Untersuchung von Zitrusfrüchten auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln und Antibiotika

Signet Jahresbericht 2021/22

Zusammenfassung

Das LGL untersuchte 2021 im Rahmen eines Schwerpunktprogramms 202 Proben frische Zitrusfrüchte und Orangensaft auf das Vorkommen von Pflanzenschutzmittelrückständen und 67 Proben auf das Vorkommen von Antibiotikarückständen. In biologisch angebauten Zitrusfrüchten und Orangensaft waren kaum Pflanzenschutzmittelrückstände nachweisbar, während dies bei konventionell hergestellten Produkten häufig der Fall war. Die zulässigen Höchstgehalte für die jeweiligen Substanzen wurden jedoch selten überschritten, gar nicht in biologisch angebauten frischen Zitrusfrüchten. Orangensaft enthielt weniger Rückstände an Pflanzenschutzmitteln als das Frischprodukt. Antibiotikarückstände wurden weder in frischen Zitrusfrüchten noch in Orangensaft nachgewiesen.

Hintergrund der Untersuchungen

Citrus Greening, auch Huanglongbing (HLB) oder Gelber Drache genannt, ist eine bakterielle Erkrankung, die Zitruspflanzen befällt und aktuell weltweit für immense Ernteausfälle sorgt. Ausgelöst wird die Krankheit durch das Bakterium Candidatus Liberibacter spp., welches durch Insekten (Asiatische Zitrus-Psyllide „Diaphorina citri“ und Afrikanische Zitrus-Psyllide „Trioza erytreae“) auf die Zitruspflanzen übertragen bzw. direkt in die Nährstoffleiterbahnen der Pflanzen injiziert wird. Dies führt zu einem eingeschränkten Nährstofftransport, zu verfärbten Blättern und kleinen, meist grün gefärbten Früchten, die einen bitteren Geschmack aufweisen. Die mengenmäßig schon deutlich geringere Ernte von betroffenen Plantagen kann deshalb größtenteils weder für den Verkauf noch für die Saftherstellung verwendet werden. Die befallenen Bäume sterben anschließend nach ca. drei bis fünf Jahren ab, da die Krankheit bisher nicht erfolgreich behandelt werden kann.

Aktuell werden verschiedene Strategien verfolgt, um der Krankheit zu begegnen: Da es bisher noch keine resistenten Zitruspflanzen gibt, werden z. B. Jungbäume nur noch in Gewächshäusern großgezogen. Außerdem erfolgt bis zu zehnmal im Jahr eine Behandlung der Pflanzen mit gegen die Überträger der Krankheit wirkenden Insektiziden. Auf Grund von möglichen Resistenzbildungen beim Zielorganismus wird dafür eine Vielzahl verschiedener Wirkstoffe einzeln oder in Kombinationen verwendet. Eine Möglichkeit, Citrus Greening kurzzeitig unter Kontrolle zu bekommen, ist die Behandlung mit Antibiotika. Diese Maßnahme ist wegen der eher bakteriostatischen statt bakteriziden Wirkung der meisten eingesetzten Stoffe allerdings sehr kostenintensiv und muss regelmäßig wiederholt werden. Der Einsatz von Antibiotika kann die Verbreitung Antibiotika-resistenter Mikroorganismen fördern, dennoch wurden einige Antibiotika in den USA zur Behandlung von Zitruspflanzen zugelassen. Aktuell versuchen Forscher, mit Hilfe von Gentechnik resistente Zitruspflanzen zu generieren.

Zu den weltweit eingesetzten Insektiziden zählen z. B. folgende Wirkstoffe: Abamectin, Acet-amiprid, Azadirachtin, Bifenthrin, Buprofezin, Chlorantraniliprol, Chlorpyrifos, Clothianidin, Cyantraniliprol, Cyfluthrin, Cypermethrin, Diflubenzuron, Dinetofuran, Fenobucarb, Fenpropathrin, Fenpyroximat, Flupyradifuron, Imidacloprid, lambda-Cyhalothrin, Lufenuron, Malathion, Novaluron, Oxamyl, Pymetrozin, Pyriproxyfen, Spinetoram, Spinosad, Spirodiclofen, Spirotetramat, Sulfoxaflor, Teflubenzuron und Thiamethoxam. Daneben zeigen die Antibiotika Ledermycin, Oxytetracyclin, Penicillin G, Streptomycin und Tetracyclin eine gute Wirksamkeit gegen das Bakterium Candidatus Liberibacter spp.

Da die Krankheit Citrus Greening eine große Bedrohung für Zitrusplantagen weltweit darstellt, besteht die Möglichkeit, dass vermehrt Pflanzenschutzmittel und Antibiotika zu deren Bekämpfung eingesetzt werden. Aus diesem Grund untersuchte das LGL 2021 die aktuelle Belastungssituation von Zitrusfrüchten und Orangensaft.

