Raffinierte Kontaminanten: MCPD- und Glycidylester in Lebensmitteln

Signet Jahresbericht 2021/22

Abstract

3-Monochlorpropandiol (3-MCPD), 2-Monochlorpropandiol (2-MCPD) und deren Fettsäureester sowie Glycidyl-Fettsäureester sind Prozesskontaminanten, die durch Erhitzung in Lebensmitteln entstehen, aber aufgrund ihrer gesundheitsschädlichen Wirkungen unerwünscht sind. Mit der Verordnung (EU) Nr. 2020/1322 wurden Höchstgehalte für 3-MCPD, 3-MCPD-Fettsäureester und Glycidylfettsäureester in bestimmten Lebensmitteln in die Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 aufgenommen, die im Mai 2023 durch die Verordnung (EU) 2023/915 ersetzt wurde. Diese Höchstgehalte gelten seit Januar 2021. Rund 75 Proben von verschiedenen Lebensmitteln wurden in den letzten Jahren am LGL auf MCPD- und Glycidylester untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Höchstgehalte weitgehend eingehalten werden. Überschreitungen bzw. erhöhte Gehalte wurden hauptsächlich in Croissants und Keksen festgestellt.

Einleitung

MCPD- und Glycidylester können bei der Herstellung von zusammengesetzten Lebensmitteln über die verwendeten Fette ins Endprodukt gelangen oder sich bilden, wenn fett- und salzhaltige Lebensmittel oder -zubereitungen hohen Temperaturen ausgesetzt sind. Insbesondere bilden sie sich auch bei der Raffination von Fetten und Ölen. Neben raffinierten Speisefetten/-ölen (insbesondere Palmöl) können sie in Lebensmitteln vorkommen, die aus diesen hergestellt werden, wie beispielsweise Margarinen, Back- und Konditoreiwaren, Snackprodukte, Nussnougat-Cremes oder Säuglings- und Anfangsnahrung. Des Weiteren können geräucherte und erhitzte Lebensmittel wie getoastetes Brot, frittierte Pommes, geräucherter Fisch oder Sojasoßen und Würzen belastet sein.

Im menschlichen Körper werden die Ester unter Freisetzung von MCPD oder Glycidol gespalten. Die International Agency for Research on Cancer (IARC) der Weltgesundheitsbehörde stufte freies 3-MCPD als möglicherweise kanzerogen für den Menschen (Gruppe 2B) und Glycidol als wahrscheinlich kanzerogen für den Menschen (Gruppe 2A) ein. Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) leitete für freies 3-MCPD und seine Fettsäureester eine tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (tolerable daily intake, TDI) von 2 µg/kg Körpergewicht (KG) und Tag ab (EFSA, 2018). Für das im Gegensatz zu 3-MCPD genotoxisch-kanzerogen wirkende Glycidol wurde für die Risikocharakterisierung auf den Margin of Exposure-Ansatz (MOE) zurückgegriffen. Der Referenzpunkt, der dabei herangezogen wird, liegt bei 10,2 mg/kg Körpergewicht (KG) und Tag (BfR, 2022).

Für 3-MCPD, 3-MCPD-Fettsäureester und Glycidylfettsäureester wurden mit der Verordnung (EU) Nr. 2020/1322 Höchstgehalte in die Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 aufgenommen, welche seit Januar 2021 gelten (siehe „Links“). Die Höchstgehalte beziehen sich dabei auf verschiedene Fette und Öle sowie Sojasoßen und Würzen, Säuglingsanfangsnahrung, Folgenahrung und Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke für Säuglinge und Kleinkinder und Kleinkindnahrung. Für zusammengesetzte Lebensmittel sind weitere Höchstgehalte derzeit in Planung. Mit Ablauf des 24.05.2023 wurde die Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 aufgehoben und die Höchstgehalte sind seitdem in der Verordnung (EU) 2023/915 geregelt.

