Hinweise für den Handel - Leitfaden für den Umgang mit frischen Speisepilzen

Hintergrund

Frische Speisepilze sind leicht verderbliche Lebensmittel und unterliegen aufgrund ihres hohen Wassergehaltes und ihres Zellaufbaus von der Ernte beginnend einem schnellen und kontinuierlichen Alterungsprozess. Infolgedessen kommt es schon nach kurzer Zeit zu einer Minderung der Qualität und im Weiteren zum Verderb der Ware. Gekennzeichnet sind diese Prozesse zunächst durch einen Selbstabbau bzw. Selbstzersetzung (Erweichen, Verfärbungen, Eiweißabbau) und darauffolgenden Verderb durch Fäulnis und / oder Schimmelpilzwachstum.
Werden verdorbene Pilze unbemerkt mit zubereitet und verzehrt, kann dies zu ernsthaften gesundheitlichen Beschwerden wie zum Beispiel Übelkeit, Erbrechen, Magenschmerzen, Durchfall, Schüttelfrost und Fieber führen.

Ziele

Um der festgestellten Qualitäts- und Verderbnisproblematik bei der Abgabe von Speisepilzen im Handel zu begegnen, wurden die vorliegenden Bildtafeln zu einzelnen, verbreiteten Pilzarten (Pilzleitfaden) entwickelt. Diese sollen es insbesondere den Mitarbeitern im Groß- und Einzelhandel ermöglichen Qualitätsminderungen und Verderb bei Pilzen leichter zu erkennen.

Die einzelnen Bildtafeln zu den wichtigen europäischen Speisepilzen Champignons, Pfifferlinge, Steinpilze, Austernpilze enthalten Abbildungen und erläuternde Textabschnitte über den Frischezustand und verschiedene Stadien zunehmenden Verderbs bei den einzelnen Pilzarten.

Gesetzliche Bestimmungen

Entsprechend Art. 14 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 dürfen nicht sichere Lebensmittel nicht in den Verkehr gebracht werden. Gemäß Art. 14 Abs. 2 Buchstabe b) Verordnung (EG) Nr. 178/2002 gilt diese Vorschrift insbesondere für durch Fäulnis, Verderb und Zersetzung nicht zum Verzehr geeignete Lebensmittel. Verdorbene Pilze dürfen deshalb nicht in den Verkehr gebracht werden.

Darüber hinaus gelten die Hygienevorschriften bzw. Sorgfaltspflichten für Lebensmittelunternehmer, u. a.:

  1. Entsprechend Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) 852/2004 i. V. m. Anh. II Kap. IX Nr. 3 der Verordnung (EG) 852/2004 sind Lebensmittel „auf allen Stufen der Erzeugung, der Verarbeitung und des Vertriebs vor Kontaminationen zu schützen, die sie für den menschlichen Verzehr ungeeignet machen oder derart kontaminieren, dass ein Verzehr in diesem Zustand nicht zu erwarten wäre.“ Entsprechend der Begriffsbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 Buchstabe f) Verordnung (EG) 852/2004 ist eine Kontamination im Sinne dieser Verordnung das Vorhandensein oder das Hereinbringen einer Gefahr.
  2. Weiterhin dürfen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV) Lebensmittel „nur so hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden, dass sie bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt der Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung nicht ausgesetzt sind.“ Unter einer „nachteiligen Beeinflussung“ versteht der Gesetzestext hierbei u. a. eine ekelerregende oder sonstige Beeinträchtigung der einwandfreien hygienischen Beschaffenheit von Lebensmitteln, wie durch Mikroorganismen, Verunreinigungen, Witterungseinflüsse, Gerüche […] (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 LMHV).

Nach diesen Vorschriften sind frische Pilze auf allen Handelsstufen entsprechend ihrem leicht verderblichen Charakter unter angemessenen und geeigneten Bedingungen zu handhaben, insbesondere z. B. beim Transportieren, Aufbewahren / Lagern und beim Anbieten zum Verkauf. Unserer Ansicht nach sind kühle und luftige Bedingungen beim Umgang mit frischen Speisepilzen, insbesondere jedoch bei frischen Wildpilzen, angezeigt.

Die Sorgfaltspflicht bei frischen Speisepilzen erfordert eine tägliche und sorgfältige Kontrolle des Warenbestandes. Das Anbieten von überlagerter oder in Verderb befindlicher Ware kann damit vermieden werden.

