Untersuchung von Olivenölen und Sensorikpanel 2015

Allgemeines und Rechtsgrundlagen

OlivenölflaschenOlivenöl ist in den Ländern des Mittelmeerraumes seit langer Zeit als wichtiges und hochwertiges Lebensmittel bekannt und wird wegen seines unverwechselbaren Geschmacks und seiner propagierten positiven ernährungsphysiologischen Eigenschaften auch in Deutschland immer beliebter. Der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland liegt bei ca. einem Liter pro Jahr. Es wird hier fast ausschließlich Olivenöl, das mit der Kategorie "nativ extra" bezeichnet ist, in den Verkehr gebracht (italienische Bezeichnung: extra vergine; spanische Bezeichnung: virgen extra). Hauptimportländer für Deutschland sind Spanien, Italien und Griechenland.

Die Qualität von Oliven- und Oliventresteröl sowie deren Vermarktung wird durch verschiedene EU-Verordnungen geregelt.

Bezeichnungen und Begriffsbestimmungen für Olivenöl und Oliventresteröl sind verbindlich in der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse festgelegt.

Die Verordnung (EWG) Nr. 2568/91 über die Merkmale von Olivenölen und Oliventresterölen sowie die Verfahren zu ihrer Bestimmung legt die physikalischen, chemischen und sensorischen Merkmale der acht verschiedenen Olivenölkategorien sowie die Grenzwerte und die dazugehörigen Analysenverfahren fest. Die beste Qualität weist das Olivenöl "nativ extra" (Kategorie 1) auf. Geringere Qualität bei nativem Olivenöl ist hingegen in den Kategorien "Olivenöl nativ" (Kategorie 2) und "Lampantöl" (Kategorie 3) zu finden. Lampantöl darf allerdings im Einzelhandel nicht vermarktet werden. Als weitere Kategorien sind "raffiniertes Olivenöl" (Kategorie 4), "Olivenöl - bestehend aus raffinierten und nativen Olivenölen" (Kategorie 5) und drei Kategorien von Oliventresterölen in der oben genannten Verordnung aufgeführt.

Kategorien bei Olivenölen

Im Einzelhandel können vermarktet werden:

  • Natives Olivenöl extra
  • Natives Olivenöl
  • Olivenöl – bestehend aus raffinierten Olivenölen und nativen Olivenölen
  • Oliventresteröl

Nicht im Einzelhandel können vermarktet werden:

  • Lampantöl
  • Raffiniertes Olivenöl
  • Rohes Oliventresteröl
  • Raffiniertes Oliventresteröl

Weiterhin enthält die Verordnung (EU) Nr. 29/2012 Vermarktungsvorschriften für Olivenöl, so z. B. für das Inverkehrbringen und für spezielle Kennzeichnungselemente von Olivenölen, beispielsweise auch für die Verwendung der im Anhang der Olivenöl-Merkmale-Verordnung festgelegten fakultativen Angaben (z. B. "intensiv fruchtig", "ausgewogen").

Untersuchung von Olivenöl

Da gutes Olivenöl relativ teuer ist, sind gewinnträchtige Verfälschungen oder Mischungen mit minderwertigem Öl sehr verlockend. Deshalb ist eine umfassende Qualitätskontrolle wichtig und notwendig.

Das LGL überprüft routinemäßig die chemischen und sensorischen Eigenschaften von Olivenölen, vor allem in Hinblick auf die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben. Diese Untersuchungen geben Hinweise auf Verfälschungen und Verderb sowie auf Rückstände und Kontaminanten. Zudem wird die Einhaltung allgemeiner sowie spezieller Kennzeichnungsvorschriften kontrolliert.

Olivenöl-Sensorikpanel des LGL

Olivenöl inverschiedenen, Flaschen, Messbechern Einen besonderen Stellenwert für die Beurteilung von Olivenölen hat die sensorische Bewertung nach der Verordnung (EWG) Nr. 2568/91 (Olivenöl-Merkmale-Verordnung). Um ein Olivenöl sensorisch zu beurteilen, ist eine Prüfergruppe (Panel) mit acht bis zwölf speziell ausgebildeten Prüfpersonen notwendig. Ein Olivenöl-Sensorikpanel prüft Geruch und Geschmack von nativen Olivenölen. Nach der Olivenöl-Merkmale-Verordnung kann die Richtigkeit der vom Hersteller vorgenommenen Eingruppierung eines Öles in eine Olivenölkategorie nur von einem zugelassenen Panel in der oben beschriebenen Zusammensetzung, nicht jedoch durch einen einzelnen Prüfer allein beurteilt werden.