Die Analytik am LGL erfolgt zunächst über eine Fettextraktion mittels sogenannter HUPsSE (heat-ultrasound-pressure-supported-solvent-extraction. AOCS official method Cd 29b-13, Kuhlmann, 2019). Anschließend folgt eine flüssig-flüssig-Extraktion zur Trennung der freien Analyten von den gebundenen Analyten. Die gebundenen Analyten werden dann unter alkalischen Bedingungen gespalten und beide Fraktionen nach einer Derivatisierung mit Phenylboronsäure mittels GC-MS/MS-Analyse analysiert.

Untersuchungsergebnisse

Insgesamt wurden rund 75 Proben verschiedener Lebensmittelgruppen (siehe Abbildung) untersucht und jeweils der Gehalt an gebundenem und freiem 2-MCPD sowie 3-MCPD und an Glycidylestern bestimmt.

Die Abbildung zeigt ein Tortendiagramm, das aus unterschiedlich eingefärbten Kreissektoren für die untersuchten Lebensmittelgruppen besteht. Der Anteil eines Sektors am Gesamtkreis entspricht dem Anteil der Proben aus der betreffenden Lebensmittelgruppe an der Gesamtprobenzahl. Die Probenanzahl ist im Kreissektor angegeben. In den Jahren 2020 bis 2022 wurden je 16 Proben Croissants und Öle, elf Proben Spekulatius, je zehn Proben Kekse/Waffeln und Margarinen, acht Proben Chips und sieben Proben Fette für Zulieferbetriebe/Frittierfette untersucht. Insgesamt waren es 78 Proben.

Abbildung 1: Auf den Gehalt an gebundenem und freiem 2-MCPD sowie 3-MCPD und an Glycidylestern untersuchte Proben der Jahre 2020 bis 2022

Eine Übersicht über die Ergebnisse ist in Tabelle 1 dargestellt. Der Gehalt ist bezogen auf den Fettgehalt und als Summe aus gebundenem und freiem 3-MCPD sowie gebundenen und freiem 2-MCPD (jeweils berechnet als frei vorliegende Substanz) angegeben.

Tabelle 1: Übersicht über die Ergebnisse von verschiedenen Lebensmittelproben der Jahre 2020 bis 2022 (angegeben ist der Median (fett) sowie der Bereich der festgestellten Gehalte).
Matrix Anzahl Fett-gehalt [%] 3-MCPD 2-MCPD Glycidol
[µg/kg Fett]
Chips 8 20-34 276; 190-1.108 122; 73,9-918 273; 133-299
Croissants 16 17-26 975; <NG-2.675 502, <NG-975 243; <NG-452
Kekse und Waffeln 10 9-37 1.010; 126-3.544 434; <BG-1.620 237; <BG-1.851
Margarinen 10 39-80 432; 180-1.103 146; <BG-552 274; 105-336
Fette für Zulieferbetriebe/ Fritierfette 7 100 925; 594-1.490 307; 280-660 159; <BG-310
Öle 16 100 480; <NG-1.073 213; <NG-398 < BG; <NG-703
Spekulatius 11 15-23 1.238; 557-1.580 547; 255-723 191; < BG-752

NG = Nachweisgrenze, BG = Bestimmungsgrenze

Die aktuell geltenden Höchstgehalte von je nach Art des verwendeten Fettes 2.500 µg/kg (unter anderem Palmfett) beziehungsweise 1.250 µg/kg für die Summe aus 3-MCPD und 3-MCPD-Estern sowie von 1.000 µg/kg für Glycidol wurden in den meisten Lebensmittelproben nicht überschritten. Auffällig waren zwei Proben Schokokekse und eine Probe gefüllte Croissants. In allen drei Proben wurde der Höchstgehalt von 2.500 µg/kg für 3-MCPD überschritten. Allerdings lag jeweils die untere Grenze des Streubereichs der Messergebnisse noch unterhalb des Höchstgehalts, so dass die Überschreitungen des Höchstgehaltes nicht mit der ausreichenden Sicherheit für eine Beanstandung gegeben waren. Das LGL wies auf die auffälligen Gehalte und die Minimierungspflicht des Herstellers trotzdem hin. In den beiden Schokokeks-Proben, die vom gleichen Hersteller stammten, stellte das LGL zudem Gehalte von 1.287 und 1.851 µg/kg Glycidol fest. Somit wurde auch der Höchstgehalt für Glycidol in den Proben überschritten. In einem Fall lag sogar eine sichere Höchstgehaltsüberschreitung vor. Des Weiteren wurden in einer Probe desodoriertem Sonnenblumenöl mit 1.073 µg/kg 3-MCPD im Vergleich zu anderen Sonnenblumenölen erhöhte Gehalte festgestellt, auf die ebenfalls hingewiesen und eine Reduzierung der Gehalte verlangt wurde. Alle weiteren Proben waren lebensmittelrechtlich nicht zu beanstanden.