Allgemeine Verkehrsauffassung

Das Ziel sämtlicher Bemühungen bei frischen Pilzen sollte auf allen Handelsstufen die Bereitstellung einwandfreier Ware, das heißt von Ware mit verkehrsüblicher Beschaffenheit (allgemeine Verkehrsauffassung) sein.
Die Kriterien für die verkehrsübliche Beschaffenheit sind u. a. im Abschnitt I Teil C Leitsätze für Pilze und Pilzerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches wie folgt beschrieben (Auszug):
„Nr. 2. Speisepilze zeichnen sich durch besonders gute sensorische Eigenschaften (Geruch, Geschmack, Konsistenz) aus. Nr. 3. Unverarbeitete Speisepilze, die üblicherweise als frische Speisepilze bezeichnet werden, sind nicht überreif, nicht alt, nicht übermäßig wässrig, frei von sichtbarem Schimmel. Sie sind weitgehend von Erde, Blättern und Nadeln befreit. Sie sind nicht durch Madenfraß in ihrer Konsistenz verändert oder sonst in ihrer Brauchbarkeit erheblich vermindert.“

Frische Pilze die hinsichtlich ihrer Beschaffenheit von der allgemeinen Verkehrsauffassung abweichen und dadurch in ihrem Wert, insbesondere in ihrem Nähr- oder Genusswert oder in ihrer Brauchbarkeit, nicht unerheblich gemindert sind, dürfen gemäß § 11 Abs. 2 Abs. 2 Buchstabe b) Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch nur unter ausreichender (= konkreter) Kenntlichmachung der Wertminderung in den Verkehr gebracht werden. Dies ist jedoch nur bei Ware möglich, die noch zum Verzehr geeignet ist. Verdorbene Pilze sind grundsätzlich nicht verkehrsfähig. Die Vorschrift ist deshalb nur anwendbar, wenn z. B. für die Ware auf Grund einer gewissen Alterung lediglich ein erhöhter Putzaufwand bzw. Putzabfall resultiert.

Geltungsbereich

Der Leitfaden gilt für frische Speisepilze, sowohl für offene Ware als auch für Ware in Fertigpackungen. Der Leitfaden umfasst diese allgemeinen Hinweise sowie die Bildtafeln zu den speziellen Pilzarten Champignons, Pfifferlinge, Steinpilze und Austernpilze. Nicht erfasst sind tiefgefrorene Pilze und Pilzkonserven.

Verbreitung des Leitfadens

Es wird empfohlen, die Bildtafeln den Mitarbeitern im Groß- und Einzelhandel, in denen frische Speisepilze angeboten werden, für Schulungszwecke und bei ihrer täglichen Arbeit zur Verfügung zu stellen.

Allgemeine Bemerkung zur Beurteilung des Frischezustands von Pilzen

Frische Pilze zählen zu den leicht verderblichen Lebensmitteln. Sie sind nur für kurze Zeit lagerfähig. Daher muss im Handel bei Eingang der Ware und während der Lagerung bzw. des Anbietens besonders auf die Qualität und den Frischezustand (z. B. Verfärbungen, Erweichung, feuchte Pilze) geachtet werden. Eine luftige Kühllagerung (z. B. Körbchen im Kühlregal) ist bei frischen Pilzen zu empfehlen. Die Haltbarkeitsdauer kann jedoch dadurch nicht unbegrenzt verlängert werden. Die ablaufenden Alterungsprozesse können durch Kühllagerung jedoch verlangsamt werden.
Grundlage einer guten Handelspraxis ist insbesondere eine tägliche und sorgfältige Kontrolle des Warenbestandes. Dabei sind insbesondere Pilze bzw. Pilzpackungen mit beginnendem Verderb unbedingt zu entfernen.

Zitierte Rechtsvorschriften bzw. Rechtsquellen

Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittel¬sicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), Stand: 5. Juni 2012

Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 1), Stand: 5. Juni 2012

Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch), i. d. F. d. Bek. der Neufassung v. 22.08.2011 (BGBl. I Nr. 47 vom 8.09.2011, S. 1770), Stand: 5. Juni 2012

Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Lebensmitteln (Lebensmittelhygiene-Verordnung), i. d. F. d. Bek. v. 08.08.2007 (BGBl. I S. 1816, 1817), Stand: 5. Juni 2012

Leitsätze für Pilze und Pilzerzeugnisse, i. d. F. vom 27.11.2002, Bek. v. 23.01.2003 (GMBl S. 150, 213), Stand: 5. Juni 2012