenin), ca. 70 phenolische Verbindungen sowie viele weitere Stoffe wie z.B. Cumarine sind in der Pflanzenwurzel enthalten. Da Glycyrrhizin eine 50fach höhere Süßkraft als Saccharose hat und für den ausgeprägtem Lakritzgeschmack sorgt, dient die Süßholzwurzel in Lebensmitteln wie Süßwaren sowie in bestimmten Getränken als Aroma. Auch in der Tabakindustrie wird Lakritz als Aromastoff eingesetzt, um den unangenehmen Tabakrauchgeschmack zu mildern, indem es ihm eine süße und holzige Note verleiht. In der Tierernährung wird Glycyrrhizinsäure oder deren Ammoniumsalz als Futtermittelzusatzstoff verwandt.
Die pharmazeutische Anwendung der Süßholzwurzel beschränkt sich in Europa vorwiegend auf die Herstellung von Arzneitees gegen Erkältungskrankheiten der oberen Atemwege oder gegen Magenbeschwerden. Dagegen werden in der Traditionellen Chinesischen Heilkunde getrocknete Süßholzwurzel, Wurzel- oder Pflanzenextrakte sowie bestimmte Öle des Süßholzes in der Phytotherapie vielfältig benutzt: so werden sie wegen der entzündungshemmenden, immunregulatorischen, antioxidativen Wirkungen, antiviralen und antibakteriellen Eigenschaften in der Behandlung entsprechender Erkrankungen eingesetzt. Viele Wirkungen werden dem Inhaltsstoff Glycyrrhizinsäure zugeschrieben.
In Kosmetika werden Glycyrrhizinsäure oder Glycyrrhetinsäure als entzündungshemmender Bestandteil zur Beruhigung empfindlicher, zu Rötungen neigenden Haut eingesetzt. Vor allem in asiatischen Ländern wird Süßholzwurzel-Extrakt als Bleichmittel bei Hyperpigmentierung eingesetzt. Dabei sollen Glabridin, Glycyrrhizinsäure und Glycyrrhetinsäure hautaufhellend wirken.
Die Flavonoide Liquritin und Liquiritigenin sind für die gelbe Färbung der Wurzeln verantwortlich. Für Liquritin wird zudem eine immunregulatorische Wirkung angenommen.

Lakritz in Süßwaren und Getränken

Aus den Wurzeln wird ein Extrakt, der sogenannte „Süßholzsaft“ (Liquiritiae succus), gewonnen. Gemäß der Richtlinie für Zuckerwaren des BLL werden Lakritzen aus mindestens 3 Prozent Süßholzsaft (in der handelsüblichen Trockenform), einem Gemisch von Zuckerarten, eventuell anderen Süßungsmitteln, ggf. Gelatine, Gelier- und Verdickungsmitteln, Stärke, Mehl, geruch- und geschmackgebenden Stoffen hergestellt. In der Verordnung der Europäischen Kommission (EU) 872/2012 wurden Maximalgehalte an Glycyrrhizinsäure als Aromastoff für Süßwaren von 1500 mg/kg festgesetzt. Die Verwendung von Ammoniumchlorid oder anderen zulässigen Salzen ist in der Lakritzherstellung üblich. Süßwaren oder Getränke wie Lakritzlikör, die Glycyrrhizinsäure oder deren Ammoniumsalz in einer Konzentration von mindestens 100 mg/kg oder 10 mg/l müssen nach der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) den Hinweis tragen „enthält Süßholz“. Süßwaren, die Glycyrrhizinsäure oder ihr Ammoniumsalz in höheren Konzentrationen (mindestens 4000 mg/kg) enthalten, müssen mit „enthält Süßholz — bei hohem Blutdruck sollte ein übermäßiger Verzehr dieses Erzeugnisses vermieden werden“ gekennzeichnet werden.

Lakritzkonsum in der Bevölkerung

Lakritzhaltige Süßwaren und Getränke werden nicht von jedem regelmäßig konsumiert. Gemäß der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und dem norwegischen Wissenschaftlichen Ausschuss für Lebensmittel und Umwelt nehmen nur 10% der europäischen bzw. 40% der niederländischen Bevölkerung regelmäßig lakritzhaltige Lebensmittel zu sich. Bei Niederländern wurde als durchschnittliche Gesamtaufnahme an Glycyrrhizinsäure 13 g pro Tag geschätzt.

Gesundheitsschädliche Wirkungen durch Glycyrrhizin und Glycyrrhizinsäure

Wird im Darm des Menschen Glycyrrhizin oder Glycyrrhizinsäure angeboten, spalten die dort angesiedelten Bakterien die Glycyrrhizinsäure in Zucker und die freie Glycyrrhetinsäure. Die Glycyrrhetinsäure kann ein Cortisol-abbauendes Enzym in der Niere behindern. Sind ausreichend hohe Mengen Glycyrrhetinsäure im Körper vorhanden, kann die Regulation des Wasser- und Mineralhaushalts gestört werden, indem Natrium- und Wasser sich im Körper anreichert und Kalium verstärkt mit dem Urin ausgeschieden wird. Symptome wie Blutdruckanstieg, Muskelschwäche und Wassereinlagerung ins Gewebe (Ödembildung) können sichtbar werden. Die Aufnahme großer Mengen von Glycyrrhizin aus Arzneitees oder lakritzhaltigen Lebensmitteln während der Schwangerschaft wird kritisch gesehen, da eine mögliche Erhöhung des kindlichen Cortisolspiegels diskutiert und ein Zusammenhang zwischen Lakritzkonsum und einem niedrigeren Geburtsgewicht des Kindes oder einer Frühgeburt vermutet wird. Wenngleich tägliche Aufnahmemengen von 100 mg Glycyrrhizinsäure oder deren Ammoniumsalz als unbedenklich gelten (lt. Weltgesundheitsbehörde, Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), Bundesinstitut für Risikobewertung und dem norwegischen Wissenschaftlichen Ausschuss für Lebensmittel und Umwelt), wird Schwangeren und Risikogruppen wie Bluthochdruckpatienten sowie Patienten mit Veränderungen im Elektrolythaushalt Zurückhaltung beim Konsum lakritzhaltiger Lebensmittel und strikte Einhaltung der entsprechenden Dosierungsempfehlungen bei Arzneitees empfohlen.

Weiterführende Literatur

Bielenberg J. (2009) Glycyrrhiza gabra L.- Eine faszinierende Heilpflanze mit großer Tradition. Zeitschrift für Phytotherapie 30:259-66
Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V (BLL) (2017): Richtlinie für Zuckerwaren.
European Medicines Agency (2013) Assessment report on Glycyrrhiza glabra L. and/or Glycyrrhiza inflata Bat. and/or Glycyrrhiza uralensis Fisch., radix
EFSA (2008) Flavouring Group Evaluation 36, (FGE.36) Two triterpene glycosides from the priority list. The EFSA Journal 740: 2-19
Kao T.C., Wu C.H., Yen G.C. (2014) Bioactivity and potential health benefits of licorice. J Agric Food Chem. 62(3):542-53.
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Schäfer C. et al. (2012) Glycyrrhizin (Süßholzwurzel) in „Arzneimittel in Schwangerschaft und Stillzeit“, 488-89, 8. Auflage, München
Yang R., Wang L.Q., Yuan B.C., Liu Y. (2015) The Pharmacological Activities of Licorice. Planta Med. 81(18):1654-69.

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