Das Olivenöl-Sensorikpanel des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Dienststelle Oberschleißheim, wurde im Januar 1999 gegründet. Seit dieser Zeit arbeitet es nach den Vorgaben des Internationalen Olivenölrates in Madrid und der Verordnung (EWG) Nr. 2568/91 über die Merkmale von Olivenölen und Oliventresterölen sowie die Verfahren zu ihrer Bestimmung. Es ist seit November 2001 vom Internationalen Olivenölrat ununterbrochen akkreditiert und seit 2004 permanent national zugelassen. Es arbeitet ausschließlich für die amtliche Lebensmittelüberwachung, vor allem für Bayern, aber in Amtshilfe auch für andere Bundesländer und Länder.

Merkmale von nativen Olivenölen

Positive Merkmale von nativen Olivenölen sind neben einer fruchtigen Note in Geruch und Geschmack auch scharfe und bittere Geschmackskomponenten. Letzteres ist vielen deutschen Verbrauchern jedoch oft unbekannt.

Positive Attribute:

fruchtig / fruity:

eine fruchtige Note, entweder grün-grasig oder reif-fruchtig (mit Geruchs- und Geschmacksnoten von reifen Früchten).

Laut Olivenöl-Merkmale-Verordnung ist "fruchtig" die Gesamtheit der von der Olivensorte abhängigen, unmittelbar und/oder retronasal wahrgenommenen charakteristischen Geruchsmerkmale eines Öls aus gesunden und frischen, reifen oder unreifen Früchten.

Eine Vielzahl von zusätzlichen positiven Fruchtigkeitsbeschreibungen von Olivenölen ergeben sich - ähnlich wie beim Wein - durch weitere fruchtige Geruchs- und Geschmackseindrücke wie z. B. Äpfel, Bananen, Artischocken, aber auch nussige und kräuterartige Noten können beteiligt sein. Diese Aromaeindrücke sind oft als Beitrag zu einer harmonischen Geruchs- und Geschmacksabrundung wahrnehmbar,

bitter:

eine bittere Geschmacksnote.

Nach Olivenöl-Merkmale-Verordnung handelt es sich hierbei um einen elementaren Geschmack, der typisch für Öle aus grünen oder in Reifung befindlichen Oliven ist und mit den Bitterrezeptoren auf der Zunge wahrgenommen wird.

scharf / pungent:

eine gewisse Schärfe, die manchmal als Kratzen im Hals empfunden wird.

Laut Olivenöl-Merkmale-Verordnung wird dabei taktil ein Prickeln empfunden, das typisch für Öle ist, die zu Beginn des Wirtschaftsjahres hauptsächlich aus noch unreifen Oliven gewonnen werden, und in der gesamten Mundhöhle und insbesondere in der Kehle wahrgenommen werden kann.

Nach der Verordnung (EWG) Nr. 2568/91 dürfen Olivenöle der Kategorie "nativ extra" keinen sensorischen Fehler aufweisen. Fehlnoten im Öl entstehen meist durch Verwendung von qualitativ minderwertigen Oliven bzw. durch unsachgemäße Herstellung des Öls. Die wichtigsten Fehlnoten in nativen Olivenölen sind stichig (fusty), schlammig (muddy sediment), modrig-feucht-erdig (musty-humid-earthy), ranzig, wein- oder essigartig-säuerlich (winey-vinegary acid-sour) sowie eine Fehlnote von frostgeschädigten Oliven/feuchtem Holz (frostbitten olives/wet wood). Die Note ranzig bildet sich vor allem bei der Lagerung des Öls. Durch die Olivenfruchtfliege entsteht die Fehlnote wurmstichig (grubby).

Die Ursachen für diese Fehlaromen sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Tabelle 1: Fehlnoten bei nativen Olivenölen und ihre Ursachen
Fehlnoten Ursachen
stichig (fusty) anaerobe Gärungsprozesse in den Oliven vor dem Pressen
schlammig (muddy sediment) Kontakt des Öls mit anaerob vergorenen Dekantier-Schlämmen bei der Herstellung
modrig-feucht-erdig (musty-humid-earthy) Schimmel- und Hefepilzbefall der Oliven bei mehrtägiger Lagerung unter feuchten Bedingungen oder anhaftende Erde oder Schlamm ungewaschener Oliven
ranzig (rancid) fortgeschrittener oxidativer Fettverderb
wein-oder essigartig/sauer-säuerlich (winey-vinegary acid-sour) aerobe Gärungsprozesse
frostgeschädigte Oliven (feuchtes Holz), (frostbitten olives/wet wood) Verwendung von Oliven, die am Baum Frostschäden erlitten haben
Wurmstichig (grubby) Flavour bei Ölen aus stark von Larven der Olivenfliege befallenen Oliven.

