Novel Food: Neuartige Lebensmittel

Aktueller Gesundheitstrend Chiasamen - ein neuartiges Lebensmittel auf dem Vormarsch

Die Chia-Pflanze (Salvia hispanica L.) stammt ursprünglich aus Mexiko und ist in vielen Ländern Lateinamerikas verbreitet. Bereits die Maya nannten die Samen "Chia", was "Kraft" bedeutet. In der Tat sind sie, wie Leinsamen oder Sonnenblumenkerne, mit etwa 20 % Eiweiß, 30 % Fett und 40 % Kohlenhydraten sehr nährstoffreich. An Bekanntheitsgrad gewannen Chiasamen in Deutschland u. a. durch die Anpreisung als "Superfood". Besonders hervorgehoben wird ihr hoher Gehalt an Omega-3-Fettsäuren und Ballaststoffen. So wirken Omega 3 Fettsäuren erwiesenermaßen positiv auf den Cholesterinspiegel. Die stark quellenden - Ballaststoffe (Polysaccharide) machen Chiasamen zum idealen Sattmacher.

Rechtlicher Hintergrund

Chiasamen werden in der Europäischen Gemeinschaft (EU) als neuartiges Lebensmittel (Novel Food) eingestuft, da sie vor dem 15.05.1997 nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet worden sind. Ohne Genehmigung dürfen neuartige Lebensmittel in der EU nicht in den Verkehr gebracht werden. Chiasamen bekamen 2009 erstmals ihre Zulassung zur Verwendung in Broterzeugnissen bis maximal 5 %. Seit 2013 sind sie auch als eigenständiges Lebensmittel zugelassen sowie als Zutat bis zu 10 % z. B. in Müsli, Früchte- und Nussmischungen. Reine Chiasamen dürfen nur vorverpackt und mit dem Hinweis auf eine maximale tägliche Aufnahmemenge von 15 g in den Verkehr gebracht werden. Aufgrund fehlender Daten zu unerwünschten Wirkungen bei höherem Verzehr gilt in der EU vorsorglich diese Regelung. Produkte aus/mit Chiasamen müssen zusätzlich die Angabe "Chiasamen (Salvia hispanica)" tragen.

Eine Genehmigung zum Inverkehrbringen erfolgt immer antragstellerbezogen. Hersteller und Importeure gleichwertiger Produkte können jedoch über ein vereinfachtes Verfahren eine Zulassung beantragen (Notifizierung). Für Chiasamen gibt es bis dato 37 Notifizierungen, acht davon aus Deutschland (Stand: 21.04.2015).

Untersuchungsergebnisse

Das LGL überprüfte im Jahr 2014 als Schwerpunkt Chiasamen hinsichtlich einer rechtsgültigen Zulassung, der mikrobiologischen Beschaffenheit sowie der korrekten und wahrheitsgetreuen Kennzeichnung auf dem Produkt, im Werbematerial und im Internet.

Es wurden insgesamt 29 Proben geprüft, dabei handelte es sich um 11 verschiedene Produkte. Die Beanstandungsquote lag mit 82 % im oberen Bereich. Nach dem aktuellen Stand der EU-Zulassungen hatten sechs Produkte keine Notifizierung und waren demnach nicht verkehrsfähig. Der mikrobiologische Status der Produkte war bis auf eine Ausnahme ausgesprochen gut. Ein erhöhter, jedoch nicht gesundheitsschädlicher Gehalt an Schimmelpilzen veranlasste das LGL in diesem Fall zu einem Hygienehinweis.
Beim überwiegenden Anteil der Produkte (9 von 11) lagen Kennzeichnungsmängel vor. Ein Produkt musste aufgrund der fehlenden Bezeichnung "Chiasamen (Salvia hispanica)" beanstandet werden, bei sechs Produkten entsprach die Nährwertkennzeichnung nicht den gesetzlichen Vorgaben. Den Großteil der Beanstandungen sprach das LGL aufgrund unzulässiger nährwert- und/oder gesundheitsbezogener Angaben aus. Bei insgesamt 8 Produkten wurde fälschlich das Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren ausgelobt oder der Nährstoffgehalt von Chiasamen mit anderen Lebensmitteln, wie z. B. Bananen, verglichen. Diese Art der Bewerbung ist ebenso verboten wie die gerne ausgelobten Wirkversprechen (Health Claims) von Chiasamen und Ballaststoffen für Stoffwechsel, Verdauung und eine gesunde Darmtätigkeit. Die geprüften Werbeprospekte und Internetauftritte wurden diesbezüglich ausnahmslos vom LGL beanstandet. Neuartige Lebensmittel bleiben weiterhin im Focus der Überwachung.