Fazit

Die meisten der vom LGL in den vergangenen Jahren untersuchten Lebensmittel entsprachen den rechtlichen Anforderungen. Die Höchstgehalte für MCPD- und Glycidylester wurden in zwei Keksproben (vom selben Hersteller außerhalb der EU, eine davon als Nachprobe zur anderen angefordert) und einer Probe gefüllte Croissants überschritten. In allen drei Fällen wurde Palmfett verwendet, welches eine mögliche Quelle für die erhöhten Gehalte sein kann. Die Hersteller wurden im Befund jeweils auf ihre Pflicht zur Minimierung der Kontamination gemäß Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 315/93 hingewiesen. Danach sind Kontaminanten auf so niedrige Gehalte zu begrenzen, wie sie durch gute Praxis auf allen in Art. 1 genannten Stufen sinnvoll erreicht werden können. Lebensmittelhersteller stehen demnach in der Verantwortung, die MCPD- und Glycidylester-Gehalte in Zukunft entsprechend den technologischen Möglichkeiten zu senken. Dazu waren in der Vergangenheit bereits zahlreiche Projekte innerhalb der europäischen Lebensmittelindustrie durchgeführt worden, die weiter fortgesetzt werden. Da vor allem Palmfette in Abhängigkeit von Anbaubedingungen und Verarbeitung höhere Gehalte aufweisen können, riet das LGL, bei der Herstellung der Produkte qualitativ hochwertigeres Palmfett oder andere pflanzliche Fette wie z. B. raffiniertes Rapsöl (meist nur geringfügige bis gar keine Gehalte feststellbar) einzusetzen.
In den kommenden Jahren werden die Untersuchungen auf MCPD- und Glycidylester fortgesetzt. Neben den in der Vergangenheit bereits auffälligen Matrizes ist die Anforderung von verschiedenen Ölen (unter anderem Sesamöl, Erdnussöl), weiteren Gebäcksorten wie Donuts, vorfrittierten Fertigprodukten und Babynahrung vorgesehen, um die Bestrebungen der Lebensmittelindustrie zur weiteren Reduktion der MCPD- und Glycidylestergehalte fortlaufend überwachen zu können.

Literaturverzeichnis

  • BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung, DE). "Gesundheitliche Risiken durch hohe Gehalte an 3-MCPD- und Glycidyl-Fettsäureestern in bestimmten Lebensmitteln möglich." Aktualisierte Stellungnahme Nr. 005/2022 des BfR vom 26. Januar 2022
  • EFSA Panel on Contaminants in the Food Chain (CONTAM), et al. "Update of the risk assessment on 3‐monochloropropane diol and its fatty acid esters." EFSA Journal 16.1 (2018): e05083.
  • Kuhlmann, Jan. "2-Monochloropropanediol (2-MCPD), 3-Monochloro-propanediol (3-MCPD), and glycidol in infant and adult/pediatric nutritional formula: single-laboratory validation, first action 2018.12." Journal of AOAC International 102.4 (2019): 1205-1220.

Mehr zu diesem Thema

Allgemeine Informationen zum Thema

Untersuchungsergebnisse zu Monochlorpropandiol oder 3-MCPD in Lebensmitteln

Jahresbericht 2021/2022