Stellen die Prüfer des Sensorikpanels geruchliche und geschmackliche Abweichungen fest, die für die deklarierte Kategorie nicht zulässig sind, werden die Öle beanstandet. Wird z. B. bei einem als "nativ extra" deklarierten Olivenöl ein Fehlaroma festgestellt, ist die Eingruppierung in "nativ extra" als irreführend zu beurteilen. Bei einer Fehlnote mit einer Intensität größer als 3,5 auf der bis 10 reichenden Skala erfolgt eine Beurteilung des Öls als "Lampantöl" und als nicht zum Verzehr geeignet und somit als nicht sicheres Lebensmittel. Es darf nicht im Einzelhandel vermarktet werden nach der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013.

Untersuchungsergebnisse 2015

Grenzwertüberschreitungen bei Parametern gemäß der Olivenöl-Merkmale-Verordnung sowie bei Kontaminanten und Rückständen wurden bei den 2015 untersuchten Olivenölen nicht festgestellt. Kennzeichnungsmängel wies ca. jede vierte Olivenölprobe auf. Beispielsweise waren bei etlichen dieser Öle die Gehalte von Fettsäuregruppen nicht korrekt deklariert. Im Erntejahr 2014/2015 waren die klimatischen Bedingungen in einigen Gebieten des Mittelmeerraumes extrem schlecht. Dies führte zu einem Befall der Oliven durch die Olivenfruchtfliege. Als Folgen resultierten ein beträchtlicher Ernteausfall und eine oft minderwertige Qualität des Olivenöls.

Das LGL führte deshalb im Jahr 2015 risikoorientierte Untersuchungen von nativen Olivenölen besonders aus den betroffenen Ländern durch. Insgesamt wurden in dem Ausnahmejahr 2015 76 % aller eingesandten Olivenölproben beanstandet. Die Beanstandungen ergaben sich fast ausschließlich aus den Untersuchungen der als "nativ extra" gekennzeichneten Olivenöle (darunter auch etliche Amtshilfeproben für andere Bundesländer) durch das Sensorikpanel des LGL (insgesamt 75 % aller Proben). Dabei zeigten 63 % der als "nativ extra" bezeichneten Olivenöle eine leichte Fehlnote, die zu einer Einstufung in die Kategorie "nativ" führte. 12 % der Öle wiesen erhebliche sensorische Fehler auf und wurden in die Kategorie "Lampantöl" eingestuft und damit als nicht zum Verzehr geeignet beurteilt. Die sehr hohe Beanstandungsquote 2015 ist mit großer Wahrscheinlichkeit auf das schlechte Erntejahr 2014/2015 zurückzuführen.

Trend

Tabelle 2 gibt einen Überblick über die Beanstandungsquoten in den Jahren 2013 bis 2015. Die Gesamt-Beanstandungsquoten waren in den beiden Vorjahren mit 43 % (2014) bzw. 62 % (2013) ebenfalls hoch, jedoch deutlich niedriger als 2015 (76 %). Bei den sensorischen Untersuchungen wurden in den Vorjahren 46 % (2013) bzw. 40 % (2014) der untersuchten Olivenöle beanstandet. 2015 waren es 75 %. Die extrem hohe Beanstandungsquote des LGL im Jahr 2015 resultiert auch aus der risikoorientierten Probenahme. Im Rahmen einer EU-weiten und deutschen Initiative zur Bekämpfung des Lebensmittelbetrugs hatte das LGL an einem Untersuchungsschwerpunkt zu Olivenöl teilgenommen. Ziel war die Aufdeckung von Qualitätsmängeln und möglichen Verfälschungen, bedingt durch die Ernteausfälle in den Produktionsländern. Das LGL wird sich im Rahmen seiner Überwachungstätigkeit weiterhin an der ressortübergreifenden und internationalen Zusammenarbeit zur Bekämpfung des Lebensmittelbetrugs beteiligen.

Tabelle 2: Beanstandungsquoten von Olivenöl
Jahr Beanstandungsquoten [%]
Alle Untersuchungen
mit Kennzeichnung
Sensorische Untersuchungen
2013 62 46
2014 43 40
2015 76 75

Mehr zu diesem Thema

Allgemeine Informationen zum Thema