"Nonisaft"– zugelassenes Novel Food

Rechtliche Orientierung

Nonisaft wurde als neuartige Lebensmittelzutat im Sinne der VO (EG ) Nr. 258/97 zugelassen.

Marktsituation

Aufgrund organisierter Werbeveranstaltungen, Internetartikel und Wurfsendungen wird Nonisaft immer mehr als "das gesunde Kultgetränk" des 21. Jahrhunderts propagiert. Viele neue Vertreiber treten daher auf dem Markt mit zweifelhaften und oft überteuerten Produkten in Erscheinung. Bei der Überprüfung der Qualität waren gravierende Mängel feststellbar. Bei mehreren Nonisäften konnte mit konventionellen Untersuchungsmethoden in Verbindung mit der Isotopenanalyse eindeutig eine Zuckerung und Wässerung nachgewiesen werden. Häufig wurde, auch ohne Kennzeichnung in der Zutatenliste, mit Citronensäure nachgesäuert, oder es wurden Konservierungsmittel zugesetzt. Aufgrund seines sensorisch käsigen, schweißigen Geruchs und Geschmacks wird Nonisaft oft zusätzlich aromatisiert, zum Beispiel mit Himbeeraroma. Entgegen den Auslobungen handelte es sich aber nicht um natürliches, sondern, wie die Analyse zeigte, lediglich um naturidentisches Himbeeraroma.
Weiter zeigten unsere Untersuchungen, dass bei vier Erzeugnissen Nonikonzentrat, und nicht wie deklariert, reiner Nonisaft verwendet wurde.
Zusammenfassend musste bei neun von insgesamt 32 Noniprodukten die Zusammensetzung beanstandet werden.
Darüber hinaus wurden vier Noni-Fruchtextrakte in den Verkehr gebracht, die in Folge der fehlenden Zulassung nicht verkehrsfähig waren. Wissenschaftlich nicht belegbare krankheitsbezogene Werbeaussagen (wie krebsvorbeugend, Hilfe bei Rheuma, Schutz vor Schlaganfall) wurden nach wie vor auf Flugblättern zusammen mit Noniprodukten verteilt und waren als nicht zulässig zu beurteilen.

"Hoodia Gordonii"– Novel Food in Prüfung

Rechtliche Orientierung

Bei Hoodia Gordonii handelt es sich um eine kakteenähnliche, in Südafrika beheimatete Pflanze. Die südafrikanischen Buschmänner (San) sollen diese bitter schmeckende Pflanze auf ihren ausgedehnten Jagdausflügen verzehren, um ihr Hungergefühl zu unterdrücken.
Es liegen jedoch keine Erkenntnisse vor, dass getrocknetes Kakteenfruchtfleisch der Gattung Hoodia Gordonii als Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr in der Europäischen Gemeinschaft verwendet worden ist. Hoodia Gordonii wurde daher im Novel Food-Katalog der EU von der Arbeitsgruppe "Neuartige Lebensmittel" der Europäischen Kommission als Novel Food eingestuft.

Marktsituation

Seit kurzer Zeit werden Nahrungsergänzungsmittel in Kapselform mit der Zutat "Hoodia Gordonii"-Pulver in den Handel gebracht.
Nahrungsergänzungsmittel mit der nicht zugelassenen neuartigen Lebensmittelzutat "Hoodia Gordonii" sind daher als nicht verkehrsfähig zu beurteilen.

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