Der Feldhase – eine infektiologische Fundgrube

Im Jahr 2018 untersuchte das LGL 106 Feldhasen; bei einem Großteil der Tiere wurden infektiöse Todesursachen diagnostiziert, wobei bakterielle Infektionen dominierten.
Bei 22 Tieren stellte das LGL die hierzulande durch Francisella tularensis spp. holarctica hervorgerufene Tularämie fest. Diese zoonotische Erkrankung führt zu einer deutlichen Milzschwellung und zu Nekrosen (Gewebsuntergängen) vor allem in Leber, Milz und Lymphknoten.
Ebenfalls von zoonotischer Bedeutung ist die Brucellose, hervorgerufen durch Brucella suis, die das LGL im Jahr 2018 bei einem Feldhasen diagnostizierte. Die auch bei Wildschweinen verbreitete Erkrankung verursacht eine eitrige Entzündung der Geschlechtsorgane und die Bildung multipler Abszesse.
Eine Yersiniose oder Pseudotuberkulose wies das LGL in 20 Fällen nach. Die Infektion mit Yersinia pseudotuberculosis äußert sich unter anderem in eitrig-verkästen Entzündungsherden in Darm, Lymphknoten, Leber, Niere, Milz und Lunge (siehe Abbildungen). Überwiegend bakteriell bedingte Lungenentzündungen wies das LGL bei 14 Feldhasen nach. Als Erreger wurden neben Pasteurella multocida auch Streptokokken und Mykoplasmen identifiziert.

In der Abbildung sind die Leber und die Milz eines Feldhasen zu sehen. Beide Organe sind durchsetzt von sehr zahlreichen, bis zu 1mm großen gelblichweißen Nekroseherden, d. h. Arealen mit Gewebsuntergang.

Pseudotuberkulose (Yersiniose), Feldhase: zahlreiche gelblichweiße Nekroseherde (Gewebsuntergänge) in Leber und Milz

In der Abbildung   ist die Lunge eines Feldhasen zu sehen. Das Organ ist durchsetzt von zahlreichen gelblichweißen Nekroseherden (Gewebsuntergängen). Die Nekrosen sind erkennbar an der trockenen Konsistenz im Vergleich zum umgebenden Gewebe.

Pseudotuberkulose (Yersiniose), Feldhase: zahlreiche gelblichweiße Nekroseherde (Gewebsuntergänge) in der Lunge

Bei drei Feldhasen stellte das LGL das European-Brown-Hare-Syndrome (EBHS), eine Calicivirusinfektion, fest. Der Erreger ist mit dem Virus der Rabbit-Haemorrhagic-Disease (RHD) der Kaninchen verwandt und verursacht eine in der Regel tödliche Zerstörung des Lebergewebes. Insbesondere bei abgemagerten Tieren lag häufig ein Befall mit Endoparasiten vor. Dabei dominierten Magen-Darm- und Lungenwürmer sowie Kokzidien (einzellige Darmparasiten).
Als häufigste nicht-infektiöse Todesursache ermittelte das LGL in 18 Fällen Verletzungen, die sich die Tiere wahrscheinlich durch Kollisionen mit Kraftfahrzeugen zugezogen hatten. Erwähnenswert sind ferner drei Fälle von Amyloidose. Bei dieser ansonsten eher seltenen Erkrankung meist unklarer Ursache wird ein nicht abbaubares Eiweiß (Amyloid) in verschiedenen Organen abgelagert, was zu einer Umfangsvermehrung und Konsistenzveränderung der Organe führt.