Fascioloides magna, der Große Amerikanische Leberegel der Wildwiederkäuer

Hintergrund

Der ursprünglich aus Nordamerika stammende Große Amerikanische Leberegel (Fascioloides magna), ein Parasit bei Wapiti, Weißwedelhirsch und Karibu, wurde im Laufe des frühen 20. Jahrhunderts durch den Import von amerikanischen Hirschen nach Europa eingeschleppt und etablierte sich in der Folge auch in den Wildtierpopulationen der alten Welt. Der Saugwurm wird seither in einzelnen Regionen Italiens, Kroatiens und Österreichs sowie in einigen osteuropäischen Ländern regelmäßig bei Reh-, Rot- und Damwild nachgewiesen. Seit dem Jahr 2009 tritt der Parasit aufgrund der natürlichen Wanderungsbewegungen von Wildwiederkäuern aus Tschechien vermehrt auch in Nordostbayern auf. So wurde im Jahr 2017 bei pathologisch-anatomischen Untersuchungen an drei Stück Rotwild aus einem Forst in Oberfranken ein hochgradiger Befall mit F. magna festgestellt. Forschungsergebnisse der Arbeitsgruppe Wildbiologie und Wildtiermanagement der Technischen Universität München deuten darauf hin, dass in Nordbayern einzelne Regionen mit lokalen Infektionsraten von über 80% beim Rotwild bestehen. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL)konnte in einer Studie eine Vorkommenshäufigkeit von bis zu 16,4 % in ausgewählten Regionen Bayerns nachweisen (Sommer et al., 2022).

Biologie des amerikanischen Leberegels

Ausgereifte Würmer sind blattförmig, bis zu 10 cm lang und 3-4 cm breit (vgl. Abb. 1). Damit ist der Plattwurm etwa doppelt so groß wie der in Deutschland bei Haus- und Wildwiederkäuern verbreitete, einheimische „Große Leberegel“, Fasciola hepatica. Die Entwicklungszyklen und die möglichen Zwischenwirte der beiden Trematoden sind weitgehend identisch. Endwirte von F. magna infizieren sich bei der Aufnahme von Pflanzen mit den Dauerstadien der Leberegel, den sogenannten Metazerkarien. Die im Darm schlüpfenden Jungegel wandern in der Folge über die Bauchhöhle zur Leber und entwickeln sich dort weiter. Durch die Wandertätigkeit der Jungegel wird vor allem das Lebergewebe geschädigt und befallene Lebern können je nach Befallsgrad vereinzelte bis zahlreiche schwarz pigmentierte, teils mit dunkler schmieriger Flüssigkeit gefüllte Bohrgänge, dünnwandige Zysten und Parasitenstadien aufweisen. Bei einem hochgradigen Befall ist die Leber mit unregelmäßigen schwärzlichen Herden durchsetzt (vgl. Abb. 2).

Krankheitserscheinungen

Je nach Art des Endwirtes und dem Grad des Befalls verläuft eine Infektion asymptomatisch oder mit deutlichen Krankheitssymptomen, wobei auch Todesfälle auftreten können. Bei sogenannten „spezifischen Wirten“ (Rotwild, Damwild), an die der Parasit gut angepasst ist (natürliche Endwirte), kommt es zu einer Abkapselung der Stadien im Lebergewebe. Die Kapseln besitzen eine offene Verbindung zu den Gallengängen über die von den geschlechtsreifen Egeln Eier freigesetzt werden können. Krankheitssymptome werden bei spezifischen Wirten trotz zum Teil hoher Wurmbürden nur selten beobachtet. In weniger spezifischen Wirten (sog. Nebenwirte wie Sikawild, Wildschwein, Rind, Pferd) kann sich der Parasit ebenfalls unter Bildung von Bindegewebskapseln in der Leber entwickeln, es treten jedoch nur selten Verbindungen zu den Gallengängen des Wirtes auf, wodurch der Reproduktionserfolg des Parasiten vermindert wird. Nebenwirte haben deshalb an der Verbreitung des Parasiten nur einen geringen Anteil. Rehwild, Gams- und Muffelwild, sowie Schafe und Ziegen stellen sogenannte „Irrwirte“ für den Parasiten dar. Hier kommt es nach einer Infektion nicht zu einer bindegewebigen Abgrenzung der Parasiten. Die sich entwickelnden Jungegel schädigen durch eine ungehemmte Wandertätigkeit nachhaltig die inneren Organe des Wirtes. Bereits ein Befall mit wenigen Jungegeln führt bei Irrwirten in der Regel zu schweren klinischen Erscheinungen mit Todesfällen.

Verbreitung und Vorbeugung

Leberegelinfektionen treten meist in Regionen mit Feuchtgebieten auf, in denen Zwischenwirte, wie die Zwergschlammschnecke Galba truncatula, einen passenden Lebensraum finden. Ein Ansatzpunkt für mögliche Bekämpfungsmaßnahmen bei Wildwiederkäuern stellt deshalb die Fütterungshygiene dar. Um einem Befall vorzubeugen, sollten Futterplätze möglichst trocken gehalten werden. Darüber hinaus sollte nur ausreichend abgelagertes Heu (6 Monate) verfüttert werden. Eine weitere wichtige Maßnahme zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung des Erregers ist die konsequente parasitologische Untersuchung und Behandlung infizierter Wildwiederkäuer in Gatterhaltung; insbesondere im Rahmen von Bestandsauffrischungen durch Zukauf von Zuchttieren. Eine medikamentöse Behandlung freilebender Wildwiederkäuer ist dagegen aus arzneimittelrechtlichen Gründen nicht möglich.

Monitoring

Ein Monitoring wird derzeit in Bayern nicht durchgeführt. Jedoch können in betroffenen Gebieten gezielte Probennahmen durchgeführt und zur Untersuchung an das LGL eingesendet werden.

Literatur

  • Sommer, M.F., Drdlicek, J., Müller, M., Thelemann, A., Just, F.T. (2022): Fascioloides magna and other liver parasites in cloven‑hoofed game from northeastern Bavaria, Germany: occurrence and pathological findings with special emphasis on red deer (Cervus elaphus). European Journal of Wildlife Research (2022) 68:73; https://doi.org/10.1007/s10344-022-01616-4

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