Untersuchungsergebnisse

Das LGL untersuchte im Rahmen dieses Schwerpunktes 50 Proben Orangen, 22 Proben Clementinen, 25 Proben Mandarinen, eine Probe Satsumas, eine Probe Tangerinen, 21 Proben Zitronen, eine Probe Limetten, 43 Proben Grapefruits, 14 Proben Pomelos und 24 Proben Orangensaft auf das Vorkommen von Pflanzenschutzmittelrückständen. Von den 178 Proben frische Zitrusfrüchte stammten 109 Proben aus Spanien, jeweils 13 Proben aus Italien und China, zwölf Proben aus Südafrika, sieben Proben aus der Türkei, zwei Proben aus Griechenland und jeweils eine Probe aus Israel, Kolumbien, Peru und Vietnam. Bei 18 Proben Obst sowie allen Orangensäften war die Herkunft ungeklärt. 31 Proben frischer Zitrusfrüchte (10 Proben Orangen, fünf Proben Clementinen, drei Proben Mandarinen, eine Probe Tangerinen, neun Proben Zitronen, eine Probe Limetten und zwei Proben Grapefruits) sowie vier Orangensäfte stammten aus ökologischem Anbau.

Die Ergebnisse der Untersuchung sind in Tabelle 1 dargestellt. Insgesamt wies das LGL in 143 der 178 Proben frischer Zitrusfrüchte Rückstände von Pflanzenschutzmitteln nach. Von diesen überschritten sieben Proben (eine Proben Clementinen, drei Proben Grapefruits, zwei Proben Zitronen und eine Probe Pomelos) aus konventionellem Anbau die jeweils zulässigen Höchstgehalte. Die Höchstgehaltsüberschreitungen betrafen die Pflanzenschutzmittelwirkstoffe Buprofezin, Chlorpyrifos, Chlorpyrifos-methyl, Dichlorvos, Dimethoat und Prochloraz. In einer Probe Orangensaft wurde der Höchstgehalt für Chlorat überschritten. Eine Gesundheitsgefahr aufgrund der nachgewiesenen Pflanzenschutzmittelrückstände konnte in diesen Fällen aber mit der geforderten Sicherheit ausgeschlossen werden.

Tabelle 1: Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in frischen Zitrusfrüchten sowie in Orangensaft.
Lebensmittel Gesamt-zahl Anzahl Proben ohne R Anzahl Proben mit R kleiner HG Anzahl Proben mit R größer HG Anzahl insgesamt gefundener, verschiedener Stoffe Anzahl R pro Probe Gehalt R pro Probe (mg/kg)
Zitrusfrüchte frisch gesamt 178 35 136 7 44 2,6 1,20
Zitrusfrüchte frisch konventioneller Anbau 147 5 135 7 43 3,1 1,45
Zitrusfrüchte frisch biologischer Anbau 31 30 1 0 1

0,0

 

0,0
Orangen 50 11 39 0 17 2,4 1,21
Clementinen/Mandarinen/ Satsumas/Tangerinen
49 10 38 1 17 1,9 1,34
Zitronen 21 10 9 2 17 1,9 0,91
Limetten 1 1 0 0 0 0,0 0,0
Grapefruits 43 2 38 3 29 4,0 1,55
Pomelos 14 1 12 1 10 2,2 0,09
Orangensaft gesamt 24 2 21 1 3 1,3 0,45
Orangensaft konventioneller Anbau 20 0 19 1 3 1,5 0,54
Orangensaft biologischer Anbau 4 2 2 0 1 0,5 0,01
R = Rückstand, HG = zulässiger Höchstgehalt nach Verordnung (EG) Nr. 396/2005

Neben frischen Zitrusfrüchten, die aufgrund der gesetzlichen Vorgaben mit Schalen zu untersuchen sind, analysierte das LGL auch 24 Orangensäfte. Hier ist zu erkennen, dass die durchschnittliche Anzahl der Rückstände pro Probe mit 1,3 bei Orangensaft niedriger ist als bei den frischen Orangen mit 2,4. Zudem wies das LGL im Orangensaft nur drei verschiedene Stoffe nach, während in frischen Orangen Rückstände von insgesamt 17 verschiedenen Substanzen nachweisbar waren. Auch der durchschnittliche Rückstandsgehalt pro Probe war bei Orangensaft mit 0,45 mg/kg deutlich geringer als bei frischen Orangen, die im Schnitt 1,21 mg/kg enthielten. Die Abnahme der Anzahl der Rückstände sowie des durchschnittlichen Gehalts pro Probe von den frischen Orangen zum Saft lässt sich durch das Entfernen der Schale sowie den Abbau von Pflanzenschutzmittelrückständen während der Verarbeitung, wie beispielsweise durch einen Erhitzungsprozess, erklären.

In frischen Zitrusfrüchten aus ökologischer Produktion wies das LGL in einer Probe Rückstände an Pflanzenschutzmittelrückständen nach. Diese Probe Orangen aus Spanien enthielt Rückstände an quartären Ammoniumverbindungen. Dieser Stoff wird auch als biozide Komponente in handelsüblichen Desinfektionsreinigern eingesetzt. Der Gehalt war jedoch so gering, dass es sich wahrscheinlich um eine Kontamination während des Verpackens oder des Transports handelte. In zwei Proben Bio-Orangensaft wurde Phosphonsäure nachgewiesen, welche nicht zwingend einen Pflanzenschutzmittelrückstand darstellen muss. Phosphonsäure fällt rechtlich zwar unter die Definition der Pflanzenschutzmittelrückstände, für diese gibt es jedoch alternative Eintragspfade wie beispielsweise über den Einsatz phosphonathaltiger Düngemittel oder eine länger zurückliegende, damals auch im Bio-Bereich zulässige Anwendung als Pflanzenstärkungsmittel. Die Bio-Kennzeichnung aller drei rückstandshaltigen Bio-Proben war aufgrund der geringen Gehalte nicht anzuzweifeln.

Mit einer neu entwickelten Methode untersuchte das LGL außerdem 15 Proben Orangen, vier Proben Clementinen, zehn Proben Mandarinen, 15 Proben Grapefruits, acht Proben Pomelos und 15 Proben Orangensaft auf Rückstände an Oxytetracyclin und Penicillin G. Von den 52 Proben frische Zitrusfrüchte stammten 35 aus Spanien, sieben aus China, zwei aus Italien und jeweils eine Probe aus Israel und Vietnam. Bei sechs Proben sowie allen Orangensäften war die Herkunft ungeklärt. Drei Proben frischer Zitrusfrüchte (jeweils eine Probe Orangen, Mandarinen und Grapefruits) sowie drei Proben Orangensaft stammten aus ökologischem Anbau.

Die Ergebnisse der Untersuchung sind in Tabelle 2 dargestellt. In keiner Probe wurden Rückstände an Antibiotika nachgewiesen.

Tabelle 2: Rückstände von Antibiotika in frischen Zitrusfrüchten sowie in Orangensaft.
Lebensmittel Gesamt-zahl Anzahl Proben ohne R Anzahl Proben mit R Anzahl insgesamt gefundener, verschiedener Stoffe Anzahl R pro Probe Gehalt R pro Probe (mg/kg)
Zitrusfrüchte frisch gesamt 52 52 0 0 0,0 0,00
Zitrusfrüchte frisch konventioneller Anbau 49 49 0 0 0,0 0,00
Zitrusfrüchte frisch biologischer Anbau 3 3 0 0

0,0

0,00
Orangen 15 15 0 0 0,0 0,00
Clementinen/Mandarinen
14 14 0 0 0,0 0,00
Grapefruits 15 15 0 0 0,0 0,00
Pomelos 8 8 0 0 0,0 0,00
Orangensaft gesamt 15 15 0 0 0,0 0,00
Orangensaft konventioneller Anbau 12 12 0 0 0,0 0,00
Orangensaft biologischer Anbau 3 3 0 0 0,0 0,00
R = Rückstand

Fazit und Maßnahmen

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass in biologisch angebauten Zitrusfrüchten und Orangensaft kaum Pflanzenschutzmittelrückstände nachweisbar waren. Dagegen war dies bei konventionell hergestellten Produkten häufig der Fall, wobei die erlaubten Höchstgehalte in frischen Zitrusfrüchten allerdings selten überschritten wurden. Orangensaft enthielt weniger Rückstände an Pflanzenschutzmitteln als das Frischprodukt. Antibiotikarückstände wurden weder in frischen Zitrusfrüchten noch in Orangensaft nachgewiesen. Von Pflanzenschutzmittelrückständen in Zitrusfrüchten sind allgemein keine gesundheitlichen Gefahren zu erwarten, sodass diese Früchte aufgrund ihrer Gehalte an Vitaminen und Ballaststoffen im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung bedenkenlos verzehrt werden können.

Aufgrund der hohen Verzehrmengen und einigen aufgetretenen Höchstgehaltsüberschreitungen werden frische Zitrusfrüchte und -säfte weiterhin regelmäßig auf Pflanzenschutzmittelrückstände untersucht. Die Untersuchung zum Vorkommen von Antibiot ikarückständen wird wieder aufgenommen, sobald sich Hinweise auf ein Ausbreiten des Citrus Greening in Europa ergeben oder ein vermehrter Einsatz von Antibiotika berichtet wird.